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Die überschätzten Schulstunden
Von JULIUS MENDE
Kaum träumt eine schwarze Unterrichtsministerin laut einen Traum, nämlich durch Einsparen von Schulstunden LehrerInnengehaltskosten zu sparen, werden die radikalsten SchulkritikerInnen zu SchulverteidigerInnen.
Der Finanzminister, ein europäischer Vorzugsschüler in Sachen Budgetsanierung, verordnete allen Ressorts Sparmaßnahmen. Unterrichtsministerin Gehrer war da etwas zickig. Bei den ersten Sparpaketen stiegen noch die SchülerInnenzahlen, also brauchte man LehrerInnen, jetzt sind für die nächsten zehn Jahre geringere Geburtenjahrgänge absehbar, daher geht's ans LehrerInnensparen. Lehrpflichterhöhungen haben schon stattgefunden, nur noch die real gehaltenen Überstunden werden bezahlt und monatlich streng abgerechnet, und die Klassen werden bis über dreißig, also über die vorgesehene Schülerhöchstzahl, vollgestopft. Das brachte noch nicht voll die gewünschten Spareffekte.
Nun kommt der letzte Streich mit den Stundenkürzungen, der sofort die Frage aufwirft, was fliegt raus? Tatsächlich können relevante Einsparungen nur über die Streichung von Dienstposten erreicht werden, und darum geht es natürlich bei diesem schülerInnenfreundlichen Vorhaben. Der überwiegende Teil der Bildungsausgaben sind Personalkosten. Sparen an der Bildung heißt also: immer weniger LehrerInnen und mehr Lehrverpflichtung ums gleiche Geld. Tatsächlich unterrichten die meisten LehrerInnen in Europa mehr, verdienen aber, wie z.B. die deutschen KollegInnen, auch deutlich mehr - das will die Frau Ministerin so natürlich auch nicht.
Prompt läuft die Lehrergewerkschaft, selbst aus dem schwarzen Stall, Sturm dagegen. Die Wichtigkeit aller Stunden, aller LehrerInnen, aller Dienstposten wird beschworen. Dazu ist unsere Gewerkschaft auch da. Ein Wickel im schwarzen Stall kann einem Kritiker dieses Vereins auch recht sein.
Andererseits, wer in den vergangenen düsteren Monaten früh morgens die Kinder, oft ganz kleine Zwergerl, mit ihren riesigen Schultaschen in die Schule fahren und stapfen sah, muss sich doch fragen, ob nicht jede Stunde weniger vielleicht eine Stunde später Aufstehen, also ein Segen ist. Österreichs SchülerInnnen sind am frühesten in der Schule. Doch halt - in der artigen Arbeitsgesellschaft müssen die Eltern zur Arbeit. Die Schule ist in erster Linie als Aufbewahrungsort für Kinder der mehrheitlich arbeitenden Eltern gegründet worden, um sie in den Städten von der Straße wegzukriegen. Die Schulzeit und der Stundentakt sollen sie dazu abrichten, später selbst so brav zur Arbeit zu stapfen wie Hänschen in die Schule - später aufstehen geht also nicht.
Fehlen zwei Stunden wöchentliche Einführung in das Wahre, Schöne und Gute? LehrerInnen sagen natürlich ja. Zwar nicht wegen der Wahrheit und der Schönheit, aber immerhin haben wir es laut PISA-Studie geschafft, in den EU-Fächern Mathematik, Englisch, Informatik und anderen im Wettlauf um die Bravsten (effektivsten Schulen) sogar vor unserem großen Vorbild Deutschland zu rangieren. Das soll jetzt gefährdet werden durch einen schlechten Traum der Frau Ministerin? Gott bewahre. Freilich fragt man sich oft - obwohl die MaturantInnen heute viel gescheiter sind als noch vor zwanzig Jahren -, ob von dem ganzen Schulbetrieb inhaltlich viel überbleibt. Die PISA-Messungen beruhen doch sehr stark auf Noten - was sagen die schon aus? Man braucht sich nur selber bei der Nase zu nehmen, viel bleibt nicht von der ganzen Lernerei für Noten. Lernte ich doch gerade mit meiner Enkelin die "Eulersche Gerade", für mich etwas Neues. Sie ist zwölf Jahre, wusste natürlich nicht, wozu diese Gerade gut ist. Gestern fragte ich zwei ArchitektInnen, die beide beachtlich bauen, was die Gerade vom Euler sei, sie wussten es nicht, aber meine zwölfjährige Enkelin muss es lernen. Dabei hat die Eulersche Gerade nichts mit Boxen, sondern mit Geometrie zu tun.
Das Schulwissen ist ...
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