Zum Geleit

Angesichts des rasanten Entwicklungstempos der Informationstechnologie in den 80er und insbesondere in den 90er Jahren und der Vielzahl damit zusammenhängender Produkte, seien es neue Computer-Generationen, wie zurzeit der Intel Pentium-Rechner mit MMX-Technologie, 32-Bit-Betriebssysteme wie Windows-NT, neueste Mensch-Maschine-Interfaces wie beispielsweise Spracherkennung oder Desktop-Videoconferencing, der zukunftsträchtige Multimedia-Markt oder weltumspannende Informations- und Kommunikationsnetze, trotz aller Neuerungen gibt es so etwas wie „EDV-Basics“, nämlich elementare Grundlagen der elektronischen Datenverarbeitung, auf die man nicht verzichten kann. So hat das klassische Prinzip „Eingabe-Verarbeitung-Ausgabe“ (EVA) bis heute seine Gültigkeit behalten, wenn sich auch die Verarbeitungsgeschwindigkeit um ein Vielfaches erhöht hat oder durch neue Benutzerschnittstellen die Eingabe- und auch die Ausgabemöglichkeiten vielseitiger wurden.

Erklärtes Ziel der vorliegenden Sondernummer ist es, substantielle Bereiche der Datenverarbeitung und ihrer Anwendungsfelder im Hinblick auf ihre Affinität zum Schul- und Bildungsbereich herauszuarbeiten, wobei es der Redaktion und den Autoren vorbehalten war, eine Auswahl aus der Fülle relevanter „Basics“ zu treffen. Der Bogen spannt sich von einer Einführung in die Bauweise von Rechenanlagen (von Neumann-Architektur), der Erläuterung gängiger PC-Betriebssysteme, die gleichzeitig auch den historischen Entwicklungsverlauf dokumentiert - vorgestellt werden MS-DOS, MS-Windows (eigentlich ein Betriebssystemaufsatz), Windows95 (inzwischen Standard), Windows-NT als das neueste Betriebssystem von Microsoft, OS/2 (das Betriebssystem von IBM) und UNIX - über Computer Aided Design (CAD), einer fundamentalen, praxisbezogenen Einführung in die Computergrafik mit Anhangsteil, der Darstellung anwendungsorientierter Netzwerk-Topologien bis hin zu den Pressethemen der letzten Jahre, „Multimedia“ und „Internet“.

Durch die Hereinnahme von Themenbereichen, wie beispielsweise die Vernetzung der Schulen, die in Österreich mit dem Austrian School Network-Pilotprojekt den Stellenwert des globalen Lernens mit Netzen dokumentiert oder der Initiative eines „European Computer Driving Licence“ (ECDL), der die Teilbereiche

umfaßt, werden aktuelle gesamteuropäische Trends aufgegriffen.

Im Rahmen des ECDL sind die technischen Grundlagen der Informationstechnologie genauso angesprochen wie „Handling-Skills“, Benutzer-Know-how im Umgang mit Textverarbeitung, Tabellenkalkulation und Datenbanken, die Einbindung von grafischen Elementen bei Präsentationen und der Einsatz von Informations- und Kommunikationsnetzen, sei es Elektronic-Mail, der Zugriff auf Online-Systeme oder die Informationssuche im World Wide Web. Als Musterbeispiel für eine zielorientierte Berücksichtigung der Entwicklungsperspektiven der Informationsgesellschaft werden die gegenwärtigen (curricularen) Aktivitäten im technischen Schulwesen in Österreich vorgestellt, wobei sowohl neueste lernpsychologische Erkenntnisse auf der Basis des Konstruktivismus (Lernen ist ein selbsttätiger, interessegeleiteter, vom Lernsubjekt initiierter Prozeß) Eingang finden als auch die pädagogisch-didaktischen Möglichkeiten der neuen Medien im Unterricht evaluiert werden sollen.

Noch etwas hat die dynamische Entwicklung der letzten 15 Jahre gezeigt: Seit der Personal Computer im Jahre 1983 vom Time-Magazin zur Maschine des Jahres („Man of the Year“) gekürt wurde, hat er das in den 80er Jahren vor allem von Psychologen und Soziologen (grundlos?) zugesprochene mystifizierende Image verloren, er wurde zum Alltags- und Universalmedium. Im Zuge der zahllosen Erleichterungen beim Umgang mit dem PC, sei es durch grafische Benutzeroberflächen mit anklickbaren Icons, seien es vorgegebene Installationsroutinen bei der Implementation von Software - inzwischen längst auf optischem Speichermedium wie der CD-ROM verfügbar - oder sei es schließlich der Verzicht auf die Eingabe von komplizierten Steuerbefehlen beim Anschluß von Peripheriegeräten wie Druckern durch die sogenannte „Plug and Play“-Funktionalität, wurde deutlich, daß sich auf Kosten der (technischen) Erleichterungen bei der Mensch-Maschine-Interaktion das Black-Box-Szenario (drastisch) ausgeweitet hat. Mit anderen Worten heißt das, daß der Benutzer sich um die Funktionalität resp. das „Innenleben“ des Computers nicht mehr kümmern muß, er verbleibt sozusagen an der Oberfläche. Wer allerdings mehr aus seinem PC (vielleicht ist „Mind Tool“ eine zu sehr anthropomorphe Bezeichnung) „herausholen“ will, der kommt ohne Kenntnis der technischen Grundlagen nicht aus.

„EDV-Basics“ umfassen neben den klassischen, in den Lehrplänen der unterschiedlichen Schularten zu berücksichtigenden Themen der Datenverarbeitung auch die innovativen Produkte, die die Schule vor neue Herausforderungen stellen. Angesprochen sind Multimedia und die Telekommunikation, die (zukünftig) als Mittel und Gegenstand des Lehrens und Lernens in der Schule Verwendung finden (werden) und neue Informations- und Kommunikationsstrukturen entstehen lassen. Multimedia bedeutet die Zusammenführung von bisher getrennten Technologien, d.h. Daten, Text, Grafik, Audio, Animation und Video werden zu einem multimedialen System auf einer Plattform integriert. Zum Inbegriff der Datenfernübertragung, die noch vor wenigen Jahren fast nur der Wirtschaft bzw. zum Teil der Wissenschaft vorbehalten war, wurde das Internet. Geschätzte 50 Millionen User, die tagtäglich mehr werden, und weltweit weit über einer Million Server, darunter viele Bildungsserver, ist das Internet das wohl bedeutendste Computer- und Datennetz der Welt, wobei beide Aspekte, nämlich der Bereich der Offline-Medien (das optoelektronische Speichermedium CD-ROM wäre stellvertretend zu nennen, die DVD steht kurz vor der Markteinführung) und der Bereich der Online-Medien (Mailbox-Systeme, das Internet in seiner Gesamtheit) ihrerseits für zahlreiche Innovationen gesorgt haben.

Man denke beispielsweise an die Verbindung des Mobilfunk mit portablen Computern (Notebooks) auf der Basis von einschiebbaren Steckkarten, die den Empfang von E-Mail ermöglichen, an Hochgeschwindigkeitsnetze, die anstelle der langsamen Übertragungsraten des Telefonnetzes auf der Grundlage von ATM und Glasfaser eine beschleunigte Datenfernübertragung ermöglichen oder an die schon erwähnten neuartigen optikelektronischen Speichermedien, die im Vergleich zur (veralteten) magnetischen Speicherung auf Disketten oder Streamer-Tapes mit gebündeltem Licht beschrieben werden. Dem Zeitgeist entsprechend wären die „EDV-Basics“ um den im angloamerikanischen Sprachraum geläufigen Begriff „Multimedia-Literacy“ zu ergänzen, der das Zusammenwachsen der Informations-, Telekommunikations- und Medientechnik auf Basis einer umfassenden Digitalisierung zum Ausdruck bringt.

Die Autoren haben die vorgestellten „Basic“-Themen in ihrem jeweiligen Arbeitsbereich entwicklungsgeschichtlich mehr oder weniger selber mitgetragen und mitgestaltet, sind vielfach in der Lehreraus-, -fort- und Weiterbildung tätig und dokumentieren durch ihr publizistisches Wirken regelmäßig den Stand der Dinge. Vielleicht mag ein wenig der Eindruck entstehen, daß das eine oder andere Kapitel den EDV-technischen Aspekt in den Vordergrund stellt. Dann ist dies wohl damit zu „entschuldigen“, daß die EDV-Basics in der formalen Logik (Boolesche Algebra), der mathematischen Zahlentheorie und letzlich im Chip als kleinster Baustein der Mikroelektronik ihre originären Grundlagen haben.

Das Bundesministerium für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten möchte mit der vorliegenden Sonderausgabe einen möglichst breiten Kreis an Lehrerinnen und Lehrern, Schülerinnen und Schülern sowie auch Eltern ansprechen und informieren. In Ergänzung zum Printmedium soll durch die Online-Verfügbarkeit im Internet sowie die zusätzliche Dokumentation auf Datenträger (CD-ROM) die Erreichbarkeit erhöht werden (nicht das „medium is the message“, sondern die „Information“). Rückmeldungen (auch per E-Mail) an die Redaktion und die Autoren sind erwünscht.

Für die Mitarbeit am Zustandekommen der Sonderausgabe der Zeitschrift PCNEWS wird allen beteiligten Personen herzlich gedankt.

Anton Reiter

MinR. Mag. Dr. Anton Reiter

Wien, im Oktober 1997