Sorge um die Tradition der Konsenspolitik?
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So stellt Klestil seine Gedanken gegenüber der NZZ dar.
Das ist in der Diplomatensprache beachtlich viel. Es ist
der Situation angemessen.
Die Sorge um die Konsenspolitik beinhaltet: Was ist,
wenn eine große Streikbewegung stattfindet, und das
Parlament beschließt alles wie geplant. Dann ist nichts mehr so wie es einmal war. Dann ist der ÖGB tatsächlich nur mehr ein Reisebüro, vielleicht eine Servicestelle für ....?
Es geht um mehr. Noch gibt es Politiker und Journalisten,
die die Geschichte der Ersten Rpublik nicht vergessen
haben. Manfred Scheuch, lange Jahre Chefredakteur der AZ, erinnert gerade jetzt daran, dass Bruno Kreisky von seinen Gesprächen mit Otto Bauer erzählt hat, dass es der größte Fehler in der Ersten Republik war, dass Sozialdemokratie und Gewerkschaft nach der sogenannten Sebstauflösung des Parlaments zu zögerlich waren und nicht zum Generalstreik aufgerufen haben.
Als sie in Brünn im Exil waren, da wussten O. Bauer und B. Kreisky, dass das Nachgeben in diesen März-Tagen 1933 der schwerste Fehler war, der später nie wieder korrigiert werden konnte. Man war nicht vorbereitet, man wähnte die Dollfuß-Regierung schwach, weil sie doch nur über eine so knappe Mehrheit im Parlament verfügte. Und trotzdem war es Dollfuß ernst, den Parlamentarismus auszuschalten und autoritär zu regieren.
Und so ist es jetzt Schüssel ernst, das Budget und die Begleitgesetze so über die Bühne zu bringen, dass dazu keine ernsthafte Diskussion möglich ist. In der Abfangjägerfrage will Schüssel gar, dass die Entscheidung gar nicht im Parlament stattfindet, sondern das sollen die zuständigen Minister einfach unterschreiben, einfach so.
Diese Missachtung des Parlaments ist in Wahrheit unerträglich. Die kann nicht einfach hingenommen werden. Der Bundes- präsident ist auch der Hüter eines geordneten und fairen parlamentarischen Ablaufes. Und er hat nicht nur das Recht, er ist verpflichtet den Verantwortlichen zur Raison zu bringen, wenn Schüssel auch nur den Versuch unternimmt am Parlament vorbei zu regieren.
Günter Wittek
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