Weniger Schulstunden: Gehrer attackiert die Lehrergewerkschafter
Die Bildung kommt nicht zu kurz, sagt Elisabeth Gehrer. Bei weniger Schulstunden haben die Schüler Zeit für eigene Interessensgebiete.
VON ERICH WITZMANN
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Bildungsministerin Gehrer attackiert die Lehrergewerkschafter. |© apa
(Jäger)
Die Presse: AHS- und BHS-Lehrergewerkschafter machen gegen ihre Stundenkürzungen mobil.
Elisabeth Gehrer: Schule ist ein ganz lebendiger Bereich innerhalb unserer Gesellschaft und muss sich an neuen Herausforderungen orientieren. Wir haben seit 1995 viele neue Herausforderungen, und wir haben diese bewältigt. Ich denke an die Autonomie, an die Veränderungen in den Dienstrechten, an die ganze Frage, dass man zusätzliche Leistungen finanziell abgeltet. Alle diese Entwicklungen sind von der Gewerkschaft bekämpft worden. Ich denke mir oft, dass man Leute braucht, die kritisches Feedback geben. Aber es kann nicht sein, dass man jede Veränderung wirklich wütend bekämpft. Es kann nicht sein, dass man ständig Schüler und Eltern dazu motiviert, auch dagegen zu sein.
Die Lehrer wollen Eltern und Schüler auf ihre Seite bringen: mit dem Argument, weniger Unterricht ist ein Verlust an Bildung.
Gehrer: Weniger Unterricht um eineinhalb Stunden in der Unterstufe pro Woche und zwei Stunden in der Oberstufe ist eine Entlastung der Schüler und Schülerinnen. Wenn eine Studie feststellt, dass ein 13-jähriger Gymnasiast durchschnittlich 45 Stunden in der Woche arbeitet, also mehr als sein Lehrer oder ein erwachsener Angestellter, dann ist das nicht normal; oder ein HTL-Schüler 65 Stunden in der Woche. Der junge Mensch braucht Zeit zum Ausspannen, um Hobbies zu entwickeln, um Sport zu treiben. Er braucht Zeit für sich und das gesellschaftliche Leben.
Und der Verlust an Bildung?
Gehrer: Bildung ist nicht die Quantität der Stunden, sondern die Qualität des Unterrichts. Und da weiß man aus vielen Untersuchungen, dass weniger man chmal mehr ist. Die Qualität des Unterrichts - das geht aus der OECD-Studie hervor - hängt ab von der richtigen Auswahl des Lehrstoffes, von der modernen Vermittlungsmethode und von der Nachhaltigkeit, also vom Üben und Festigen. Und Bildungsqualität hängt nicht davon ab, dass ich einen Lehrplan erfülle oder ein Buch durchbringe, sondern dass ich das Grundwissen nachhaltig vermittle. Da muss man sich wirklich fragen, was das Wichtige und das Notwendige ist.
Die Lehrergewerkschafter wollen die Kürzung nicht im schulautonomen Bereich, also gemeinsam mit Eltern und Schülern, festlegen. Die Autonomie versagt somit bei dieser Bewährungsprobe.
Gehrer: Die Schulautonomie ist problematisch geworden bei der Frage der schulautonomen Tage. Ich halte es für falsch, dass da neue Ferienwochen konstruiert werden. Es tut mir sehr leid, wenn jetzt die Autonomie weiter abgelehnt wird. Ich glaube aber, dass das nur eine Vorgabe der AHS-Gewerkschafter ist. Ich kenne etliche Schulen, die mir gesagt haben, dass sie selbstverständlich ihre Schwerpunkte weiterhin selbst festlegen. Für diejenigen, die die Autonomie nicht wollen, gibt es einen Vorschlag von Schulfachleuten für eine fixe Stundentafel in verschiedenen Bereichen.
Glauben Sie, dass die Gewerkschafter nicht alle Lehrer vertreten?
Gehrer: Das entzieht sich meiner Kenntnis. Ich erfahre jedenfalls von vielen Seiten, dass diese moderate Entlastung gewünscht wird, dass wir damit immer noch an der Spitze der Schulstunden in Europa liegen und dass eine Rückbesinnung auf das wirklich Notwendige und die Kernbereiche eine vordringliche Aufgabe ist.
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