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Gehrer: „Wenn ich das 285. eMail kriege, ändere ich nichts mehr“

Kürzung der Schulstunden: Die Bildungsministerin zur Kritik der Lehrer

von Karin Leitner

„Ich sehe nicht ein, warum man Unterrichtsstunden kürzen soll.“ So kommentierte ÖVP-Bildungsministerin Elisabeth Gehrer im Oktober 2002 eine OECD-Studie, die besagt, dass österreichische Schüler zu lange in der Klasse sitzen. Jetzt wird gekürzt. Was hat den Sinneswandel bewirkt? „Wir haben eine Studie erhalten, die zeigt, dass ein 13-Jähriger im Schnitt 45 Stunden pro Woche arbeitet – trotz des Lehrplans ’99, der inhaltlich durchforstet wurde. Das ist zu viel.“ Deshalb habe sie die Konsequenz gezogen, sagt Gehrer. Der Vorwurf, die Schüler müssten durch die Kürzung noch mehr zu Hause büffeln, sei falsch. „Die neuen Lehrpläne beinhalten Kernbereiche. Das ist bedeutend weniger als früher. Man muss keinen Stoff fertig kriegen, sondern das Wichtige vermitteln.“ Warum die zweite Fremdsprache reduziert wird, wo doch viel von Sprachenoffensiven die Rede ist, erklärt sie so: „Wir können durch bilingualen Unterricht viel auffangen. Da lernt man die Sprache hundert Mal besser als in einer Sprachstunde.“ Es müsse keine Schule dem Kürzungsvorschlag des Ministeriums folgen, „sie können autonom anders entscheiden“. Ihr sei berichtet worden, Schüler einer 6. AHS-Klasse hätten folgende Gegenstände zur Kürzung vorgeschlagen: „Turnen, Musik, Zeichnen. Das zeigt, dass diese Fächer nicht immer so toll unterrichtet werden.“ Die Ankündigung der Lehrervertreter, die Schulen würden nicht selbst entscheiden, was sie streichen, stört Gehrer nicht: Es sei „eine traurige Entwicklung für Schulpartnerschaft und Autonomie“, sie kenne aber viele Schulen, „die das anders machen werden. Sie sind weiter, als die Gewerkschafter glauben.“ Die Kritik, zuerst würden Stunden gekürzt, erst dann die Kommission „Schule neu denken“ eingesetzt, kontert Gehrer: „Die Zeit, wo jahrelang beraten wurde, ist vorbei. Lieber riskieren, dass man nachjustieren muss, als ewig quälend diskutieren.“ Nicht verschwiegen habe sie, dass die Stundenreduktion dem Staat sparen
hilft: „Das Budget für die Bundeslehrer macht 2,1 Milliarden Euro aus. Das steigt jährlich, ohne Gehaltserhöhung und Inflationsabgeltung, um 1,5 Prozent – 33 Millionen Euro im Jahr.“ Die spare man jetzt. Es sei doch nicht verboten, mit einer Maßnahme, die alle gewollt hätten, zu erreichen, „dass die Personalkosten nicht davonrennen“. Die Gewerkschaft müsse befinden, ob sie dem Lehrer-Image mit Kampfmaßnahmen etwas Gutes tue. „Zukunftsmut statt Beharrungsstreben und Innovationsfeindlichkeit ist gefragt.“ Sie halte nichts davon, „auf Vorrat Streikbeschlüsse zu fassen. Ich halte auch nichts davon, prophylaktisch Unterschriften zu sammeln.“ Es ärgere sie, dass eine Musikinspektorin in Wien „ein irres Theater macht wegen einer Stunde weniger in der Oberstufe. Dabei sind in der verordneten Stundentafel noch sieben Stunden.“ Kindern werde gesagt, sie hätten keinen Musikunterricht mehr: „Unfug.“ Jeder mobilisiere in seinem Fächer-Egoismus: „Unglaublich!“ Welche Änderungen sind noch vorstellbar? „Der Entwurf ist in Begutachtung. Wir werden uns die Rückmeldungen anschauen.“ Von den „Fächerlobbies wie bei Musik“, die sie „zumailen“, halte sie nichts: „Wenn ich das 285. eMail kriege, denke ich, da ändere ich nichts mehr.“„Karl Schweitzer muss sich auf die Fahnen heften, dass bei Leibesübungen nicht gekürzt wird. Er ist Sportstaatssekretär, da steht ihm das auch zu.“




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