Der folgende Text ist aus dem Programmheft des "Kultur- Gasthaus Bierstindl" in Innsbruck (vielen Dank für die freundliche Genehmigung, ihn ins Lehrerforum stellen zu dürfen!).

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dolm / hero

gehrers innerer small talk

Wir müssen die Menschen draußen, vor allem die in den Gemeinden, dazu befähigen, die wesentlichen Dinge unserer Politik und damit ihres Lebens verstehen zu können.  Also müssen sie "kürzen" verstehen, auf Deutsch und auf Englisch. Auf Französisch nicht, denn Französisch muss man ja gar nicht können, weil die Franzosen so bös waren zu uns damals in den finsteren Zeiten der Sanktionen.  Und Lateinisch muss überhaupt niemand mehr verstehen, das spricht ja eh keiner mehr.  Die, die es unterrichten wollen, sollen Taxi fahren. Es braucht eh mehr Taxifahrer, man wartet ja immer so lang, bis eines kommt, hab' ich mir einmal vorsingen lassen.  Ja, weil ich gerade beim Singen bin: Musik braucht eigentlich kein junger Mensch selber zu können, da gibt's ja Platten und Starmania, da werden die jungen Menschen, vor allem die in den Gemeinden, ja gut bedient. Überhaupt die Kunst, da soll der Kollege Morak was machen, mit der Schule hat das nichts zu tun.  Kommen ja womöglich dann aufmüpfige Leute daher, auch draußen in den Gemeinden, und müpfen auf.  Wo diese Gemeinden sind, werden ihnen die Geographielehrer schon beibringen, Österreich ist nicht so groß, da braucht man nicht so viele Stunden dafür, und auch in Geschichte nicht.  Wir sind ja das beste Beispiel dafür, wir Österreicher, dass man auch so aus der Geschichte lernt.  Wir haben ja ein großes Ziel: Österreichs Schüler sollen an den OECD-Schnitt herangeführt werden.  Wie gut man bei uns ausgebildet wird, auch in Rechnen, ja, ich stehe nicht an zu sagen: besonders in Rechnen, ist ja durch die sorgfältige Auswertung und Anwendung der OECD-Statistik durch meine Experten hinlänglich bewiesen. Und dann werden wir auch den PISA-Durchschnitt erreichen, da werden wir uns schon hinunterderre- äh hinaufderreformieren. Immer nur das Gejammer, und dabei ist es ein so großes Reformprojekt.  Wenn ich nur an die Universitäten denke: Was da gejammert wird, auch und vor allem draußen in den Gemeinden!  Dabei hat doch die Qualität der Lehre nichts zu tun mit all dem elektronischen Zeug, das da immer alle als Ausrüstung fordern.  Sollen die Professoren halt wieder ein Buch durch die Reihen gehen lassen fürs Bildlanschauen, ist ja auch viel sinnlicher, so ein Buch, viel sinnlicher als eine Überkopfprojektion.  Da braucht's auch weniger Assistenten dazu.  Beim Überkopfprojizieren kennen sich die Professoren nie aus, und dann müssen die Assistenten immer helfen, ein Buch - ja, das ist Eigeninitiative! - wird von den Menschen, um die es uns ja geht, weitergereicht, von Mensch zu Mensch, ganz volksnah, das ist selbstverantwortliches und zugleich soziales Handeln, und für die Arbeitslosenstatistik tun wir da auch gleich was, denn, hähä, wer nie gearbeitet hat und nicht Assistent werden muss, kommt in keine Statistik, da werden sie mich loben, hier herinnen und draußen in den Gemeinden.

georg payr
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