Vorbemerkung E.W.: Der Betreff rechtfertigt sich durch die beiden letzten Sätze des Artikels
DER STANDARD
Samstag/Sonntag, 17./18. Mai 2003, Seite 10
Peter Heidegger wurde von den Geschworenen mit 8:0 Stimmen freigesprochen
Mordurteil aufgehoben
Freispruch im Salzburger "Taximordprozess": Die Geschworenen entschieden einstimmig für die Unschuld Peter Heideggers, der im ersten Verfahren verurteilt worden war und acht Jahre im Gefängnis saß.
Salzburg - Die Geschworenen waren sich nach nur zweieinhalb Stunden Beratung einig. Freitag, 11.35 Uhr, verkündete Richter Peter Reifenberger das Urteil: Freispruch für den Angeklagten Peter Heidegger im so genannten Salzburger Taximordprozess. In allen drei gestellten Fragen (Mord, Raub, unabsichtliche Tötung) entschieden die Geschworenen mit 8:0 Stimmen für die Unschuld Heideggers. Die Staatsanwältin gab keine Erklärung ab, das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Dem 29-jährigen Gmundner war vorgeworfen worden, 1993 in Wals die Taxilenkerin Claudia Deubler erschossen und beraubt zu haben. Die fünf Geständnisse, die Heidegger abgelegt hatte, widerrief er später - er sei von den Ermittlern unter Druck gesetzt worden. Dennoch war der gelernte Fliesenleger 1994 zu 20 Jahren Haft verurteilt worden und saß acht Jahre im Gefängnis. 2001 erreichte er die Wiederaufnahme seines Verfahrens. Für 2865 Tage in der Zelle wurde Heidegger nun Haftentschädigung zugesprochen (s. nebenstehenden Artikel).
Berührende Szenen spielten sich nach dem Freispruch ab. Peter Heidegger brach in Tränen aus und umarmte minutenlang seine Mutter. Auch sein Verteidiger Franz Gerald Hitzenbichler, der seit 1994 um die Wiederaufnahme gekämpft hatte, standen die Tränen in den Augen.
"Ich werde jetzt neu anfangen", sagte Heidegger. Er wolle nach Gmunden zu seiner Freundin und sich einen neuen Freundeskreis aufbauen, durch die lange Haft habe er viele Freunde verloren. Er habe immer gehofft, dass es zum Freispruch kommt, sagte, er, "über die Hafterlebnisse will ich gar nicht sprechen."
Schon wenige Tage nach der Bluttat im Juli 1993 hatte die Gendarmerie ihr ganzes Interesse auf den damals 19-Jährigen gerichtet, der zu dieser Zeit seinen Präsenzdienst in Wals ableistete: Der Pächter einer Pizzeria in der Nähe des Tatortes hatte angegeben, dass er wenige Minuten nach dem Mord einen Soldaten im Auto zum Bahnhof mitgenommen habe. Die Spur führte zu Heidegger, weil dieser am Tag nach dem Mord nicht mehr eingerückt war.
Entlastungszeuge
Schon kurz nach der Verurteilung tauchte der Zeuge Daniel N. auf, der bei der Polizei aussagte, dass sein Freund Tommy S. die Taxilenkerin ermordet habe. Er selbst sei bei der Tat dabei gewesen. 1998 wurde genau an jener Stelle eine alte Wehrmachtspistole gefunden wurde, wo sie der Täter laut diesem Zeugen nach der Tat weggeworfen haben soll. Vor der Gendarmerie widerrief N. die Aussage allerdings. Seine Begründung: Er sei von den Beamten "unter Druck gesetzt" worden.
Ob die Staatsanwaltschaft nun Ermittlungen gegen jenen Tommy S. aufnimmt, steht noch nicht fest. Gegen sechs Kriminalbeamte der Gendarmerie laufen jedenfalls jetzt wegen des Verdacht des Amtsmissbrauchs, der Urkundenunterdrückung und der falschen Zeugenaussage Ermittlungen. Der Richter hatte ihre Arbeit scharf kritisiert. (fern)
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