DER STANDARD
Donnerstag, 27. März 2003, Seite 12
Taxi-Mord: Angeklagter sammelte bisher Pluspunkte
Halbzeit im Prozess um Tod einer Salzburger Taxilenkerin
Salzburg - Knapp vor der Halbzeit steht der Prozess um den Salzburger Taxi-Mord. Der bisherige Verlauf brachte für den angeklagten Peter Heidegger einiges Entlastungsmaterial und kritische Fragen über die Arbeitsmethoden der Ermittler. Staatsanwältin Barbara Feichtinger darf von Gesetz wegen keine Einschätzung des Verfahrens abgeben. Und will dies am verhandlungsfreien Mittwoch auch nicht. Vor den Geschworenen vertritt sie nach wie vor die Anklage, die besagt, dass der heute 29 Jahre alte Peter Heidegger in der Nacht zum 6. Juli 1993 die Taxilenkerin Claudia Deubler erschossen und beraubt hat. Mit einem umgebauten Signalstift soll der Angeklagte der Frau damals in den Hals geschossen haben. Wenige Tage später wurde Heidegger in seiner Heimatstadt Gmunden festgenommen, im Jahr 1994 kam es zum Prozess, bei dem er verurteilt wurde. Dass dieser Richterspruch vor zwei Jahren aufgehoben wurde und nun ein völlig neuer Prozess abläuft, ist vor allem das Verdienst von Franz Gerald Hitzenbichler. Der Salzburger Anwalt will gemeinsam mit seinem Kollegen Franz Mahr beweisen, dass Heidegger Opfer eines Justizirrtums wurde und unschuldig hinter Gittern saß. Ein großer Schritt in Richtung dieses Beweises könnte der vergangene Dienstag gewesen sein. Daniel N., der Hauptzeuge der Verteidigung, schilderte an diesem Tag dem Gericht seine Sicht der Dinge. Er will bei dem Mord nämlich dabei gewesen sein, der Täter sei allerdings nicht Heidegger gewesen.
Tatwaffe Pistole?
Stattdessen beschuldigte N. seinen Freund Tommy Sch., der die Taxilenkerin mit einer Wehrmachtspistole erschossen haben soll. Das
Motiv: Die beiden benötigten Geld für eine Fahrt nach Amsterdam. Die angebliche Tatwaffe wurde übrigens bei einer von Verteidiger Hitzenbichler organisierten Suchaktion 1998 gefunden. Genau an der Stelle, wo sie laut N. vom Täter weggeworfen worden war. Ein weiterer Bekannter von N. und Sch. bestätigte in seiner Aussage, dass er die beiden in der Tatnacht mit der Waffe getroffen habe. Kurz bevor sie in der Salzburger Innenstadt in ein Taxi eingestiegen seien. Der Zeuge Sch., derzeit wegen versuchten schweren Raubes in Untersuchungshaft, entschlug sich am Dienstag seiner Aussage.
Pannen bei Ermittlung
Weitere Pluspunkte dürften die Verteidiger bei der Einvernahme der Ermittler, die damals mit dem Fall befasst waren, gesammelt haben. Mehr als einmal beschwerte sich Richter Peter Reifenberger über Ungenauigkeiten und Schlampereien bei den Ermittlungen. "Es besteht der Eindruck, dass nur Beweisergebnisse zum Nachteil Heideggers dem Gericht vorlegt wurden", kommentierte Reifenberger vergangene Woche den Umstand, dass die Exekutive Beweisstücke teilweise erst im Jahr 2001 dem Gericht übergab. Am heutigen Donnerstag wird der Prozess im Landesgericht fortgesetzt, verläuft alles nach Plan, könnte in der zweiten Aprilwoche das Urteil fallen. Für Heidegger wird es wohl ein endgültiges. (moe)
Kommentar E.W.:
Bei aller Kriegsberichterstattung wollen wir auch nicht die Situation der Menschenrechte in Ö vergessen. Im o.a. Prozeß sieht es so aus, als ob ein Unschuldiger jahrelang wegen Mordes im Gefängnis gesessen hat. Besser sieht es für die (polizeilichen) Menschenrechte in Deutschland aus. Dort dürfen offenbar nur Demonstranten, nicht aber Polizisten von anderen Polizisten verprügelt werden:
(Aus dem heutigen STANDARD Seite 9:)
Polizei prügelt Polizei Hamburg
- Die Hamburger Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen drei Thüringer Polizisten erhoben, die bei einem Großeinsatz gegen Demonstranten in St. Pauli zwei Polizisten in Zivil aus Schleswig-Holstein verprügelt haben sollen. Den Beschuldigten werde (teils schwere) Körperverletzung im Amt vorgeworfen, sagte Oberstaatsanwalt Rüdiger Bagger am Mittwoch. Laut Ermittlungen waren die Polizisten mit Schlagstöcken auf die Kollegen losgegangen, weil sie diese für Demonstranten hielten. (AFP)
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