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Kommentar in der PRESSE vom 22 04 03
Die Verweigerer
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Was ist es, das am Arbeits platz Schule krank macht? Allein im engeren Bekanntenkreis finden sich mindestens drei Fälle von Schulverweigerern, keineswegs unintelligente Burschen zwischen 16 und 18 Jahren, die von heute auf morgen den zuerst erstaunten, bald verzweifelten Eltern erklären, sie dächten nicht mehr daran, in die Schule zu gehen. Dort seien alle und alles, Mitschüler wie Lehrer, zu inferior.
Die Eltern versuchen zu beschwichtigen, motivieren, versprechen, beschwören und schließlich zu drohen, den Hinauswurf besorgt in der Regel nur die Schule. Die Jugendlichen überlassen sich der virtuellen Welt des Internets, welche sie bald für die echte halten.
Das Drop-out-Syndrom setzt sich im späteren Arbeitsleben fort, aus dem meist noch jüngere Menschen plötzlich herauskippen. Gemeinsam ist den meisten, dass es ihnen eigentlich an nichts fehlt; der elterliche Schutzraum bietet alles, was man zum Leben und darüber hinaus braucht. Mitunter besinnt man sich der uns so massiv suggerierten Opfergesellschaft und schlüpft in die (Opfer-)Rolle des sozialisierten Soziallohnempfängers, zählt man doch in der geforderten egalitären Gesellschaft nicht gerade zu den Gewinnern.
Die anderen, für die der Arbeitsplatz Schule zum Alptraum werden kann, sind die Lehrer. Reichen diverse Überlebensstrategien nicht mehr aus, setzt die (Flucht in die) Krankheit ein. Die Fälle häufen sich drastisch, meist trifft es die mittleren Jahrgänge.
Die "Hinterbliebenen" übernehmen; sie sind (noch?) resistenter gegenüber einem Marionettendasein ohne Anerkennung, Ansehen und Erwartungshaltung, einer Öffentlichkeit welche Eltern und Kinder im Glauben bestärkt, die Schule vermittle so das Falsche, und Behörden im Wolkenkuckucksheim, kurz, gegenüber einem Vakuum der Wert- und Würdelosigkeit, dessen Eiseskälte keine Ethik mehr gebiert. Es erhebt sich die Frage nach den Relationen.
Wir nehmen Grauen, Elend, Chaos im "Rest der Welt" - täglich frei Haus geliefert - nicht wirklich zur Kenntnis, lediglich dass es bei uns anders ist. Bleibt es so?
Dass es das zu erhalten gilt und wie man als einzelner dazu beitragen kann, wäre eine der dringlichsten Botschaften der Schule. Indem wir individuell unser Leben ordnen - so es in unserer Macht steht - dienen wir dem
(sozialen) Ganzen.
Dr. Alf Gerd Fantur
1030 Wien
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