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Stundenreduktion: Kritik und Zustimmung
Kritik und Zustimmung erhielt Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (ÖVP) heute für ihren am Montag zur Begutachtung ausgesendeten Verordnungsentwurf, mit dem die Zahl der Schulstunden reduziert werden soll.
Gehrer verteidigte naturgemäß den Entwurf nach dem Ministerrat: Ziel des Entwurfes sei es, Schüler zu entlasten und die Personalkosten nicht "ungebremst wachsen zu lassen".
Seitens der Opposition sowie der "IG Autorinnen Autoren" gab es indes recht harsche Kritik. Letztere fragte in einer Aussendung, ob angesichts der Tatsache, dass Turn- und Religionsunterricht bei der Kürzung unangetastet bleiben, das neue Bildungsideal "bibelfest und körperlich ertüchtigt" heißt.
Weniger Biologie und Physik, gleich viel Turnen und Religion
Am 31.3.03 hat Gehrer den Verordnungsentwurf für die umstrittene Reduktion von Schulstunden zur Begutachtung ausgesendet. Ihm zufolge soll es in Zukunft - jeweils über vier Jahre gerechnet - je nach Schultyp zwischen zwei und acht Pflichtwochenstunden weniger geben. Reduktionen gibt es vor allem bei Geografie, Physik, Biologie, Latein sowie den Wahlpflichtfächern in der AHS-Oberstufe. Nicht betroffen von der Kürzung sind nur die Fächer Leibesübungen, Religion, Chemie und Informatik.
Verteilungskampf an den BMHS?
Der Vorwurf von Lehrergewerkschaftern von berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (BMHS), dass die Nichtvorgabe einer genauen Stundentafel zu einem "Verteilungskampf" an den Schulen führen werde, versteht Gehrer nicht.
An den BMHS müssen die Stundenkürzungen im Ausmaß von zwei Wochenstunden pro Klasse, nämlich in den Schulgemeinschaftsausschüssen, festgelegt werden. In Österreich sei es offenbar üblich, sich "prophylaktisch zu fürchten", so Gehrer zu dem Vorwurf. Ihre bisherigen Erfahrungen gingen aber dahin, dass man die Autonomie an den Schulen durchaus zu nützen wisse.
"Vernünftige Kürzung"
Die Stundenreduktion sei von einer Expertengruppe vorgeschlagen worden. Nach Ansicht von Gehrer handelt es sich um eine "vernünftige Kürzung".
Dass die Reform Auswirkungen auf die Personalsituation an den Schulen haben wird, bestritt Gehrer nicht. Ziel sei es aber, keine Lehrer zu kündigen, sondern bei den Nachbesetzungen in Folge von Pensionierungen "vorsichtig" vorzugehen.
Kritik von der "IG Autorinnen Autoren"
Auf Grund der Kürzungen in den Fächern Deutsch, zweite lebende Fremdsprache, Bildnerische Erziehung und Musik sieht Ruiss von der "IG Autorinnen Autoren" einen festen Entschluss der Bildungspolitik, "den Weg der Abnahme von Fähigkeiten zur Verwendung der Sprache sowie der individuellen kulturellen Ausdrucksmöglichkeiten weiterzugehen".
Damit werde auf das schon jetzt vorhandene Problem des neuen Analphabetismus mit einer neuerlichen Reduktion in der Sprachenausbildung reagiert und damit ein "verheerendes Signal gesetzt", so Ruiss.
Zukunftskommission: Pro der Regierung...
Nach Gehrers Plänen soll eine "Zukunftskommission" unter Vorsitzung des Bildungsforschers Günter Haider, nun eine "umfassende Systemprüfung im Schulwesen" vornehmen.
SPÖ-Bildungssprecher Erwin Niederwieser kritisierte, dass die von Gehrer geplante "Zukunftskommission" durch die bereits feststehende Stundenreduktion vor vollendete Tatsachen gestellt werde. Daher könne sie eine Durchforstung der Stundenpläne nicht übernehmen.
...Kontra der Opposition
Ähnlich äußerte sich der Grüne Bildungssprecher Dieter Brosz in einer Aussendung. Gehrers Vorgangsweise werde "immer skurriler": Zunächst setze sie begrüßenswerterweise eine Zukunftskommission ein, die Reformvorschläge entwickeln solle. Noch bevor diese zu arbeiten beginne, werde bereits die Stundenkürzung durchgedrückt.
Der Amtsführende Präsident des Landesschulrats für Oberösterreich, Fritz Enzenhofer (V), begrüßte dagegen, dass trotz Stundenkürzung die Schulautonomie gesichert sei.
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