Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich glaube, einige Missverständnisse ausräumen zu können, die es bezüglich des Standpunktes von Kollegen Jantschitsch offensichtlich gibt.

Die Standard-Redakteurin sprach Kollegen Jantschitsch auf den Vorschlag des Rechnungshofpräsidenten an, der ja die Einführung der 45-Minuten-Stunde fordert. Natürlich hätte Kollege Jantschitsch dessen Vorschlag einfach nur verteufeln können, doch wählte er meines Erachtens einen weit intelligentern Weg. Zur Erklärung meiner Ansicht:

Die 45-Minuten-Stunde gibt es bereits an höheren Schulen (z.B. HIB). Sie gegenüber der Öffentlichkeit als pädagogische Unmöglichkeit darzustellen, ist also wenig zielführend. Kollege Jantschitsch hat aber wohl klar gemacht, dass eine Lehrpflichterhöhung in diesem Zusammenhang völlig inakzeptabel wäre, und hat anders argumentiert. (Zitat: "Eleganter als eine höhere Lehrverpflichtung wäre es, die Ferien zu kürzen: Weg mit den Semesterferien, mit den Dienstagen nach Ostern und Pfingsten, eine Woche weniger Sommerferien. Für Schüler und Lehrer bleibt die Arbeitszeit gleich, bei kürzerer Wochenarbeitszeit. Bin ich sofort dafür. Einziger Nachteil: Herr Grasser kann darüber nicht lachen.") Ganz abgesehen davon wäre die von Kollegen Jantschitsch angesprochene Variante eine Verkürzung unserer Arbeitszeit. Wenn die Unterrichtszeit um 10% gekürzt würde, müssten wir ohne Änderung der Ferien um ca. 3,6 Wochen weniger unterrichten, wenn man von 36 Unterrichtswochen ausgeht. Die Streichung von 2 Ferienwochen und zwei Dienstagen brächten uns daher einen "Nettogewinn" von ca. 1,3 Wochen.

Die kategorische Ablehnung der 45-Minuten-Stunde würde in der breiten Öffentlichkeit das Bild von der Gewerkschaft als den ewigen Nein-Sager nur stärken. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir unsere Anliegen einer breiteren Öffentlichkeit nur dann erfolgreich nahe bringen können, wenn wir eine gewisse Offenheit und Flexibilität signalisieren. Die Argumentation von Kollegen Jantschitsch tut das. Andererseits gefährdet sie in keiner Weise unseren Status quo. Gerade die Einbindung der erst in den 70er Jahren "erfundenen" Semesterferien (damals "Energieferien") in die Argumentation ist eine schwere Drohung an die Fremdenverkehrswirtschaft, die sich in der sehr wirtschaftsfreundlichen ÖVP wohl mit der Beibehaltung dieser Ferien durchsetzen würde. Außerdem würde bei der von Kollegen Jantschitsch vorgeschlagenen Variante der Finanzminister keinen Euro sparen. Und JEDE Idee, die nicht Einsparungen für das Budget bringt, hat im Augenblick keinerlei Chance auf Umsetzung.


Zuletzt noch ein paar Worte zu Kollegen Jantschitsch:

Die meisten von Ihnen werden wissen, dass ich keine Scheu davor habe, Personen in hohen und höchsten Funktionen unüberhörbar für meines Erachtens unvertretbare Dinge zu kritisieren, auch wenn sie Fraktionskollegen sind. Andererseits will ich mich auch zu Wort melden, wenn jemand zu Unrecht angegriffen wird. Und bei Kollegen Jantschitsch ist das jetzt der Fall. Jeder, der ihn nur ein bisschen genauer kennt, weiß, dass er niemals für eine Lehrpflichterhöhung eintreten würde (und er hat das im Standard-Interview auch nicht getan, selbst wenn ihm das jetzt manche unterstellen). Das fast durchwegs positive Medienecho, das wir bei unserem Kampf gegen die Kürzung der Stundentafeln haben, ist nahezu ausschließlich seiner unermüdlichen Pressearbeit zu verdanken. Die GÖD oder sogar der ÖGB könnten froh sein, wenn sie so oft in APA-Meldungen vorkämen wie die Bundessektion Höhere Schule. Diese Sektion gehört unter dem Vorsitz von Kollegen Jantschitsch zu den aktivsten in der ganzen Gewerkschaft, und das ist in hohem Maß sein Verdienst. Hätte die Gewerkschaft nur Funktionäre wie ihn, würden die Arbeitnehmerinteressen weit besser vertreten werden, als das derzeit manchmal der Fall ist.

Mit kollegialen Grüßen

Eckehard Quin


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