+++ pressetext.austria +++ pressetext.austria text service +++ pressetext.austria +++ pte971004002 Politik/Soziales, Medien/Kommunikation Frankreich/Internet Hemmt Minitel in Frankreich Internet-Entwicklung? Premierminister Lionel Jospin fordert Internet-Aktionsplan Paris (pte) (4. Oktober 97/12:42) - Schon seit Anfang der achtziger Jahre werden in Frankreich Reservierungen für Flugtickets oder Theaterkarten, Informationen aller Art, Wohnungs- und selbst die Partnersuche über Minitel, den französischen Bildschirmtext, abgewickelt. Jetzt aber droht dem einfach zu bedienenden Gerät das Aus: Die Regierung befürchtet, wegen ihrer Vorliebe fürs Minitel könnten die Franzosen den Anschluß im Cyberspace verlieren. Premierminister Lionel Jospin fand kürzlich deutliche Worte: "Die Möglichkeiten des Minitels sind technisch begrenzt. Das System drohe zu einer Bremse bei der Entwicklung neuer Informationstechnologien zu werden. Damit spielte er darauf an, daß mehr als 20 Prozent der französischen Haushalte über ein Minitel-Gerät verfügen, aber nur 15 Prozent über einen Computer. Rund 15 Millionen Franzosen nutzen das Minitel-System, aber nur eine knappe Million surft im Internet. Jospin regte einen Internet-Aktionsplan an: Die französische Verwaltung solle mit gutem Beispiel vorangehen und das Internet stärker nutzen; auch in den Schulen sollten Personalcomputer mit Anschluß ans Netz selbstverständlich werden. Im folgenden Schritt sollten mittelständische Unternehmen ihre Büroorganisation auf PC und Internet-Anschluß umstellen. Steuerliche Anreize sind zwar nicht vorgesehen. Der Regierungschef wies aber die France Telecom an, Wege zu entwickeln, wie man das Minitel ins Internet integrieren könne, und kündigte die Einrichtung eines interministeriellen Ausschusses zum gleichen Thema an. France Telecom, Nutznießerin des Minitel-Booms, reagierte positiv auf die Äußerungen des Ministerpräsidenten. Kritiker werfen der Telefongesellschaft vor, die Nutzung des Internet aus wirtschaftlichen Gründen zu hintertreiben: die 106 Millionen Stunden, die die Franzosen im vergangenen Jahr am Minitel saßen, brachten dem Unternehmen immerhin 6,3 Milliarden Francs ein. Davon kommen nur 3,1 Milliarden Francs den 25.000 Anbietern von Minitel-Inhalten zugute. So kann es sich die Telecom erlauben, die Minitel-Geräte für einen eher symbolischen Preis von rund 20 Francs im Monat den Nutzern auszuleihen. Telecom weist Vorwürfe zurück Telecom-Chef Michel Bon wies die Vorwürfe zurück: "Wenn das Minitel seinen Erfolgskurs fortsetzt, dann nicht deshalb, weil France Telecom die Entwicklung des Internet blockiert, sondern weil es preiswert und einfach zu bedienen ist und damit den Bedürfnissen der Kunden entspricht." Firmensprecher Gerard Merveile, erinnerte daran, daß die Telecom bereits in Zusammenarbeit mit Alcatel und MatraCom dabei ist, ein Gerät zu entwickeln, das sowohl die Minitel-Nutzung als auch den Internet-Zugang erlaubt. Es soll Mitte nächsten Jahres auf den Markt kommen. Schon seit März 1996 sei es möglich, über das Minitel E-Mails zu empfangen. Der Telecom-Sprecher ist überzeugt davon, daß Minitel auch weiterhin Zukunft hat. "Die von Jospin angestrebte Entwicklung ist absolut notwendig und muß von der gesamten französischen Gesellschaft mitgetragen werden." Das bedeute aber nicht den Tod des Minitels. Beide Systeme könnten nebeneinander bestehen. "Es gibt nicht nur schwarz und weiß", sagte Merveile. Es gebe auch die Hausfrau, die nur die Abfahrtszeit eines Zuges oder eine Telefonnummer heraussuchen wolle - und "ihr reicht das Minitel". +++ pressetext.austria +++ pressetext.austria text service +++ pressetext.austria +++ Aussender: pressetext.austria Ansprechpartner: ws, email: redaktion@pressetext.at, Tel. 01/402 48 51