DER STANDARD
Mittwoch, 14. Mai 2003, Seite 4
PROTEST GEGEN PENSIONSREFORM
"Harmonisierung - das ist ja die nächste Drohung!"
Pflichtschullehrergewerkschafter Walter Riegler rechnet vor, dass Junglehrer durch die Reform um 800 Euro weniger Pension bekommen könnten. Mit ihm sprach Martina Salomon.
Standard: Was wollen Sie mit dem Streik erreichen?
Riegler: Wir wollen darauf aufmerksam machen, dass die Pensionsreform in der jetzigen Fassung nicht akzeptabel ist. Man muss sich zusammensetzen und darüber reden. Es sollte eine Art Prüfsiegel der Sozialpartner darauf geben.
Standard: Ist nicht ein großer Teil der Lehrer pragmatisiert und von der Reform gar nicht betroffen? Riegler: Das wäre schön! Zwischen 70 und 75 Prozent sind pragmatisiert. Nach heutigem Stand verliert ein junger Volksschullehrer, der seine Dienstzeit normal abspult und die bestmögliche Pension bekommen wird, im Monat ungefähr 800 Euro brutto. Das, was er vor der Pragmatisierung an ASVG-Zeiten ansammelt, wird übernommen. Der Grund für den Verlust ist die lange Durchrechnung. Wer wie die Lehrer eine längere Ausbildung hat, bringt die 45 Jahre nicht zusammen. Und mit unserem Gehaltssystem - samt den extremen Unterschieden zwischen Anfangs-und Endbezügen - gibt es besondere Schwierigkeiten. Wenn sich Frauen leisten, bei den Kindern daheimzubleiben oder Teilzeit zu arbeiten, verliert man noch mehr, weil es für Beamte ja nicht die Anrechnung wie beim ASVG-System gibt.
Standard: Es soll doch eine Harmonisierung der Systeme kommen! Riegler: Das ist ja die nächste Drohung für uns! Eine Abfertigung zum Beispiel werden wir sicher nicht bekommen, sondern man wird versuchen, uns etwas wegzunehmen.
Standard: Für Lehrer soll es aber weiterhin ein Vorruhestandsmodell geben. Riegler: Richtig. Es wird aber das Regelpensionsalter angehoben, was bedeutet: Früher konnte jemand mit 55 früher gehen, jetzt erst mit 60.
Standard: Das wird aber doch nicht schlagartig angehoben, oder? Riegler: Die Frage des Vorruhestandes ist im Zweitentwurf der Regierung schlagartig um drei Jahre angehoben worden. So wird der 45er-Jahrgang erst mit 58 in Pension wechseln können. Der 46er-Jahrgang kann erst mit 59 gehen.
Standard: Die Stundenreduktion ist bei Ihnen kein Thema? Riegler: Nein. Aber die Bildungsministerin ist den Eltern eine Erklärung schuldig, ob die Stundenreduktion pädagogisch vernünftig ist.
Standard: Gab es unter den Schulen Streikbrecher? Riegler: Es gab welche, die nicht zusperrten - vor allem im Privatschulbereich, wo es vehemente Drohungen der Schulerhalter gegen die Lehrer gab. Die Eltern hingegen standen dem Streik überwiegend positiv gegenüber.
Standard: Wird es noch einen weiteren Streik geben? Riegler: Wir sind sicher keine Streikheinis. Man wird sehen, was die Politik daraus macht.
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