DER STANDARD
Mi./Do., 30./1. April / Mai 2003, Seite 17
Wirtschaft 

Milliardenstrafe für US-Banken
Das Verfahren um bewusst geschönte Aktienempfehlungen zahlreicher prominenter Wall-Street-Firmen ist mit einem milliarden- schweren Vergleich zu Ende gegangen.
Washington - Zehn der größten Investmentbanken in New York verpflichteten sich zur Zahlung von knapp 1,4 Mrd. Dollar (1,3 Mrd. Euro). Die Deutsche Bank will nach Informationen des Wall Street Journal separat einen Vergleich über 50 Mio. Dollar abschließen. Sie sei in dem Globalvergleich nicht erfasst, weil sie noch Unterlagen nachzureichen hatte. Im Gegenzug stellen die Behörden - die Staatsanwaltschaft von New York und die Börsen-und Wertpapieraufsicht SEC - die Untersuchung ein. Zwei ehemalige Staranalysten erklärten sich separat zur Zahlung von zusammen 19 Mio. Dollar bereit. Jack Grubman von Citigroup und Henry Blodget von Merrill Lynch dürfen nie wieder im Wertpapierbereich arbeiten. "Es handelt sich um ein trauriges Kapitel in der Geschichte der amerikanischen Geschäftswelt", sagte SEC-Chef William Donaldson. "Ein Kapitel, in dem diejenigen, die enorm am Vertrauen der Investoren verdient haben, dieses Vertrauen zerstört haben." Nach seinen Angaben gehören allein die Strafzahlungen zu den höchsten, die die Behörden je verhängt haben. Die Zahlungen umfassen Strafen und Rückzahlungen von unlauter erworbenen Gewinnen von insgesamt 875 Millionen Dollar. 432,5 Mio. Dollar müssen für unabhängige Wertpapieranalysen bereitgestellt werden, 80 Mio. für ein neues Aufklärungsprogramm für Investoren. Die Summen können nicht von der Steuer abgesetzt werden. Ein Großteil soll in einen Fonds zur Kompensation geprellter Anleger fließen. Zu den betroffenen gehören die Credit Suisse First Boston, USB Warburg, Goldman, Sachs & Co, Merrill Lynch, J.P. Morgan Chase und die Citigroup. Das Brokerhaus der Citigroup, Salomon Smith Barney, muss mit 300 Mio. Dollar die höchste Summe zahlen. Die SEC verpflichtete die Banken gleichzeitig, ihr Investment- und Wertpapiergeschäft klar zu trennen.
Banken müssen Kunden neben eigenen auch externe Wertpapieranalysen zukommen lassen. Aufsichtsratsmitglieder dürfen bei Erstemissionen keine Aktien mehr bekommen. Die Banken haben in dem Vergleich keine Schuld eingeräumt. Die SEC ist dennoch überzeugt, dass sie Anleger mit bewusst geschönten Aktienempfehlungen hinters Licht geführt haben. Die Banker hatten nach Überzeugung der SEC bei ihren Versuchen, lukrative Investmentbank-Aufträge zu gewinnen, Analysten oft zu positiven Aktienbewertungen gedrängt. Branchenkenner erwarten nach dem Vergleich eine Flut von Klagen gegen Banken und einzelne Analysten. Mehrere Sammelklagen sind bereits anhängig.

Österreich "gesetzlos"
In Österreich gibt es derzeit nur recht vage Bestimmungen für Aktienanalysen. Zwar überprüft die Finanzmarktaufsicht die Studien, darüber hinaus sind die Versuche von Kursmanipulationen strafbar. Die Höchststrafe ist allerdings mit 20.000 Euro limitiert. Die Trennung von Analysten und dem Handel wird allerdings auf eher freiwilliger Basis gehandhabt. Strengere Bestimmungen kommen erst im Sommer 2004, wenn die EU-Richtlinie über Marktmissbrauch umgesetzt werden muss. Dann müssen die Banken auch bekannt geben, wenn sie an einem Unternehmen, das analysiert wurde, beteiligt sind.




Kommentar E.W.:
Falls sich jemand wundert, was so ein Artikel im LF verloren hat: Hier geht es um die 2. bzw. 3. Pensions"säule". Und falls jemand meint, daß es mit dem Anlegerschutz in Ö besser bestellt sei, dann soll er doch erklären, wieso die Gemeinde Wien beim Verkauf ihrer BA-Anteile an die HVB Milliardenverluste im €-Bereich baute, und wieso es dem Land NÖ beim Verkauf seiner Wohnbau-Forderungen ähnlich ergangen ist.

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