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"Bis 65 zu unterrichten, das ist unmöglich"

Am 13. Mai ziehen in Frankreich alle Gewerkschaften gegen die geplante Pensionsreform zu Felde.

Von unserem Korrespondenten REINHOLD SMONIG
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PARIS. "Die Regierung stellt sich taub, sie will unsere Forderungen nicht hören", beteuern die französischen Lehrergewerkschaften. Gestern, Dienstag, lautete die Antwort, wie schon drei Mal in diesem Schuljahr: Streik. Der vierte landesweite Streiktag im öffentlichen Unterrichtswesen steht wie schon die bisherigen Ausstände der Lehrer unter dem Motto: "Nein zur Demontage des öffentlichen Erziehungswesens." Doch diesmal kommt noch ein weiteres Reizthema dazu. Als Staatsbeamte sind die Lehrer ganz besonders von der bevorstehenden Pensionsreform der konservativen Regierung von Premier Jean-Pierre Raffarin betroffen: Statt bisher 37,5 Jahre sollen sie ab 2008 für den Antritt der Pension 40 Beitragsjahre, bis 2020 sogar 42 Versicherungsjahre vorzuweisen haben.

Der große Aktionstag gegen die Pensionsreform wird in Frankreich zwar erst am 13. Mai stattfinden. Aber die Lehrergewerkschaften gehen bereits davon aus, dass an so manchen Anstalten eine sogenannte "Streikbrücke" vom 6. bis zum 13. Mai geschlagen werden wird. "Niemand kann ein Interesse daran haben, dass wir in Frankreich künftig Opas als Lehrer haben", so heißt es bei den Gewerkschaften polemisch.

"Bis zum Alter von 65 Jahren zu unterrichten, das ist nicht möglich." Derzeit können in Frankreich Volksschullehrer schon ab 55 Jahren in Pension gehen, die anderen Lehrkräfte verabschieden sich dank der 37,5 Beitragsjahre im Durchschnitt zwischen 58 und 59 Jahren in die Pension.

Am gestrigen Streiktag war die Pensionsreform freilich vorerst noch ein Randthema. Im Mittelpunkt stand vielmehr die von den Pädagogen beklagte "Aushungerung des öffentlichen Schulwesens." So seien heuer schon 15.000 Pla nstellen dem Rotstift zum Opfer gefallen. Vor allem die eingeleitete Dezentralisierung des Schulwesens ist den Gewerkschaften ein Dorn im Auge.

Dass diverses Hilfspersonal künftig nicht mehr dem nationalen Unterrichtsministerium, sondern den Regionalverwaltungen unterstellt sein soll, wird in der Lehrerschaft als "Anfang vom Ende einer landesweit einheitlichen Schuladministration" gesehen.





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