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Von: owner-lehrerforum@ccc.at [mailto:owner-lehrerforum@ccc.at] Im Auftrag von Timo Davogg
Gesendet: Mittwoch, 21. Mai 2003 21:55
An: Lehrerforum
Betreff: LF: Presse: Brandsteidl-Interview
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Brandsteidl: "An Österreichs Schulen herrscht massiver Handlungsbedarf"
Alle streiten um die Zweistunden-Kürzung. Die inhaltliche Schuldiskussion bleibt hingegen auf der Strecke, sagt Wiens Stadtschulratspräsidentin Brandsteidl im "Presse"-Gespräch.
VON ERICH WITZMANN
Die Presse: In der offiziellen Schulpolitik reden alle von Stundenkürzungen, Sie kommen mit der "neuen Matura". Warum?
Susanne Brandsteidl: Weil ich glaube, dass sich "Schule neu denken" nicht einfach auf Stundenkürzungen beschränken darf. Dass man das ernst nehmen soll, weil es massiven Handlungsbedarf im österreichischen Schulwesen gibt.
Es ist ein Vorwurf an das Ministerium, dass es inhaltliche Fragen vernachlässigt.
Brandsteidl: Ich glaube, dass seitens des Ministeriums keine wirklichen Denkanstöße zu "Schule neu denken" eingebracht worden sind. Die Matura ist nur ein Teil von vielen, Matura geht nicht ohne entsprechende Vorbereitung auf ein eigenverantwortliches Arbeiten, auf eine Studierfähigkeit, die bei der Matura abgeprüft werden soll. Und eines der wesentlichen Elemente von "Schule neu denken" ist für mich die modulare Oberstufe. Schüler müssen viel mehr eigenständig arbeiten. Ein Element davon ist die Matura, weitere sind Bilingualität, Einsatz von neuen Medien, einheitliche Lehrerausbildung.
Es kam der Vorwurf, dass es bei der heutigen Profilbildung einer Schule nicht mehr eine einheitliche Matura geben kann.
Brandsteidl: Das halte ich schlichtweg für nicht stichhaltig. Die Matura soll etwas anderes sein als einfach das Zeugnis der achten Klasse. Sie vergibt ja die allgemeine Studierberechtigung. Man muss zwei Sachen bei Schulen stärker trennen, vor allem bei Prüfungen: Coach und Schiedsrichter. Im Sport ist das gang und gäbe. Der Lehrer ist der Coach, und dann gibt es jemanden, eine Institution, eine Kommission, die diese allgemeine Studienberechtigung vergibt und überprüft - und das ist der Schiedsrichter.
Kommentar E.W.:
Als Englischlehrer z.B. wird man angehalten, sich möglichst oft und intensiv aus dem Born der modernen Pädagogik zu bedienen: Projektarbeiten, Portfolios, Auslandsaufenthalte, Medienarbeit aller Art etc.
Und bei der Zentralmatura werden diese individuell arbeitenden und betreuten SchülerInnen dann mit Tausenden anderen über einen Kamm geschoren.
Wozu verwendet (und verlangt!) ein Englischlehrer ein paar Monate Arbeit für die Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung einer Sprachwoche in London, wenn dann kein Fuzelchen davon in die Matura einfließen darf?
Dafür schreiben seine SchülerInnen dort den alten Käse über drugs, pollution und human rights als kleinsten gemeinsamen Nenner aller Schulen.
Von der Sache mit Kern- und Erweiterungsstoff will ich gar nicht reden, weil sich da eh noch keiner auskennt.
Brandsteidls Vergleich mit Coach und Schiedsrichter sieht in Wirklichkeit so aus: Wozu engagiert man einen Basketballcoach, wenn dann ein Fußballschiedsrichter das Match pfeift?
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