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GÖD und GATS: kein Problem?
Am 20 März veranstaltete die GÖD ein Forum unter dem Titel "Starker Staat. Sichere Zukunft." Als Referenten waren Nationalratspräsident Dr. Khol, Mag. Pfarrhofer (Market Institut), Univ. Prof. Dr. Weigel (Uni Wien) und BM Dr. Bartenstein geladen. Die Begrüßung und Zusammenfassung erfolgte durch den Vorsitzenden der GÖD, Nationalratsabgeordneten Fritz Neugebauer.
Die Referate
Die Referenten stellten aus einer Summe von Detailinformationen gemischt mit grober Propaganda folgendes Bild dar: GATS ist ein Vorteil für die armen Länder, weil es die Globalisierung vorantreibt. Aber auch für die reichen Länder, weil die dabei ungeheuer verdienen können. Österreich ist praktisch nicht davon betroffen, weil alle wesentlichen Fragen von der EU sowieso ausgenommen sind. Daher sind Wasser, Gesundheit, Bildung usw. außer Frage gestellt, der öffentliche Dienst ist dreifach geschützt (ausgenommen, es gibt keine neuen Angebote und public utilities sind vorbehalten).
Andererseits sei GATS gerade für Österreich (sprich "die Wirtschaft") wichtig und es führt daran kein Weg vorbei. Der Verhandlungsprozess sei viel zu transparent, jeder wisse, um was es gehe, in Österreich sei überhaupt die meiste Information ganz offen zugänglich. Alle Parlamentarier und NGOs wüssten ganz genau Bescheid und nur die Gerüchteküche der eher primitiven Globalisierungsgegner konstruiere hier Gefahren.
Vorbehalte formulierte teilweise Prof. Weigel, es ist wegen seiner ausgefeilten wissenschaftlichen Ausdrucksweise allerdings zu vermuten, dass wenige mit dem Hinweis auf den "substitutiven" Charakter des GATS etwas anfangen konnten bzw. daraus eine Gefahr für den öffentlichen Leistungsbereich ableiten.
Die Reaktion der GÖD
In den Antworten der Referenten auf teilweise sehr kritische Wortmeldungen in der Diskussion wurde schnell klar, dass bei dem bestehenden Informationsstand der Delegierten die Formulierung einer Linie den Gästen überlassen war. Diese wie auch der Chefverhandler für GATS in Österreich, SC Dr. Mayer vom BMWA formulierten dann auch sehr deutlich:
Keine Perspektive "Stopp GATS", sondern sich "wachsam" häuslich einrichten in einem vermeintlich geschützten Bereich, der von GATS nicht betroffen ist. Die bereits seit Jahren geforderte "Evaluierung von Privatisierungen" soll weitere Einbrüche in den öffentlichen Bereich stoppen oder verhindern. Dass dies nicht im Interesse der Privatisierer ist bzw. sie auch bei negativen Ergebnissen nicht von weiteren Schritten abhalten wird, ist nicht nur der bisherigen Politik, sondern auch dem neuen Regierungsprogramm klar zu entnehmen,
Die Botschaft, der öffentliche Dienst sei nicht betroffen, wurde trotz gegenteiliger Diskussion großteils ohne Hinterfragen zur Kenntnis genommen. Natürlich wurde zur Wachsamkeit gemahnt und die besondere Bedeutung der Dienstleistungen hervorgehoben, weil hier Menschen betroffen seien.
Inhaltliche Probleme
Bei der Veranstaltung ist es nicht gelungen, dem vor allem durch BM Dr. Bartenstein veranstalteten Propangandafeldzug, der Verharmlosung und Untertreibung bezüglich der Auswirkungen des GATS auf die öffentlichen Dienste in Österreich wirksam entgegenzutreten.
Als hinderlich erwies sich vor allem, dass mehrheitlich keine deutliche Unterscheidung zwischen den in Österreich tatsächlich vorherrschenden Privatisierungsbestrebungen, den von der EU erzwungenen Liberalisierungen und den zukünftigen Auswirkungen der totalen Liberalisierung durch das GATS getroffen wurde. So war es möglich, dass z. B. der Bartenstein-Ausspruch, die Privatisierung der Eisenbahnen habe mit GATS nichts zu tun, nicht zum Nachdenken über die besondere Situation führte, sondern zu einer weiteren Beruhigung über die Unschädlichkeit von GATS.
Geäußerte Bedenken wurden in ihrer Tragweite sicherlich nicht von der Mehrheit des Forums angenommen. Dazu war der wissenschaftliche Vortrag zu distanziert und der werbende Anteil anderer Redner viel zu wirksam. Die grundsätzliche Unvereinbarkeit von GATS und öffentlichen Leistungen blieb daher hinter der Propaganda weitgehend unverständlich.
Unangenehmer Ausblick
Den Ausführungen Dr. Bartensteins, dass die eigentlich "heißen" Maßnahmen derzeit durch seine Politik und die der österreichischen Regierung (und natürlich durch die EU) durchgeführt werden, muss leider zugestimmt werden. Die internationalen Konzerne werden von Österreich im Rahmen von GATS nichts mehr fordern müssen, weil die "Liberalisierung" ohnehin bereits zu einer weitgehenden Zerstörung öffentlicher Leistungen vorangetrieben sein wird.
Es steht daher zu befürchten, dass die vom Vorsitzenden der GÖD eingemahnte Sensibilität im Umgang mit öffentlichen Dienstleistungen sich mangels vorhandener sonstiger öffentlicher Leistungen wohl auf Dauer auf den Wirkungsbereich von Zentralstellen und Teilen der ehemaligen Exekutive beschränken wird müssen.
Ein gewerkschaftlicher Widerstand gegen GATS ist im hauptsächlich davon betroffenen Bereich der öffentlichen Dienstleistungen zumindest kurzfristig nicht zu erwarten. Auf die Folgen für die österreichische Bevölkerung und für ihr Vertrauen in die Gewerkschaft als Garant funktionierender öffentlicher Dienste auch im Interesse der Beschäftigten darf gewartet werden.
Richard Koller
GÖD-Forum zu GATS: Starker Staat. Sichere Zukunft.
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