DER STANDARD
Mittwoch, 2. April 2003, Seite 16

Leiharbeiter entwicklen sich zu neuer Konkurrenz für Beamte
Der Sparstift regiert, die öffentliche Hand muss in ihrer Personalpolitik flexibler werden. Der Haken: Mit Leiharbeitern sinken zwar die Personalkosten, dafür steigen die Sachkosten.

Michael Bachner

Wien - Für die Organisation der österreichischen EU-Präsidentschaft benötigte das Bundeskanzleramt zusätzliche 100 Arbeitskräfte, Leiharbeiter wurden angestellt. Im laufenden E-Government-Projekt des Bundes arbeiten fünf bis zehn Personen in Leiharbeitsverhältnissen. Nur zwei Beispiele unter vielen, denn eine offizielle Statistik gibt es nicht. Jede Minibranche wird erfasst, die öffentliche Hand meldet nicht, wenn sie Leiharbeiter beschäftigt. Der Anreiz auf Leiharbeiter, kurzfristig und meist projektbezogen zurückzugreifen ist die größere "Flexibilität" des privatwirtschaftlichen Arbeitsrechts. Beamte können etwa nicht dorthin versetzt werden, wo punktuell Mehrarbeit anfällt. "Der Bund ist sicher noch kein Massenkunde, doch die alten Berührungsängste sinken und das Geschäft wird in nächster Zeit zu nehmen", freut sich Manpower Österreich-Chef Gerhard Flenreis. Wurden früher pragmatisierte Beamte abgebaut und freiwerdende Stellen durch Vertragsbedienstete oder gar nicht mehr nachbesetzt, so greift die öffentliche Hand vermehrt zu Leiharbeitern oder auch Werkverträgen. Doch der Stellenbesetzungsplan schiebt allzu großen Aufnahmen auf diesen atypischen Wegen einen Riegel vor. Der Rechnungshof würde allzu leicht eine Umgehung des Planes konstatieren. Eine andere Outsourcing-Schiene der öffentlichen Hand ist daher die Vergabe ganzer Aufgabenbereiche an Vereine, wie etwa die Bewährungshilfe oder die Sachwalterschaft. Dort werden eigene Mitarbeiter beschäftigt, was ein "günstigeres Gehaltsschema und besseres Arbeitsrecht" ergibt, wie ein hochrangiger Bundesbeamter erzählt. Einsparungen im Sinne der Verwaltungsreform sind jedoch maximal langfristig möglich. Denn kurzfristig sinken die Personalkosten, dafür steigen aber die Sachkosten, unter denen der Aufwand für Leiharbeiter verbucht wird. In größerem Umfang wird Leiharbeit bei Post und Telekom genutzt. Die Telekom verleiht sogar selber Personal aus ihrer Personalgesellschaft TAP. Die Post engagierte in Spitzenzeiten 500 Leiharbeiter im neuen Briefverteilzentrum Inzersdorf, mittlerweile ist die Zahl auf 250 gesunken. Im EU-Vergleich liegt Österreich, was das Thema Leiharbeit betrifft, im Mittelfeld. 2002 wurden über alle Branchen 31.200 Arbeitskräfte verliehen, was 1,5 Prozent aller Beschäftigten entspricht. EU-Spitzenreiter ist Holland mit einem Anteil von 4,5 Prozent. In Deutschland sind 0,7 Prozent aller Beschäftigen Leiharbeiter

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