DER STANDARD
Montag, 14. April 2003, Seite 6

Schwarzer Zorn: "Neoliberal, unerträglich"

ÖAAB-Mann Alfred Dirnberger fordert zum Nein zum Pensionsentwurf auf

Eva Linsinger

Standard: Was stört Sie an der Pensionsreform?
Dirnberger: Ich bekomme einen unvorstellbaren Zorn, wenn ich höre, dass unsere ÖVP-Spitze die Reform so rasch durchziehen will - eine Sache, die für Jahrzehnte wirken soll. Ich lasse mich sicher nicht mehr einlullen.

STANDARD: Was bedeutet das?
Dirnberger: Ich habe schon gegen manche Gesetze rebelliert und in der Sache - leider - Recht behalten, etwa bei der Ambulanzgebühr.
Jetzt kommt die Nagelprobe, wir als VP-Arbeitnehmerflügel ÖAAB werden in allen Bezirken die ÖAAB-Abgeordneten kritisch befragen, wie sie im Parlament stimmen. Ob sie auf der Seite des Kanzlers stehen - oder auf der Seite der Arbeitnehmer. Denn natürlich müssten alle ÖAAB-Abgeordneten gegen den Entwurf stimmen. Der Pensionsentwurf gehört abgelehnt, die Frage der Pensionsreform gehört sachlich behandelt mit einem Pensionsgesetz, nicht mit einem Budgetbegleitgesetz. Das zeigt ja, worum was es geht - um kurzfristige Budgetsanierung, nicht um die Sicherung der Pensionen.

STANDARD: Es geht zu rasch?
Dirnberger: Das wird zu schnell durchgepeitscht. ÖAAB-Mann Spindelegger sagt, beim Parteitag in zwei Wochen darf man nicht über die Sache reden. Der Parteitag soll offenbar eine Jubelschau für Schüssel werden. Die Parteispitze will die Pensionsreform durchziehen - aber wir werden die Abgeordneten zur Rede stellen. Und verlangen, dass sie Arbeitnehmer vertreten und nicht die Parteispitze. Ungefähr die Hälfte der ÖVP-Abgeordneten gehören zum ÖAAB. Sie sollen mit Nein stimmen - und den Pensionsentwurf kippen.

STANDARD: Sind Sie generell mit der ÖVP-Linie unzufrieden?
Dirnberger: In Fragen der Sozialpolitik absolut, in den letzten Jahren sind sie überall drübergefahren. Die Entwicklung ist neoliberal und unerträglich. Der Kanzler mit seinem neoliberalen Verhalten steht in diametralem Gegensatz zur katholischen Soziallehre.

STANDARD: Inwiefern?
Dirnberger: Es gibt breitesten Unmut. Der Kanzler soll den Pensionsentwurf zurückziehen. Wir sind nicht dagegen, dass es eine Reform gibt, aber nicht als Husch-Pfusch mit dem Budgetbegleitgesetz. Das ist ja unerträglich. Das ist ein kaltschnäuziger Stil, das durchzupeitschen, und das nehmen wir sicher nicht hin. Wir müssen die ÖAAB-Abgeordneten dazu bringen, dass sie nicht zustimmen.

STANDARD: Auf die Gefahr hin, die Koalition zu gefährden?
Dirnberger: Die Frage der Koalitionsgefährdung ist eine sehr untergeordnete Frage, für mich ist die Betroffenheit der Menschen wesentlich wichtiger. Außerdem wackelt die Koalition ohnehin dauernd.


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