Wenn viele von uns auch sehr intensiv mit ihren Gedanken bei Dienststellenversammlungen sind und bei der Frage sind, wie es in Sachen "Stundenreduktion - wie können wir es verhindern?" weitergeht, gerade jetzt liegt es an uns zu zeigen, dass wir kein Gerümpel unterrichten und darauf eingehen, was uns und SchülerInnen bewegt.
G.W.
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Gefunden unter:
http://www.BerlinOnline.de/berliner-zeitung/meinung/230548.html
Mein und dein Völkerrecht
Roland Heine
Wenn Historiker nach dem Irak-Krieg einmal untersuchen sollten, welcher Politiker die größte Dreistigkeit jener Zeit von sich gegeben hat - bislang wäre US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld der mit Abstand aussichtsreichste Anwärter für den Spitzenplatz. Der jüngste Vorgang war derart absurd, dass jedem Beobachter eigentlich der Atem stocken musste. Der Verteidigungsminister jenes Landes, das unter massivem Bruch des Völkerrechtes den Irak angegriffen hat, beruft sich auf eben dieses Völkerrecht, als offenbar wird, dass der Krieg nicht ganz so läuft, wie er selbst den Amerikanern und der Welt hatte einreden wollen.
Die irakischen Filmaufnahmen amerikanischer Kriegsgefangener, darin besteht kein Zweifel, verstoßen gegen den Artikel 13 der Dritten Genfer Konvention. Die Tatsache jedoch, dass das Abfilmen von acht Gefangenen in vielen Medien plötzlich mehr Platz einnahm als das Schicksal der irakischen Bevölkerung, lässt jede Verhältnismäßigkeit vermissen. Und sie ist als Propagandaerfolg des Aggressors USA zu sehen, der am Golf im Übrigen selbst massiv gegen die Dritte Genfer Konvention verstößt. Diese macht nämlich keinen Unterschied zwischen Nah- und Fernaufnahmen, sondern fordert neben einem Schutz vor öffentlicher Neugier ganz generell den Schutz der persönlichen Würde von Kriegsgefangenen. Jeder der gefangenen Iraker, die gefesselt und am Boden liegend gefilmt wurden, könnte auf Verstoß gegen die Genfer Konvention klagen.
Erklärtermaßen haben die Vereinigten Staaten für sich selbst das Völkerrecht außer Kraft gesetzt, und sie handeln im Irak längst entsprechend. Wie selbstverständlich setzen die amerikanischen Streitkräfte Streubomben ein, die wegen ihrer verheerenden Splitterwirkung geächtet sind. Abend für Abend sind im Fernsehen Filmaufnahmen von zivilen Opfern und zerstörten Wohnhäusern zu sehen, die eindeutig Kriegsschäden zeigen. Viele der getroffenen Objekte liegen wahrscheinlich weitab von jeglicher militärischer Einrichtung.
Nach der Vierten Genfer Konvention wären die Vereinigten Staaten auch im Kriegsfall zum besonderen Schutz der Zivilbevölkerung verpflichtet. Sie müssten eine ausreichende medizinische Versorgung sicherstellen sowie die Lieferung von Nahrungsmitteln. Derzeit jedoch tun die USA genau das Gegenteil: Nicht zuletzt auf Betreiben Washingtons wurde das UN-Programm "Öl für Nahrungsmittel" völlig gestoppt. Für ein Land, dessen Bevölkerung nach jahrelangen Wirtschaftssanktionen von Versorgungslieferungen der Uno existenziell abhängig ist, war das ein verheerender Schritt.
US-Präsident George W. Bush hatte schon vor Tagen erklärt, Nahrungsmittelhilfen werde es erst wieder nach einem Regimewechsel geben. Mit anderen Worten: Die Vereinigten Staaten sind entschlossen, Hunger als Waffe einzusetzen - eine Waffe, die in erster Linie natürlich bei den Schwachen in der irakischen Gesellschaft Wirkung zeigt.
Die Folgen sind in der Millionenstadt Basra bereits derart gravierend, dass Kofi Annan, der von Washington geduckte UN-Generalsekretär, sich zurückmeldete und sehr zum Unwillen der Vereinigten Staaten vor einer humanitären Krise warnte. Annan stellte bei dieser Gelegenheit dankenswerterweise auch gleich klar: die amerikanischen und britischen Truppen, und niemand anders, sind für Sicherheit und Wohlergehen der irakischen Zivilbevölkerung verantwortlich.
Doch die Situation in den belagerten Städten wird sich in den nächsten Tagen noch zuspitzen. Denn die amerikanische Regierung hat darauf gesetzt, dass ihre Soldaten von großen Teilen der Bevölkerung gleich zu Beginn des Krieges mit offenen Armen empfangen werden. Da dem aber nicht so ist, werden die Belagerer den Druck erhöhen - auf die irakischen Kämpfer ebenso wie auf die undankbare Zivilbevölkerung. Was das bedeutet, war zuletzt in Afghanistan zu besichtigen, wo zum Beispiel eine vierzigköpfige Hochzeitsgesellschaft zum Angriffsziel übermotivierter US-Piloten wurde.
Jene Staaten, die gegen den Krieg aufgetreten sind, sind jetzt in der Pflicht: das aktuelle Kriegsgeschehen im Irak, die Vorgehensweise der amerikanischen wie der irakischen Truppen müssen öffentlich bewertet werden. Erklärungen wie die vom deutschen Außenminister Joschka Fischer, dies sei nicht die Zeit für Schuldzuweisungen, sind jetzt ein Armutszeugnis. Nach dem Krieg werden sie ein Beleg für die Mitschuld Deutschlands sein.
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