Liebe KollegInnen, ich denke Koll. Wittek hat recht, wie zumeist, und auch noch nen brillianten Stil ...
ich wage aber dennoch noch eine Anmerkung:
Es liegt SCHON AUCH an unseren Landsleuten, die sich mit Kunstspeisefett zufrieden geben, wenn sie doch Butter verlangen sollten: Kritischer Journalismus (wer erinnert noch das frühe Profil), welcher recherchiert und bei Interviews die/den Befragte(n) in die Enge treibt : WO IST DER? Wären in des zitierten Wallraff Mutterland so völlig inkompetente Minister möglich?
Was wäre das für ein Interview, das ein Günter Wittek mit Frau Gehrer veranstalten würde!
Doch der kritische Journalismus scheint sich immer mehr in standard-isierte Nischen zurückzuziehen, während der Boulevard die Unterwäsche der Promis durchschüffelt -- und dann noch ne Frau GI, die den Begriff Handmixer einst so verstand, das sie ihreHand mixte, und damit ganze Sendungen füllte!
Ich denke trotzdem, wenn viele kritische KollegInnen in ihrem alltag wenigstens ein bisschen Aufklärung betrieben (ist das nicht unser Beruf?) -- und mehr Mit-Menschen klarzumachen versuchten, dass es das typische Kennzeichen des "Neoliberalismus" ist, die BürgerInnen gegeneinander wegen irgendwelcher "Privilegien" aufzuhetzen (so als ob die Neoliberalen eine EGALITÄRE Gesellschaft anstrebten!) -- um sie so zu schwächen -- wenn also mehr von uns "privat" Öffentlichkeitsarbeit trieben -- dann wär' die Welt schon ein (infinitesimales? oder doch ein bissel größeres?) Stückchen besser, denk ich.
Ronald Eidenberger
Maria Hülf
> -----Ursprüngliche Nachricht-----
> Gesendet: Samstag, 05. April 2003 00:40
> Betreff: treue Diener der Macht
>
> : Ich will mich nicht wiederholen, daher verweise ich auf mein
> Posting
> : vom 27.3. - als Antwort auf Koll. Zwickl, der meinte, dass
> : Medienprofis für uns die Arbeit erleduigen sollten / könnten.
> :
> : Es ist angesagt, dass wir uns von der Vorstellung befreien, dass
> : Zeitungen ernsthafte Recherche-Arbeit leisten. Wer eine bestimmte
> : Berichterstattuung will, der muss den Medien möglichst viel an Arbeit
> : abnehmen, fast druckfertige Vorlagen abliefern. Die Grenze zwischen
> : bezahlter Werbung und redaktionellem Teil verschwindet.
> : Wer eine Zeitung wirtschaftlich führen will, der verkauft längst nicht
> : mehr nur den für Anzeigen vorgesehenen Raum, sondern auch
> : die Meinungen der Redakteure sind oft käuflich. Ich wünsch mir
> : in Österreich einen Wallraff, der in einer Redaktion verdeckt
> : arbeitet und danach all die Unregelmäßigkeiten beim Zustande-
> : kommen der Zeitungen aufdeckt. Aufklärungsbedürftig ist auch,
> : warum die Ausgaben der Regierung für Öffentlichkeitsarbeit
> : derart extrem ansteigen, rekordverdächtig viele "externe
> : Berater" für die Regierung arbeiten und bei der Regierungspolitik
> : trotzdem nur Chaos herauskommt. (Auch die Stundenkürzungen
> : werden Chaos bringen, denken wir nur daran, wie lang die Begutachtung
> : dauert, dann SGA-autonom ja oder nein? usw., Ende knapp vor
> : Schulschluss, wenn überhaupt...) Vermutlich wissen die Minister
> : am Ende nimmer, welchem Berater sie glauben sollen?
> :
> : Vorbei sind die Zeiten, als es noch ausreichte, Journalisten mit
> : verpflichteten Redaktionsstatuten den Rücken zu stärken.
> : Die Zeitungen suchen nach langfristigen und strategischen
> : Bündnispartnern, und solche sind, welche ihnen auch durch
> : Einschaltungen das Überleben sichern oder zu Gewinnen verhelfen.
> : Wer eine freie Presse will, der muss das System der Presse-
> : förderung in Österreeich thematisieren.
> :
> : Es ist unfair, die kleinen Journalisten als Schlappschwänze
darzustellen
> : und so zu tun, als wäre in unserem Land ein Gesinnungsjournalismus
> : wie selbstverständlich möglich. Dem widerspricht nicht, dass es
> : natürlich in diesem System vereinzelt Nischen gibt, die aber nur
> : den Sinn haben uns zu täuschen und uns vorzugaukeln, dass die
> : Ideale von einst noch bestünden.
> :
> : Wenn ich das NEWS vor mir liegen habe und lese "Der neue
> : Schul-Test - So gut ist Ihre Schule", da juckt es mich anzumerken,
> : wer hat denn schon mal den "Redaktions-Test" gemacht und
> : gefragt; "Wie gut sind unsere Zeitungen? Welchen Aufwand betreiben
> : sie bei ihren Recherchen?" - Ein solcher Test wäre für die
> : Zunft bestimmt eine Hinrichtung.
> :
> : Weil die Menschen aber spüren, dass sie in den meisten Zeitungen
> : nur eine sehr verdünnte Form der Wahrheit erfahren, deshalb
> : reagieren viele logischerweise mit Enthaltsamkeit. Wenn ich die
> : ehrliche Meinung der Redakteure nicht erfahren kann, ihre
> : Halbwahrheiten brauch ich dann auch nicht. Und damit fällt
> : die "veröffentlichte Meinung" als eine tragende Stütze unserer
> : Demokratie leider aus.
> : G.W.
> :
--
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