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SCHÜLER / Keine Solidarität mit den USA

Der patriotisch verengte Blick stört

Autor: PAUL SCHWARZ

Die Solidarität mit den Opfern ist geblieben: vor zwei Jahren mit den Amerikanern beim Anschlag am Ground Zero, heute mit den irakischen Menschen. Im September vorigen Jahres pflanzte die Schulgemeinschaft des pfälzischen Otto-Hahn-Gymnasiums in Landau einen Baum: „ein Zeichen für die Solidarität und ein Versprechen, dass wir uns immer an dieses Geschehen erinnern werden “, wie Schülerin Katrin Friedrich in ihrer Rede formulierte. Jetzt, da wieder Menschen gewaltsam sterben, diesmal von amerikanischer Hand, hat sich das Mitgefühl der Schülerinnen und Schüler gedreht. Gleichwohl ist bei den 17 Mädchen und Jungen der elften und zwölften Klasse, die im Rahmen eines Austauschprogramms nach der Baumpflanzung 14 Tage in Pennsylvania waren, keine antiamerikanische Stimmung zu spüren. Im
Gegenteil: Alle betonen die herzliche Freundlichkeit der Amerikaner. Sarah: „Ich habe nur positive Erinnerungen.“ Amelie hebt hervor: „Keiner hat uns angefeindet, weil wir Deutsche sind.“ Einer der stärksten Eindrücke: der amerikanische Patriotismus und die starken Sicherheitsvorkehrungen. „Nicht einmal einen Rucksack durfte ich in die Schule mitnehmen“, erinnert sich Frederic.

Gestaunt haben die Landauer Schülerinnen und Schüler über das seltsame Deutschlandbild der Provinzbewohner. Tobias: „Viele meinten, wir lebten immer noch in Schlössern, ohne Fernseher und Computer.“ Entsprechend schmalspurig sei der gesamte geografische Weltblick vieler Amerikaner. Dieser „patriotisch verengte Blick“ mache es vielen Amerikanern leicht, sich ohne Wenn und Aber hinter den Präsidenten zu stellen.

Auf das positive Amerikabild der jungen Landauer wirft Bush dunkle Schatten. „Er denkt, er kann sich alles leisten, nur weil er Präsident der USA ist“, regt sich Lena auf, und eine Mitschülerin wird noch deutlicher: Bush denke nur in einer beschränkten Gut-Böse-Kategorie.

Der Kontakt zu den amerikanischen Austauschschülern ist schwächer geworden. Nur wenige schreiben, mailen oder telefonieren noch. Marina berichtet von der Sorge ihrer amerikanischen Freundin, dass sich die Meinung des Auslands über die USA negativ verändert hat. Als das Otto-Hahn-Gymnasium Ende der siebziger Jahre mit dem deutsch-amerikanischen Austausch begann, flog eine Schülergruppe jedes Jahr in die Staaten. Seit geraumer Zeit gelingt das nur noch alle zwei Jahre. Ihren für Juni geplanten Besuch wollten die amerikanischen Jugendlichen wegen des Krieges absagen; laut Oberstudienrat Peter Werner, „weil sie die politische Stimmung hier fürchten“.

Nach dem Krieg müssen nicht nur die zerstörten Häuser im Irak wieder aufgebaut werden. Auch die deutsch-amerikanische Freundschaft hat gelitten. Mancher der Austauschschüler geht auf Distanz: Dieser Krieg sei ein Rückschlag für die Friedenserziehung, er zeige, wie man Konflikte nicht lösen solle, klagt Hanna. Im Übrigen glaubt keiner so recht an die baldige Demokratisierung des Irak, eines der erklärten Ziele von George W. Bush. Trotzdem wollen alle, dass der Krieg lieber heute als morgen zu Ende geht.



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