"Würde ich selbst damit einverstanden sein, so behandelt zu werden, wie ich eben mein Kind behandelt habe?" Das sollte der "pädagogische Imperativ" sein, an dem der Erzieher sich immer überprüfen kann - So schreibt Ellen Key in "Das Jahrhundert des Kindes". Und indem Scholz diesen Gedanken aufgreift und vertieft, steht er in einer guten sozialdemokratischen Tradition.

Doch jemand, der einmal Verantwortung im Bildungsbereich getragen hat, kann doch nicht ernsthaft meinen, dass das Gestalten von Unterrichtsstunden und das Konsumieren von Unterricht gleichwertig sein kann. Daran erkennt man die polemische und unseriöse Absicht.

Doch indem er immer weiter untergriffig sein Feindbild Lehrer kultiviert, uns alle von einer irrationalen und unverantwortlichen Gewerkschaft ferngesteuert wähnt, und immer noch das Märchen von "den unfähigen Pädagogen" verbreitet, obwohl er in seiner 9-jährigen Amtszeit keinen Einzigen solchen gefunden hat, das sollte ihn nachdenklich machen und in Stille verharren lassen. Seine Stille würde i c h dann wieder sympathisch finden.
Günter Wittek


-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: "Timo Davogg"
An: "Lehrerforum"
Betreff: LF: Hoppauf, Liesl!


http://www.diepresse.com/default.asp?channel=m&ressort=mk&id=342889

Hoppauf, Liesl!
VON KURT SCHOLZ
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:
: Der große österreichische National ökonom Joseph Schumpeter hat einmal
: gesagt, Ideen seien immer Kinder der Not. Dieser Satz fällt einem
: unwillkürlich zu Elisabeth Gehrers Absicht ein, den Kindern zwei Stunden
: Unterricht pro Woche zu erlassen. Denn spürbar war, für mich zumindest,
: zweierlei: Die Ministerin muss sparen. Aber ihr sind die Kinder nicht egal.
: Im Zweifelsfall mag sie die Kleinen, die mit den schweren Schultaschen und
: der 50-Stunden-Woche. Sie will ihnen, wenn auch aus Budgetnöten, etwas Gutes
: tun. Vielleicht wollte sie einmal Kinder-Ministerin und nicht
: Lehrer-Ministerin sein - und zwar konkret.
:
: Mehr hat sie nicht gebraucht.
:
: Die wackere Dame am Minoritenplatz wird derzeit mit Protesten zugedeckt.
: Besonders liebevoll gehen dabei ausgerechnet ihre Parteifreunde ans Werk -
: mit Streikdrohungen, Dienststellen-Versammlungen (selbstverständlich in der
: bezahlten Unterrichtszeit) und unerträglichen Informationskampagnen: Die
: sollen Kinder und Eltern in das Boot der Lehrergewerkschafter ziehen. Und
: immer muss dabei die Zahlenakrobatik der Lehrervertreter aufrüttelnder
: wirken als die einfache Tatsache, dass unsere Kinder - zumindest in den
: Höheren Schulen - fast doppelt so viele Unterrichtsstunden in der Schule
: verbringen wie ihre Professorinnen und Professoren.
:
: Wir Erwachsenen haben im letzten Jahrhundert unsere Wochenarbeitszeit
: verkürzt. Im selben Zeitraum ist die Arbeitszeit der Schüler dramatisch
: gestiegen. Wir Erwachsene klagen darüber, dass wir nur mehr für den Beruf
: leben. Gleichzeitig stört es uns aber nicht, dass die Schule mehr und mehr
: das Leben der Kinder frisst. Müssten wir nicht längst ein Stück Freiheit
: unserer Kinder von der Institution Schule zurückholen?
:
: Natürlich ist die Idee der Bildungsministerin kein Akt reiner Nächstenliebe.
: Und selbstverständlich sind Niveauängste berechtigt. Aber garantieren wir
: das Niveau der Schulen denn wirklich durch möglichst viele
: Unterrichtsstunden - und nicht etwa einen möglichst guten Unterricht?
:
: Rühren wir doch gleich an das nächste Tabu: Wären nicht gerade Einsparungen
: eine Gelegenheit, sich von einzelnen und gottlob: wenigen Pädagogen, die
: diese Bezeichnung längst nicht mehr verdienen, zu verabschieden? Ein
: ungeeigneter Lehrer hat vor Kindern nichts zu suchen - und umgekehrt: Ein
: Team begeisterter Lehrerinnen und Lehrer, und die gibt es wahrlich, wird
: auch dann erfolgreich sein, wenn die Kinder zwei Mal fünfzig Minuten weniger
: in der Klasse sitzen. Zwei Wochenstunden weniger für die Kinder und ein paar
: Stunden weniger für den ungeeignetsten Pädagogen pro Höherer Schule - wäre
: das nicht ein faires Abkommen?
:
: Joseph Schumpeter aber, kehren wir zu ihm zurück, ist auch einmal der
: Bedeutung des Begriffs "Demokratie" auf den Grund gegangen. Demokratie
: heiße, so meinte er, wörtlich zwar Volksherrschaft. Doch als Realist komme
: er zu dem skeptischen Nachsatz: Das Volk herrscht in Wirklichkeit nie; es
: kann aber durch Definition jederzeit dazu gebracht werden. In der Schule
: ist's ähnlich. Auch hier gibt es die landläufige Meinung, wonach das Kind im
: Mittelpunkt stehe. Und die Realität? Variieren wir doch den großen
: Schumpeter: In Wirklichkeit steht das Kind selten im Mittelpunkt - es kann
: nur durch Definition jederzeit dorthin gebracht werden. Die
: Bildungsministerin hat das versucht. Ich finde das sympathisch.
:
:



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