-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Dr. Richard Koller [mailto:office@rkoller.info]
Gesendet: Mittwoch, 30. April 2003 22:20
An: 'Erich Wallner'
Betreff: AW: Bei Streik Entlassung?
Sehr geehrter Herr Kollege Wallner,
die einzige logische Konsequenz: Zu Tode gefürchtet ist auch gestorben. Alles andere würde ich angesichts der "normalen" Perspektiven gering achten. Es ist aber immerhin interessant, dass angesichts der ersten Millimeter Bewegung sofort die Warnungen der Unbeweglichen kommen: Es könnte Dein Tod sein, dich zu bewegen. Es könnte allerdings auch nur herauskommen, dass dies die einzige Art ist, sich fort zu bewegen...
Mit kollegialen Grüßen
rk
Richard Koller
Dianagasse 1/3
A-1030 Wien
1. Heute Nachmittag erfahre ich beim Durchblättern des Teletext (Seite 113), daß die AHS am 6. Mai streiken. 2. Am Freitag 2. Mai und Samstag 3. Mai haben wir an meinem Gymnasium schulautonom freie Tage. 3. Am Montag 5. Mai haben ca. 10 KollegInnen ihren freien Tag. 4. Vom Montag 5. Mai bis Samstag 10. Mai haben wir schriftliche Matura. 5. Obwohl ich mich bemühe, mich auf dem Laufenden zu halten, habe ich noch nicht begriffen, was die Ministerratsbeschlüsse für pragmatisierte Beamten bedeuten - und inwieweit die seinerzeitige Pensions"Reform" aus 1997 damit schon wieder obsolet wird. 6. Auch für nicht pragmatisierte KollegInnen ist mir noch nicht alles klar. Z.B. sieht die nunmehr schrittweise Einführung des neuen Steigerungsbetrages über drei Jahre für mich auf den ersten Blick wie eine Pflanzerei aus - als ob sich dabei großartig was veränderte! - aber vielleicht habe ich das nicht richtig verstanden. Heute in den Abendnachrichten wird ein Beispiel mit 14% Pensionsverlust vorgerechnet (in wenigen Jahren), wo es doch eine viel niedrigere Deckelung gibt(?) Die drei Jahre Anrechnung pro Kind - was heißt das genau? Gilt das auch für Väter? Was ist, wenn eine Frau gleich nach der Geburt wieder arbeiten ging? Kriegt sie dann nichts? (Die Belastung der Kindererziehung wurde dadurch ja nicht geringer.)
Die Punkte 1 - 4 sollen demonstrieren, daß es an meiner Schule unmöglich ist, den betroffenen Eltern zeitgerecht irgendwie diesen Streik zu erklären, und daß ein Streik in der Maturazeit das Blödeste ist, was wir machen können. Wenn wir die Matura aber doch durchführen, dann wäre das so, als würden die Handelsangestellten streiken - außer, es kommt ein Kunde, dann wird er natürlich bedient.
Wenn ich mich an den AHS-Streik-Versuch 2001 (in Sachen KV, Kustodiate etc.) erinnere: Da gab es zuerst einmal eine Abstimmung, ob wir überhaupt alle streiken wollten - 75% Zustimmung waren da gefragt - und ein mordsmäßig hohes Quorum obendrein, welches dann hinterrücks nochmals hinaufgesetzt wurde. Und dann dauerte es ein volles Monat, bis die Stimmen - jetzt hätte ich beinahe geschrieben "alle" - ausgezählt waren, aber das stimmt ja gar nicht (Zombie-Schulen, eh schon wissen). Und selbstverständlich hat es die Gewerkschaft 2001 nicht versäumt, auf die drohenden Gehaltseinbußen bei einem Streik hinzuweisen, weil sie das für ihre Informationspflicht hielt.
Wenn ich das jetzige speed-kills-Verfahren mit 2001 vergleiche, dann kann ich gar nicht glauben, daß das dieselbe Gewerkschaft ist: Auf einmal interessiert niemanden mehr, wieviel Prozent überhaupt streiken wollen, und die Informationspflicht über Gehaltseinbußen scheint auch irgendwie abhanden gekommen zu sein. Von der Sach-Information ganz zu
schweigen: Mich würde ja interessieren, ob Kollege Koller meine Fragen aus den Punkten 5. und 6. so einfach beantworten kann.
Vor allem aber erachte ich es als eine Zumutung, daß wir an der Front den Umstand ausbügeln sollen, daß der ÖAAB bereits wieder in Richtung Regierungsbank abgebogen ist. Nur weil der ÖGB seine eigenen Funktionäre im Parlament nicht bei der Stange halten kann, sollen wir AHSler jetzt streiken! Das ganze Streik-Theater über die Pensionsreform würde sich erübrigen, wenn alle Abgeordneten, die aus der Gewerkschaft kommen, in einem Monat gegen die Regierungsvorlage stimmten. Wie bitte kann Neugebauer uns zum Streik gegen seine eigenen Gewerkschafts-Genossen in der ÖVP aufrufen?
Ein weiteres Problem besteht darin, daß ein m.E. wesentlich streik-würdigeres Thema, nämlich die kürzlich verlautbarten Stundenkürzungen, unter den Tisch zu fallen droht. Kein Mensch redet jetzt mehr davon (in den Medien). Ein Streik ist ein Atout, das man nicht zweimal ausspielen kann.
Erich Wallner
--
Diese Liste wird vom Personal Computer Club (http://www.pcc.ac) betrieben. Um sich aus der Liste austragen zu lassen, senden Sie ein e-mail an majordomo@ccc.at mit dem Befehl "unsubscribe lehrerforum" im Nachrichtentext.