Printausgabe des Kurier vom 29.3.2003

Der Plan von ÖVP-Bildungsministerin Gehrer: Welche Stunden fallen müssen, wenn sich die Schulpartner nicht einigen, und in welchen Fächern gekürzt wird

WEM DIE STUNDE SCHLÄGT
von Karin Leitner

Weniger Mathematik, weniger Geschichte? Weniger Turnen? – Seit Wochen wird spekuliert, wo ÖVP-Ministerin Elisabeth Gehrer Schulstunden kürzen will. Der Widerstand ist groß. Am lautesten protestieren die AHS-Lehrervertreter. Sie haben für 9. April einen „gewerkschaftlich organisierten Schulpartnertag“ ausgerufen. Nun drohen auch die Lehrer an berufsbildenden Schulen mit „Maßnahmen“. Die Verordnung für die neuen Stundentafeln geht am Montag in Begutachtung. Der KURIER hat den Verordnungsentwurf studiert. In der AHS-Oberstufe werden insgesamt acht Wochenstunden gestrichen, der Unterricht wird von 138 auf 130 Stunden reduziert. Im Rahmen der Autonomie ist es den Schulen überlassen, wo sie ansetzen. Im Kernbereich (Pflichtfächer) ist eine Mindeststundenzahl vorgeschrieben.
KONKORDAT So darf es in der Oberstufe nicht weniger als elf Stunden Deutsch, Mathematik und Unterricht in der „ersten lebenden Fremdsprache“ (meist Englisch) geben. Mindestens zehn sind für Latein und die zweite Fremdsprache oder Griechisch, mindestens acht für Leibesübungen, mindestens sieben für Geschichte, mindestens sechs für Geografie, Biologie, Physik vorgesehen. Religion bleibt als einziges Fach mit acht Wochenstunden unangetastet (wegen des Konkordats). In Summe sind 113 Wochenstunden Pflichtfächer und 17 Stunden im autonomen Bereich (da kann die Schule Schwerpunkte
setzen) zu erreichen. Gibt es im Schulgemeinschaftsausschuss (je drei Lehrer, Eltern, Schüler; in jeder Kurie ist Zweidrittelmehrheit nötig) keine Einigung, tritt Plan B in Kraft: Das Ministerium gibt in einer „subsidiären Stundentafel“ vor, wo gekürzt wird. Bei den Pflichtgegenständen
Latein: Statt vier Stunden in der 5. Klasse gibt es nur noch drei. Detto bei der zweiten lebenden Fremdsprache oder Griechisch. Damit bleiben in beiden Fächern in den vier Schulstufen ingesamt zwölf Stunden. Geografie wird in der 7. Klasse von zwei auf eine Wochenstunde reduziert. Nur noch eine Stunde (statt zwei) Musikerziehung gibt es in der 6. Klasse. In der Sechsten ebenfalls auf eine Stunde halbiert wird Bildnerische Erziehung. Beim Sport wird in der 5. und 6. Klasse um je eine Stunde auf je zwei gekürzt. Damit gibt es in der gesamten Oberstufe nur mehr acht Wochenstunden (bisher zehn). Eine Stunde fällt bei den Wahlpflichtgegenständen. Bei dieser Stundentafel ergeben sich 124 Wochenstunden Pflicht-, sechs Wochenstunden Wahlpflichtfächer. In der AHS-Unterstufe werden eine Stunde Deutsch (1. Klasse), zwei Stunden Latein (3. und 4. Klasse), eine Stunde Geografie und Physik (2.
Klasse) sowie eine Stunde Turnen (3. Klasse) gekappt, wenn die Schulen nicht autonom entscheiden.
Während Gehrer argumentiert, die Schüler würden entlastet, fürchten Lehrer und Opposition um Jobs und Qualität. Dass es weniger Turnunterricht geben soll, ist wegen des körperlichen Zustands vieler Jugendlicher besonders umstritten – auch koalitionsintern. Möglich, dass Gehrer die Kürzung in diesem Fach überdenkt.
Kurier | 29.03.2003 | Seite 7



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