Der staatliche Zuschuss zu den Pensionen ist gesunken
Im Jahre 1970 betrugen die staatlichen Pensionszuschüsse noch 3% des Bruttoinlandsproduktes, voriges Jahr waren es nur noch rund 2% des BIP. Ab 2004 sinken die staatlichen Zuschüsse bis 2007 auf 1,8% des BIP (auch ohne die Pensionskürzungspläne der Regierung). Außerdem fehlen den Pensionskassen Zuwendungen aus dem Familienfonds und dem Arbeitsmarktservice (AMS). Diese Gelder (für Zeiten der Arbeitslosigkeit und Kindererziehung) wurden heuer gekürzt – im Fall des AMS um 771 Millionen Euro.
Das bedeutet: Obwohl die österreichische Volkswirtschaft viel reicher ist als vor 30 Jahren, kürzen die neoliberalen Politiker die Sozialleistungen – in dem Fall die Pensionen.
Weitere wichtige Ursachen für die Schwierigkeiten des Pensionssystems sind:
Die Löhne steigen langsamer als die Gewinne
Es gibt immer mehr Arbeitslose
Atypische Beschäftigungsformen treten an Stelle von Vollzeitjobs
Diese Entwicklungen schmälern die Finanzierungsbasis des Pensionssystems, weil es auf den Beitragszahlungen von Arbeitsplatzbesitzern aufgebaut ist (Beiträge der Arbeitnehmer und Arbeitgeber als Anteil von der Lohnhöhe).
Gelöst werden kann dieses Dilemma nur, wenn der Bundeszuschuss zu den Pensionen deutlich angehoben wird. Anders formuliert: Eine Umverteilung, die von den Gewerkschaften nicht geschafft wird, muss der Sozialstaat vornehmen. Wieder anders gesagt: Statt der Bevölkerungsentwicklung muss der Wohlstand einer Gesellschaft die Pensionshöhe bestimmen.
Die Pensionskürzungspläne der Regierung werden im Extremfall eine Verminderung der Pension um 35% bedeuten. Im Schnitt sinken die Pensionen bis 2007 um 16,5%. Ein jetzt 56-jähriger Angestellter mit einem durchschnittlichem Einkommen wird nach der geplanten Reform um 420 Euro (S 5700.-) weniger Bruttopension bekommen. (Alle Zahlen aus: Der Standard)
Die weitere Taktik der Regierung ist vorhersehbar: Nach dem Aufschrei in der Öffentlichkeit wird sie einige Korrekturen vornehmen wollen (dort wo es nicht um viel Geld geht), dabei jedoch den Großteil der Kürzungen durchbringen.
Jörg Haider hat von der „Steuerinitiative im ÖGB“ gelernt: Er fordert eine Volksabstimmung. Doch da ist Vorsicht geboten, denn er will ein gutes Mittel für einen schlechten Zweck verwenden.
Bei einer Volksabstimmung sind zwei Punkte entscheidend: Erstens die Fragestellung und zweitens die Sachinformation. Die BürgerInnen haben nichts davon, wenn die Fragestellung lautet: Soll die Pension durch ein Bundesgesetz um eine bestimmte Summe gekürzt werden oder nur um die Hälfte davon? Eine sinnvolle Volksabstimmung bedarf einer längeren Vorbereitungsphase, in der sachlich informiert werden muss. Nicht nur die Regierung, nicht nur die Parteien, die gesamte Zivilgesellschaft mit ihren Nichtregierungs-Organisationen (NGOs) müssen die Zeit und die gleichberechtigte Möglichkeit zur Information und Diskussion haben. Nur wenn die BürgerInnen erkennen können, wie unser Steuersystem aufgebaut ist, ist eine Volksabstimmung sowohl über das Pensions- als auch über das Steuersystem sinnvoll.
Deshalb ist es auch die Pflicht des ÖGB in jedem Fall eine lang andauernde Informationskampagne über das Steuersystem durchzuführen. Die Bevölkerung muss darüber aufgeklärt werden, dass unser Steuer- und Abgabensystem sich hauptsächlich auf dem Faktor Arbeit stützt. Die BürgerInnen zahlen anteilsmäßig den größten Teil der Staatseinnahmen in ihrer Rolle als ArbeitnehmerInnen und KonsumentInnen. Gewinne und Vermögen tragen jedoch anteilsmäßig wesentlich weniger dazu bei. Deshalb fördert das neoliberale Steuersystem eine fortwährende Umverteilung von unten nach oben. Bei wachsendem Reichtum der Volkswirtschaft werden immer mehr Menschen arm. Bereits jeder achte Österreicher lebt an der Schwelle zur Armut.
Um den Sozialstaat zu verwirklichen, muss unser Steuersystem geändert werden. Der Faktor Arbeit muss steuerlich entlastet werden, die großen Gewinne und Vermögen müssen höher besteuert werden.
Am wichtigsten ist die Einführung der Wertschöpfungsabgabe. Sie berechnet den tatsächlichen Gewinn eines Unternehmens anhand aller relevanten betriebswirtschaftlichen Kennziffern und schafft damit nicht nur mehr Steuergerechtigkeit, sondern bringt auch mehr Geld für soziale Zwecke. Sie begünstigt Unternehmen, die Arbeitsplätze schaffen, steuerlich, und holt das Geld dort, wo hohe Gewinne entstehen.
Wie notwendig eine Änderung des Steuersystems ist, um mehr Geld für soziale Zwecke zu haben, beweist folgender Satz aus dem Standard vom 31.3.2003: „Bei aktuellen Beitragshöhen von im Schnitt 22,8% des Lohnes und einem Durchschnittseinkommen von € 1600.- stehen etwa ab 2035 zu heutiger Kaufkraft gerechnet dann Brutto € 365.- (ATS 5022.-) pro Monat und Pensionist zu Verfügung.“
Wir brauchen keine Volksabstimmung über die Höhe von Pensionskürzungen, aber wir brauchen eine Volksabstimmung zur Änderung des Steuersystems.
www.steuerini.at
Steuerinitiative im ÖGB: Gerhard und Hans Kohlmaier, www.steuerini.at, Doeltergasse 5/4/7, 1220 Wien (April 2003)
Noch ein Hinweis: Unsere Homepage, www.steuerini.at , ist erst in wenigen Tagen auf Grund eines Providerwechsels wieder erreichbar!
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