2. Versuch, nach dem der 1. nicht geklappt hat und nur die ÖVP-Antwort im
Lehrerforum landete.


>Date: Fri, 02 May 2003 15:33:50 +0200
>To: lehrerforum@ccc.at
>From: Dieter BROSZ
>Subject: Pressekonferenz zu den OECD-Daten
>
>Zur Information Stelle ich die Unterlagen zur heutigen Pressekonferenz
>in
>das Lehrerforum. Die Originalkorrespondenz kann gerne angefordert werden.
>
>Mit freundlichen Grüßen
>
>Dieter Brosz, Abg. z. NR
>Bildungssprecher der Grünen
>
>
>Pressekonferenz: OECD bestätigt Grüne Kritik - Bildungsministerium hat
>Unterrichtsstunden falsch berechnet
>
>Vorgeschichte
>
>Die Bundesregierung hat in ihrem Regierungsprogramm eine "Entlastung
>der
>Schülerinnen und Schüler durch Überprüfung der Stundentafel, wobei eine
>Annäherung an den Durchschnitt der OECD-Staaten erreicht werden soll"
>festgeschrieben. Darauf aufbauend hat Bildungsministerin Gehrer die
>ersatzlose Streichung von zwei Wochenstunden in allen Schulstufen
>angekündigt. Kurz darauf wurde die sogenannte "Entlastungsverordnung" in
>Begutachtung geschickt, die eine Stundentafel für jene Schulen enthält,
>die die Kürzungen nicht schulautonom beschließen wollen.
>
>OECD-Daten
>
>Seit Beginn der Debatte wurde als Begründung für diese budgetäre
>Sparmaßnahme die im internationalen Vergleich überdurchschnittlich hohe
>Anzahl an Unterrichtsstunden in Österreich genannt. In der jährlich
>erscheinenden OECD-Vergleichsstudie "Bildung auf einen Blick" finden sich
>in der Ausgabe für das Jahr 2002 keinerlei Angaben für die 9- bis
>11jährigen SchülerInnen. Neben Österreich waren nur Norwegen und die
>Vereinigten Staaten nicht in der Lage diese Angaben zu liefern. Für die
>12- bis 14jährigen SchülerInnen, als die 6., 7. und 8. Schulstufe finden
>sich für Österreich in der Tabelle folgende Angaben:
>
>Alter 12: 1013 Stunden
>Alter 13: 1169 Stunden
>Alter 14: 1262 Stunden
>Durchschnitt: 1148 Stunden
>
>Für die OECD ergeben sich folgende Länderdurchschnittswerte:
>
>Alter 12: 916 Stunden
>Alter 13: 944 Stunden
>Alter 14: 944 Stunden
>Durchschnitt: 936 Stunden
>
>Bald wurden Zweifel an den österreichischen Werten in dieser Tabelle
>laut.
>Bildungsministerin Gehrer nannte zunächst 4 Stunden an Freigegenständen,
>die eingerechnet wurden und wies später darauf hin, dass nicht alle
>Feiertage abgezogen wurden.
>
>Festzuhalten ist, dass die jeweiligen Länderdaten nach dem von der OECD
>genannten Berechnungsschlüssel von den Mitgliedsstaaten errechnet und an
>die OECD weitergeleitet müssen.
>
>Information der OECD
>
>Die Grünen haben daraufhin Kontakt mit dem Leiter der Abteilung für
>Bildungsindikatoren und -anlaysen in der OECD und Initiator der
>PISA-Studie, Dr. Andreas Schleicher aufgenommen.
>
>In einem ersten Mail bestätigte Dr. Schleicher die Auffassung der
>Grünen
>mit folgendem Antwortmail:
>
>
>
>Sehr geehrter Herr Brosz,
>
>Ich habe das österreichische Bildungsministerium, das uns die Daten für
>diesen Indikator zur Verfügung stellt, zunächst um Stellungnahme gebeten.
>Klar ist, dass Ihre Annahmen richtig sind, d.h.
>
>1. 50-Minuten-Stunden in ganze Stunden umzurechnen sind.
>2. Feiertage abzuziehen sind und
>3. Freigegenstände nicht einzurechnen sind.
>
>Mit freundlichen Grüßen, Andreas Schleicher.
>
>
>In einem weiteren, ausführlichen Antwortschreiben (siehe Anhang) legte
>die
>OECD offen, welche Daten von Österreich übermittelt wurden und wie die
>Berechnung zu erfolgen hat.
>
>Die jährlichen Unterrichtstunden errechnen sich aus folgender Formel:
>
>(Si * L * Wj) / 60
>
>Si: Wochenstundenzahl (Summe der Unterrichtsstunden aller Gegenstände)
>L: Länge der Stunden
>Wj: Nettoschulwochen
>
>Seitens des Bildungsministeriums wurden 37,4 Nettounterrichtswochen
>übermittelt. Diese Zahl ist nach OECD-Kriterien eindeutig zu hoch.
>
>Von den 52 Jahreswochen sind 13 Ferienwochen (9 Wochen Sommerferien, 2
>Wochen Weihnachtsferien, 1 Woche Osterferien und 1 Woche Semesterferien)
>abzuziehen. Eine weitere Woche ist für die schulautonomen Tage abzuziehen
>und 2 Wochen für 10 schulfreie Feiertage (geringfügige jährliche
>Unterschiede, je nach dem Wochentag, auf den die Feiertage fallen. Daraus
>errechnen sich nach OECD-Kriterien ca. 36 Unterrichtswochen. Bei den vom
>Ministerium genannten 37,4 Wochen wurden somit nicht wie vorgesehen alle
>Feiertage und schulfreien Tage abgezogen.
>
>Viel schwerwiegender ist aber die Abweichung bei der Angabe der
>Wochenstundenzahl. Bislang betrug die Anzahl der Unterrichtsstunden in
>diesen 3 Jahren zwischen 32 und 33 Stunden. Vom Bildungsministerium wurden
>der OECD jedoch 1215,5 Stunden für 12jährige, 1402,5 Stunden für 13jährige
>und 1514,7 Jahresstunden zu 50 Minutern übermittelt. Dividiert man diese
>genannten Jahresstunden durch die ebenfalls vom Ministerium übermittelten
>37,4 Unterrichtswochen kommt man zu folgenden Wochenstunden:
>
>12jährige: 32,5 Wochenstunden laut Lehrplan 32 Wochenstunden
>13jährige: 37,5 Wochenstunden laut Lehrplan 32 Wochenstunden
>14jährige: 40,5 Wochenstunden laut Lehrplan 33 Wochenstunden
>
>
>Abweichungen
>
>Die korrekte Berechnung laut OECD-Kriterien ergibt für Österreich 960
>Jahresstunden bei 12- und 13jährigen sowie 990 Jahresstunden bei
>14jährigen und somit einen Durchschnittswert von 970 Jahresstunden.
>
> BMBWK korrekt Abweichung
>12jährige 1013 Stunden 960 Stunden 53 Stunden
>13jährige 1169 Stunden 960 Stunden 209 Stunden
>14jährige 1262 Stunden 990 Stunden 272 Stunden
>Durchschnitt 1148 Stunden 970 Stunden 178 Stunden
>
>Somit liegt die tatsächliche Zahl an Unterrichsstunden bei den
>12jährigen
>um etwa 1,5 Stunden, bei den 13jährigen um 0,5 Stunden und bei den
>14jährigen 1 Stunde über dem OECD-Durchschnitt. Über diese drei Jahre
>gerechnet liegt Österreich im Durchschnitt um eine Stunde pro Woche über
>den OECD-Durchschnitt.
>
>Völlig rätselhaft ist, wie in den der OECD übermittelten Daten eine
>enorme
>Steigerung von
>249 (!) Stunden von den 12- zu den 14-jährigen aufscheinen kann, obwohl
>sich die Wochenstundenzahl nur um 1 Stunde erhöht.
>
>Die OECD hat das Bildungsministerium mittlerweile um Aufklärung
>ersucht.
>
>Grüne Forderung
>
>Die geplante Stundenkürzungen beruht offensichtlich auf einer grob
>falschen Ermittlung der österreichischen Jahresunterrichtsstunden im
>internationalen Vergleich. Eine Kürzung von 2 Stunden pro Wochen würde
>bedeuten, dass Österreich statt einer leicht überdurchschnittlichen eine
>leicht unterdurchschnittliche Jahresstundenzahl aufweist. Die Maßnahme
>entspricht überdies nicht dem Regierungsprogramm. Dort ist von einer
>Annäherung an den OECD-Durchschnitt die Rede und nicht von einer
>Unterschreitung. Die Auswirkungen dieser Maßnahme auf weitere
>internationale Bidlungsqualitätsvergleiche wie PISA sind nicht
>abschätzbar. Die Grünen fordern daher die Bildungsministerin auf, die
>Anfragen der OECD zu beantworten und die Antwort offenzulegen. Die
>Stundenkürzung ist bis auf weiteres auszusetzen. Etwaige Reformmaßnahmen
>sollen erst noch Vorliegen der Empfehlungen der Zukunftskommission
>diskutiert und umgesetzt werden.
>
>Inhaltliche Kritik
>
>Bei den Stundenvergleichen wird nur der "Normunterricht" eingerechnet
>wird. Fördermaßnahmen werden nicht berücksichtigt, auch wenn sie durch
>Lehrkräfte in der Schule erfolgen. Da Österreich bei den Fördermaßnahmen
>im Vergleich weit zurück liegt, wirkt diese Vergleichsform bei der
>"SchülerInnenarbeitszeit" verzerrend.
>
>Die Gehrersche Argumentation geht daher an der Problemlage vorbei. Die
>Bildungsministerin versucht ein simples Sparmodell öffentlichkeitswirksam
>zu verkaufen. Dabei hatte sie noch im Oktober 2002 die Kürzung der
>Stundentafel abgelehnt.
>
>Die Grünen vertreten die Auffassung, dass im Rahmen einer
>Strukturreform
>die Normstundenanzahl erst nach einer Überarbeitung der Lehrinhalte
>reduziert werden sollte und mit den freiwerdenden Mitteln Fördermaßnahmen
>und Zusatzangebote sowie die Wahlmöglichkeiten der SchülerInnen
>ausgeweitet werden sollen. Mit einer solchen Umschichtung könnte auch der
>Abbau weiterer Dienstposten verhindert werden.

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