DER STANDARD
Mittwoch, 21. Mai 2003, Seite 8

Zwiespältige Reaktionen auf den neuen Lehrerstreik

"Nicht nachvollziehbar" findet Bildungs- ministerin Elisabeth Gehrer den Streik der AHS-Lehrer kommenden Montag. Auch von Elternseite gibt es leise Kritik. Der Aktionstag richtet sich gegen die Stundenkürzungen speziell in der AHS-Oberstufe.
Wien - Sie verstehe den neuerlichen Streik nicht, sagte Bildungsministerin Elisabeth Gehrer Dienstags am Rande des Ministerrates zu Journalisten. Es gebe eine klare Vereinbarung mit der Gewerkschaft, wonach kein Lehrer aufgrund der Stundenkürzungen gekündigt werde. Kampfmaßnahmen wären somit nicht gerechtfertigt. Die "Wochenstundenentlastungs- und Rechtsbereinigungsverordnung 2003" wurde von der Ministerin am 8. Mai unterzeichnet; ein Beschluss im Nationalrat ist nicht nötig, weil es sich um kein Gesetz handelt. Gehrer hatte zugegeben, damit die Personalkosten für die Bundeslehrer "ein kleines bisschen in den Griff" zu bekommen. In der AHS wird die Zahl der Pflichtwochenstunden in der Unterstufe von insgesamt 126 auf 120 und in der Oberstufe von 138 auf 130 gesenkt. Wie bereits am 6. Mai sollen Maturaprüfungen nicht von der Arbeitsniederlegung tangiert sein. Es gehe ausschließlich um die Stundenreduktion (und nicht um die Pensionsreform, die beim Streik von Pflichtschulen und BHS im Mittelpunkt stand), so der interimistische oberste Standesvertreter, Azevedo Weißmann. Nicht entschieden ist weiterhin die Nachfolge des zurückgetretenen Chefs der AHS-Lehrergewerkschaft, Helmut Jantschitsch. Weißmann wird vorerst bis Herbst die Geschäfte führen. "Mulmiges Gefühl"
Die Elternverbände haben die Lehrerschaft bisher in ihrer Ablehnung der Reform unterstützt. Doch nun gibt es bereits leise Kritik. "Ich sehe das Ziel des neuen Streiks nicht, aber das ist meine Privatmeinung", sagt Margit Johannik, Vorsitzende des Bundesverbandes der Elternvereine an mittleren und höheren Schulen zum STANDARD. Sie könne sich des mulmigen Gefühls nicht erwehren, dass die Donnerstagsdemonstrationen nun offenbar von regelmäßigen Schulstreiks abgelöst würden. Bei den Eltern könnte die Stimmung "kippen". Nachdem offenbar kein Weg an der Stundenkürzung vorbeiführe, wäre es besser, wenn sich die Schulen auf deren Umsetzung konzentrierten. Denn die Schüler hätten ein Recht darauf, dass für Herbst alles geplant sei. Die Elternverbände wollen sich bei einer Klausur im Juni auf inhaltliche Reformvorschläge für das Bildungswesen konzentrieren. Schützenhilfe erhalten die Lehrer von den Grünen: Keine Berufsgruppe würde sich Einschnitte gefallen lassen, wenn sie mit falschen Daten begründet werden, so der Bildungssprecher der Grünen, Dieter Brosz. Das Bildungsressort hat immer auf die OECD-Studie verwiesen, die Österreich einen Unterrichtsstundenrekord bescheinigt, was mittlerweile von Experten bezweifelt wird, weil Österreich beispielsweise auch Freigegenstände dazugerechnet hat. Für die Freiheitlichen hingegen ist der Lehrerstreik "destruktiv", wie FP-Bildungssprecherin (und Exstaatssekretärin) Mares Rossmann meint. Lehrer sollten die Fehlstunden durch freiwilligen Förderunterricht in den Sommermonaten wieder gutmachen, fordert sie. Wobei sich Dienstagvormittag noch eine weitere Gruppe vor dem Bildungsressort zur lautstarken Demonstration formierte: "Fairness für SchülerInnen in freien Schulen" wurde dort verlangt. Ziel ist eine Änderung des Privatschulgesetzes, wonach die Lehrer in freien Schulen genauso wie in konfessionellen vom Bund gezahlt werden (www.unsereschulen.at/effe). (mon)

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