Es ist doch klar, dass Information und Werbung oft recht knapp nebeneinander liegen.
Wer einem Berater die ohnehin nicht üppige Provision nicht gönnt, der kann gegebenenfalls Verträge auch online abschließen. Dann kassiert ausschließlich die Gesellschaft, der Kunde verzichtet auf sein Recht auf gute Beratung. Ich weiss nicht, ob die Finanzmärkte derart leicht durchschaubar sind, dass man solches Verzichten empfehlen soll. Und es gibt ohnehin nur etwa 1700 inländische Fonds und etwa 2800 ausländische, in Österreich zum Verkauf zugelassene Fonds, es wird wohl ein ganz einfaches "Blinde-Kuh-Spiel" sein, um genau den richtigen herauszufinden. Oder?
Die Mär von der Umverteilung vom Mittelstand zu den "wirklich Reichen", den Versicherungen und Banken, die klingt zwar sehr gut, aber sie stimmt nicht ganz. Es ist einfach Tatsache, dass einige Gesellschaften beachtliche, ja horrende Verluste erwirtschaftet haben, und es steht zu befürchten, dass sich die Gesellschaften an ihren Kunden schadlos halten werden.
Daher ist in unserem Interesse zu fordern, dass sämtliche Finanzdienstleister einer strengen staatlichen Kontrolle unterliegen; doch stattdessen wird der andere Weg eingeschlagen und die Aufsicht der Banken und Versicherungen wird aus dem Finanzministerium ausgelagert.
Man sagt, dass der Kunde König ist. Wenn ein Angebot nicht nachgefragt wird, verschwindet es wieder. Wenn die Bedingungen für ein Produkt nicht stimmen, werden nur wenige Leute zugreifen. Wenn eine größere Zahl von Kunden meint, dass starre Einzahlungsregelungen (fixe Monatsbeträge) nicht akzeptabel sind, werden andere Möglichkeiten angeboten. Bei der Zukunftsvorsorge / Pensions- versicherung geht es u.a. auch um eine Stärkung des Börsenplatzes Wien. Ob das aber noch in ein paar Jahren wirklich aktuell sein wird, ist eher nicht anzunehmen. Erinnern wir uns daran, dass schon einmal eine Fusion der Börse Frankfurt/M. und London unmittelbar bevorzustehen schien. Eine Fusion hätte dann wahrscheinlich weitere zur Folge gehabt (spekuliert wurde über Wien - Amsterdam - Madrid).
Von der Abwicklung ist es für die Gesellschaften am einfachsten, wenn die Kunden monatlich einen fixen Betrag zurücklegen. Durch die periodischen Anteilskäufe zu gleichen Beträgen werden auf internationalen Märkten Kursschwankungen ausgeglichen. In Zeiten niedriger Fondspreise werden mehr, bei höheren Kursen entsprechend weniger Anteile erworben. Infolge des "Cost-Average-Effektes" (Prinzip der günstigen Durchschnittskosten) erhöht sich der Ertrag, weil die Anteile durchschnittlich günstiger erworben werden.
Das derzeitige Vorsorgesystem ist weitaus noch nicht so ausgereift, dass es bedenkenlos jedem empfohlen werden kann. Am Zug wäre aber der Gesetzgeber, der es den Finanzdienstleistern ermöglichen müsste, wirklich überzeugende und risikoarme Produkte (z.B. mit Switchmöglichkeiten von Aktienmärkten in Rentenmärkte und umgekehrt) anzubieten. Dass wir uns alle über die Angebote auf dem Finanzsektor besser informieren müssen, daran führt kein Weg vorbei, wenn wir unserm Geldbörsel nicht feindlich gesinnt sind. Oder aber - siehe oben - wir vertrauen einem verlässlichen Berater.
Günter Wittek
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: "Hans Gruber"
An: "Lehrerforum"
Gesendet: Mittwoch, 16. April 2003 15:33
Betreff: LF: Re: Vorsorge
Der Herr Kollege Freis (Nebenerwerbslehrer?) missbraucht das LF für private Erwerbszwecke - auch eine Möglichkeit, seine Besoldung aufzubessern.
Zugleich liefert er mir ein Lehrbeispiel für den Schwachsinn der 2. / 3. / 4? Säule, mit der ein funktionierendes Sozialsystem ausgehöhlt werden soll. Warum soll der Steuerzahler in private Vericherungen mit völlig ungewissen Gewinnverheißungen investieren? Die Rechnung geht doch nur auf, wenn die vesprochene steuerliche Nutzung genauso eintritt wie eine günstige Entwicklung an den Börsen. Ein Federstrich in der Himmelpfortgasse, ein kleiner Börsencrash genügt und Sie sitzen auf einem unkündbaren Vertrag, der sich am Ende der Laufzeit plötzlich als das herausstellt, was er in Wirklichkeit ist: Ein Teil eines großflächig angelegten Umverteilungsprogramms vom Mittelstand zu den wirklich Reichen (Versicherungen, Banken und anderen Steuerverweigerern).
Unser Steuergeld sollte lieber im bestehenden Pensionssystem verbleiben und für eine angemessene und sozial ausgewogene Sicherung sorgen. Nach dem Freis'schen Modell profitieren die Gutverdiener (Steuerentlastung) zu Lasten der Kleinverdiener: Wer kaum oder wenig Lohnsteuer bezahlt, muss sich seine private Vorsorge wirklich privat finanzieren.
Mit Nachdruck möchte ich auf den vor Kurzem im LF geposteten STANDARD- Artikel Welcome to Mythanien (10. April) von Christian Felber hinweisen; mit gleichem Nachdruck protestiere ich dagegen, das LF für kommerzielle Zwecke zu missbrauchen.
Hans Gruber
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