Entwicklungsperspektiven der EDV

im technischen Schulwesen

Christian Dorninger

Der Umgang mit Informationstechnologien wurde im Österreichischen Bildungswesen seit ca. 1960 kontinuierlich entwickelt. Von den Pionieren der „Rechentechnik“ (um 1960) und der „Datenverarbeitung“ (ab Mitte der 60er Jahre) entwickelte sich über DOS- und Windows-Rechner die Annäherung an den Gebrauch von Werkzeugen in der global vernetzten Welt (Internet, Multimedia, C-Technologien im wirtschaftlichen und technischen Unterricht, etc.) relativ kontinuierlich und harmonisch. Leider passieren die Aufbrüche in die elektronisch vernetzte und multimediale Welt des Lernens - manche Experten sprechen dabei von einem Paradigmenwechsel in der Unterrichtsgestaltung - zu Zeiten sinkender öffentlicher Mittel für das Bildungswesen im Rahmen der gesamteuropäischen Budgetkonsolidierung. Gerade im technischen Schulwesen Österreichs bleiben für Ausstattungsbeschaffungen wie beispielsweise „Multimediaarbeitsplätze“ real immer geringere Finanzen, da sie von den steigenden Gehältern der Lehrenden durch deren ungünstige Altersverteilung „aufgefressen“ werden. Daher kann derzeit aus der Sicht der öffentlichen Schulverwaltung nur an „Eigeninitiativen“ aus der freien Wirtschaft appelliert werden, mit Leihgaben, Sponsoring oder Partnerschaftsprojekten das berufsbildende Schulwesen zu unterstützen. „Projektarbeiten“ im Rahmen der Abschlußklassen markieren den Weg einer Zusammenarbeit von Betrieben und Schulstandorten, wo dann auch Sachspenden anfallen, die sich in einer besseren Geräteausstattung niederschlagen können. Rechtskonstruktionen im Schulorganisationsgesetz wie die „zweckgebundene Gebarung“ oder die bevorstehende Teilrechtsfähigkeit (Beschlußfassung der entsprechenden SchOG-Novelle wahrscheinlich im Spätherbst 1997) sollen dabei helfen, die Übernahme von Sponsoring, EU-Projektmitteln oder Sachleistungen durch Schulen möglich zu machen.

Es soll auch keineswegs verhehlt werden, daß diese marktwirtschaftlich angepaßten Beschaffungsmöglichkeiten für die Schulstandorte Mehraufwand und viel Mühe bedeuten: Konnte früher relativ sicher davon ausgegangen werden, daß Mittel im beschränkten Ausmaß nach entsprechenden Planungsvorgaben vom Dienstgeber zur Verfügung gestellt werden, und „nur“ eine entsprechend gute Ausgabenplanung zu machen war, tritt nun in erster Linie die Frage auf, woher überhaupt Mittel für Sachleistungen zu bekommen sind. Diese neue Form der Rekrutierung von Sachmitteln - es wird natürlich immer eine nicht unwesentliche Bundeskomponente auch bei den Anlagen und Ausstattungen geben - ist schwierig, aufwendig und aus der Sicht mancher technisch versierter Innitiatoren oft auch unbedankt. Trotzdem: Gerade das technische Schulwesen hat die Chance, durch gute Kooperationsprojekte mit facheinschlägigen Wirtschaftsbetrieben an derartige Ausstattungen heranzukommen. Es seien daher all jene zu ermuntern, die kraft ihrer Fachkompetenz zu diesen Beschaffungswegen Zugang haben und für Schullabors und ihren Unterricht Tätig werden können. Ihre Leistung wird in ganz besonderer Weise hervorzuheben sein!

Nun aber zurück zu einigen Entwicklungsaspekten der Informatikausbildung im technisch-gewerblichen Schulwesen.

A. Neuer Lehrplan

Mit Herbst 1998 - für innovative Schulen auch bereits mit Herbst 1997 - werden völlig neue HTL-Lehrpläne im Kraft gesetzt, die in zwei Jahren für alle höheren Lehranstalten ausgearbeitet werden und eine grundsätzliche Neukonzeption der Ausbildungsinhalte (ähnlich den Lehrplänen 1977 und 1986ff.), aber auch des Umgangs mit einer schulautonomen Lehrplangestaltung mit sich bringen. Für den „klassischen“ Informatikunterricht (der Name des Pflichtgegenstandes ändert sich von „EDAD“ auf „Angewandte Informatik“) bedeutet dies: Die Möglichkeit der Abhaltung des zweijährigen Ausbildungsblocks „angewandte Informatik“ im I. und II. oder II. und III. Jahrgang, je nach pädagogischem Konzept (in speziellen Fachrichtungen ist dieser Informatikblock auch länger!), eine überarbeitete inhaltliche Gestaltung, die alle neuen Entwicklungen enthält und trotzdem die bewährte Offenheit gewährleistet (keine Nennung von Programmiersprachen, Softwarepaketen oder Werkzeugen, sondern eher problemorientierte Zugänge) und in vielen Fachrichtungen die Möglichkeit der kontinuierlichen Weiterarbeit im Fachunterricht im Bereich von Netzwerken, von spezifischen Hard- und Softwareproblemstellungen oder computergestützten Technologien in den höheren Jahrgängen. Um diese Kontinuität zu betonen, wird „Angewandte Informatik“ auch im Bereich der Fachgegenstände der Lehrpläne geführt. Die Lehrplanphilosophie geht hier von einer Ausbildungsschiene aus, die im I. oder II. Jahrgang mit einer zweijährigen Grundausbildung in Informatik begonnen wird und sich dann als Werkzeug für Teamarbeitsformen der Schüler in größeren Projekten in den höheren und Abschlußjahrgängen fortsetzt. Der Informatikunterricht als Einstieg hat daher einerseits paradigmatischen Charakter (das „Lehrgebäude“ einer Informatik als Disziplin soll vorgestellt werden) und berufspraktischen Charakter (Softwarewerkzeuge für den späteren Gebrauch sollen von den Schülern eingeübt und persönlich angenommen werden).

Im Rahmen der Konzeption der Lehrpläne der einzelnen Fachrichtungen wurde die Informatikausbildung in der Fachrichtung „Elektronik“ erweitert (2 Wochenstunden in den ersten 3 Jahrgängen) und einige neue Ausbildungsschwerpunkte wurden kreiert: Ein Ausbildungsschwerpunkt „Betriebsinformatik“ in der Fachrichtung „Wirtschaftsingenieurwesen“ (bereits seit 1995 in einer Vorform im Regelschulwesen) und ein zusätzlicher Ausbildungsschwerpunkt „Netzwerktechnologie“ in der Fachrichtung „EDV und Organisation“.

B. Dezentrale Struktur und Vernetzung

Aus ungünstigen Erfahrungen mit den „zentralen EDV- und CAD-Ausschreibungen“ der späten 80 und frühen 90er Jahre und sicherlich auch bedingt durch die eingangs angesprochene Budgetknappheit der öffentlichen Verwaltung hat sich die Planung und Beschaffung von EDV- und in Zukunft „Multimedia“-Arbeitsplätzen völlig gewandelt: Intranetkonfigurationen von Schulstandorten und Einbindungen in globale elektronische „Datenautobahnen“ werden von Experten an Fachabteilungen nach den lokalen Bedürfnissen konzipiert und verwaltet (auch die Kustodiatsfrage ist ein altes Problem, in das erst in letzter Zeit wieder Bewegung gekommen ist). Die Technologie allein und die Gesetze des kommerziell orientierten Datenaustausches geben eine Struktur vor, die einem Mittelbetrieb genauso angepaßt wäre wie einem technischen Schulstandort. Auch wenn manchmal der pädagogische „Impact“ dabei fehlt - manche Schüler haben in der „didaktischen Reduktion“ schon früher eher Gängelung oder Betulichkeit gesehen denn anregende Unterstützung - so spiegelt diese Entwicklung doch die natürlichen Gesetze der Marktwirtschaft wider, die in dieser gedämpften Form auch an berufsbildenden Schulen ihre Berechtigung hat. Allerdings: Im Sinne des öffentlichen Bildungsauftrags ist ein möglichst offener und „kostengünstiger“ Zugang zur lokalen und globalen elektronischen Netzen sicherzustellen: Die Verhandlungspartner sind nun Telekommunikationsnetzbetreiber, Netzwerkprovider oder Anbieter von Online-Diensten, die mit den Preisen ihrer Angebote den „public access“ vor allem für den Bildungsbereich sicherstellen müssen.

Dabei sollen auch die international durchaus bekannten Initiativen im Bildungsbereich wie das „Austrian School Network“ (ASN), der Verein „Black Board - Netzwerk für Schule und Bildung“ , diverse Datenhighway-Initiativen in den Bundesländern oder auch der Medienservice des BMUK mit übersichtlichen gemeinsamen Angeboten auftreten, um den Schulstandorten die Wahl zwischen höherer Leistung oder günstigeren Preisen zu gestatten. Hier muß in den nächsten Jahren ein Konsolidierungsprozeß stattfinden, der es jedem Schulstandort ermöglicht, mit deutlich unter einem Prozent des jeweiligen Aufwendungsbudgets (UT-8 Budget jeder Schule) an einem ausgereiften Anschluß mit Arbeitsmöglichkeiten für alle Lehrer und Schüler „dabei zu sein“. Selbstverständlich geht es dabei nicht um einen „Internetanschluß“ für die Schule als Demonstration einer „Vernetzung“, sondern die volle Arbeitsfähigkeit im Unterrichtsgeschehen, die nur durch einen Anschluß mit hohen Bandbreite und effizienten lokalen Verteilungen des Datenflusses am jeweiligen Standort gesichert ist.

Es sollte auch nicht verkannt werden, daß diese Vernetzungen ebenfalls nach dem Prinzip „lokal“ vor „global“ funktionieren werden: Der Zugriff auf weltweite Informationen ist sicher verlockend und im ersten Moment beeindruckend; aber nach einer Abkühlungsphase der Interneteuphorie werden die Angebote der „City-Netze“ und der Informationsaustausch der Schulen untereinander oder mit lokalen Dienstleistungsbereichen im Vordergrund stehen. Daher ist ein Ausbau dieser Partizipationsmöglichkeiten vor allem auch aus dem Blickwinkel zu sehen, daß Schulen eine aktive Rolle in diesen elektronischen Netzen anstreben sollen (vom konsequenten E-Mail-Verkehr untereinander und mit Schulbehörden (!) bis zu gut gestalteten Angeboten und Darstellungen des eigenen (Aus)Bildungsangebots.

C. Rolle der Informatik bei neuen Reife- und Diplomprüfungen

Nicht unbedingt im Zusammenhang mit curricularen Neuerungen hat sich im technischen Schulwesen eine Dynamik ergeben, die sehr der Natur der Ausbildung angepaßt ist und sich an manchen Standorten bereits seit 10 Jahren entwickelt hat: Die Umgestaltung der didaktischen Struktur der oberen Ausbildungsjahre durch praxisnahe Arbeitsformen von Schülerteams an umfangreichen „Techniker- und Ingenieurprojekten“. Das schulische Lernen wird hier zugunsten von Projektarbeitsformen mit konsequenter Zielrichtung bis zur Verfahrens- und Produktreife von ingenieurmäßigen Aufgabenstellungen abgelöst. Bereits mehr als 20 technische Schulstandorte beteiligen sich an den neuen Lernmethoden, die auch mit Änderungen bei der Durchführung der schriftlichen und mündlichen Reifeprüfung und selbstorganisierten Präsentationen der Schüler verbunden sind.

Die Verwendung von Werkzeugen aus dem Bereich der Informationstechnologien nimmt dabei, soweit sie nicht auch an den einschlägigen Fachabteilungen Inhalt sind, methodisch eine wichtige Rolle ein: Sind doch alle Ausarbeitungen mit Mitteln der Textverarbeitung und -gestaltung vorzulegen (Zwischen- und Endbericht der Projekte), technische und kalkulatorische Berechnungen anzustellen und oftmals auch Datenbankfunktionen einzusetzen. Bei der Präsentation wird eine Unterstützung durch entsprechende Software ebenfalls zum Standard werden. Im fachlichen Bereich werden bei diesen umfassenden Themenstellungen der Projekte wahrscheinlich auch CAD/CAM-Softwareprodukte oder andere Konstruktions- oder Schaltungsentwurfunterstützungen sowie Test- und Simulationsprogramme verstärkt zum Einsatz kommen. Für die Gestaltung des Projektmanagements bieten sich softwaregestützte Netzplantechniken, „Engineering Data Base“-Ansätze oder Produkte aus dem CAQ-Bereich (Qualitätsmanagement) an. Immer öfter werden zur Literaturaufarbeitungen ingenieurmäßiger Fragestellungen Datenbankrecherchen über das Internet vorgenommen werden müssen. Damit erhält der Anwendungsbezug der Informatik eine neue Dimension, wobei die Hauptaufgabe nun darin liegen wird, bei den Schülern die Erfahrungen aus dem Informatikunterricht der ersten Jahrgänge bis zu diesen Projektarbeitsphasen zu erhalten und zu „kultivieren“. Dies bedeutet auch andauende Stimuli durch Aufgabenstellungen und Vorgaben für die Ausarbeitung im Konstruktions-, Labor- und Werkstättenunterricht des III. und IV. Jahrgangs.

Ähnliche Zielsetzungen haben die Übungsfirmen und betriebswirtschaftlichen Zentren im kaufmännischen und humanberuflichen Schulwesen. Auch hier werden Werkzeuge der Informationstechnologien eine immer größere Rolle spielen.

D. Neue Formen von Lehrerweiterbildungsangeboten

All diese Überlegungen verlangen nach einem geänderten Konzept der Lehrerfortbildung, wo man von punktuellen Informationsveranstaltungen zu prozeßorientierten Arbeitsformen kommen muß, die auch die Aufarbeitung der didaktischen Erfahrungen mit den Schülern des jeweiligen Fortbildungsteilnehmers enthalten soll. Daher entstanden in den letzten drei Jahren Lehrgänge an den pädagogischen Instituten, die in einem ein- oder zweijährigen Programm einigen fachlichen Input geben sollen, vor allem aber die gemeinsamen Erfahrungen der Kolleg/innen mit einer Innovation zum Thema haben. Neben etlichen rein pädagogischen und typenbildend fachlichen Themen wurden auch zwei Lehrgänge für Informatik für HTL-Lehrer angeboten, die von einem gut abgestimmten Lehrgangsteam mit Erfolg und guten Rückmeldungen durchgeführt und im Juni 1997 abgeschlossen wurden. Das Lehrgangsteam wird in einer geänderten Form erhalten bleiben und unter dem Arbeitstitel „New Informatics management“ (ein besserer Name muß noch gefunden werden) dezentral über eine Anlaufstelle regionale Veranstaltungen zu bestimmten Schwerpunktthemen der Informatik anbieten.

Weiters wird ab Herbst gemeinsam mit der Fachhochschule Techno-Z-Salzburg ein Lehrgang für „Multimedia und Telekommunikation“ für alle BMHS-Lehrenden angeboten. Wegen der großen Anmeldezahlen wird der Lehrgang im Schuljahr 1997/98 und 1998/99 , also zweimal durchgeführt. Es muß dabei betont werden, daß die Thematik „Multimedia“ (Verarbeiten von Informationen in Bild, bewegtem Bild, Ton und globalen Netzzugängen in integrierter, PC-gesteuerter Form) an die Grenzen der finanziellen und qualifikatorischen Leistungsfähigkeit des Lehrgangsteams geht, etlichen fachlichen Know-How-Input braucht und Klarheit darüber herrschen muß, in welcher Form ein Einstieg in „Schulen der Zukunft“, also in multimedial unterstützen Lernwelten gefunden werden kann, der für die Schulstandorte finanziell verkraftbar ist und lose pädagogisch koordiniert werden kann (siehe auch Punkt E.).

Lehrerfortbildung bedeutet natürlich auch, elektronische Medien für On-line Seminare und Fortbildungsangebote mit beliebigen Inhalten nutzbar zu machen. Erste Erfahrungen am pädagogischen Institut Niederösterreich zeigen, daß die einer Präsenzphase vorgeschalteten „On-line-Informationen“ von den Seminarteilnehmern nur teilweise rezipiert und realisiert werden, sodaß die damit transportierte Sachinformation zu Beginn der Präsenzphase erst wieder bearbeitet werden mußten. Hier werden noch für längere Zeit Erfahrungen mit derartigen Organisationsformen zu finden sein, um einen entsprechend effizienten Einsatz der elektronischen Möglichkeiten zu gewährleisten. An Lehrerfortbildungsangebote im „Internet“ oder „Schulnetz“ oder auf CD-ROM (trotz allen ein behäbiges, eher zur Dokumentation bedachtes Medium) wird man sich aber in Zukunft gewöhnen müssen.

E. Vom Teaching zum Coaching

„Multimedia“ und „Telekommunikation“ benennen neue technische Möglichkeiten, in Lernprozesse einzugreifen oder diese zu gestalten. Die grundsätzliche pädagogische oder philosophische Fundierung dieses „Systemwechsels“ wird unter dem Begriff „Konstruktivismus“ umschrieben. Darunter kann man eine nicht einheitliche, sich interdisziplinäre Auffassung von Wissenschaft oder Disziplin verstehen, in deren Mittelpunkt eine Weltvorstellung in Abhängigkeit von der Sichtweise der darin existierenden Individuen interpretiert wird: Die vermeintlich objektive Wirklichkeit sei immer eine subjektiv konstruierte und interpretierte Wirklichkeit, die in einem gemeinsamen Prozeß der Kommunikation erst Verbindlichkeit erlangt. Diese grundsätzliche Sicht hat tiefgreifende Auswirkungen auf die Prämissen für (schulisches) Lernen (nach W.Brandl, 1997):

Damit wird eine neue Balance zwischen Instruktion („Teaching“) und Konstruktion (Selbstorganisiertes Lernen mit Beratung und Betreuung = „Coaching“) postuliert, wo Motivation, Interesse und Aktivität des Lernenden besonders groß geschrieben wird. Lernen erfordert natürlich auch Orientierung, Anleitung und Hilfe; aber im Mittelpunkt der Gestaltung von „Unterricht“ oder „Studium“ steht nicht inhaltliche Vermittlung, sondern das Schaffen von Rahmenbedingungen für selbstgesteuerte Lernprozesse; anstatt Wissensvermittlung empfiehlt sich das Management von Lernprozessen der Schüler. Die weite Verbereitung des Konstruktivismus als Wissenschaftstheorie und pädagogische Grundströmung in den letzten Jahren wird durch Lernmittel und multimediale „Inhaltsvermittler“ bedingt, die die Rolle des Lehrenden deutlicher als bisher auf eine Metaebene bringen, nämlich der Betreuung und Koordination, und ihn weniger als Wissensvermittler wirken lassen. In bescheidenen Ansätzen wird eine Mischung aus Vermittlung und Erarbeitung von Lerninhalten stattfinden; enzyklopädische Ansätze (z.B. Vermittlung aller Betriebssystemeigenschaften eines Systems) werden durch exemplarische abgelöst, der Begründungszusammenhang eines Fachgebietes (z.B.mathematische „Ableitungen“) werden Lehr- und Lernsystemen übertragen, aber Entstehungszusammenhänge und Anwendungsbezüge (Modellbildungen, genaue Beschreibung eines Problems; Umsetzung und Transfer zu wichtigen Anwendungen) verbleiben zur gemeinsamen Bearbeitung durch Lehrer und Schüler; Lehrinhalte werden kognitiv übermittelt und durch Laborübungen etc. erfahrbar gemacht (dieser Mischunterricht ist ja die immer angesprochene Stärke der BHS-Ausbildung!).

In der „Schule der Zukunft“ werden multimediale Lernumgebungen angeboten werden, wo Schüler/innen am Beginn alleine und später in Teams Problemstellungen bearbeiten. Lehrende wirken dabei als „Auftraggeber“ oder „Kunden“ (die Aufgaben müssen formuliert und überprüft werden) und als Tutoren, die technische Hilfestellung geben, bei Bedarf kurze Sammelkurse abhalten und vor allen durch Motivation und psychologische Unterstützung über „psychische Durchhänger“ hinweghelfen. Fragen des Projektmanagements, der Gruppenpädagogik und der Konfliktlösung werden dabei eine besondere Rolle spielen.

Der Informatikunterricht hat in all diesen Fragen „Pilotfunktion“, da er sich von der Natur seiner Arbeitsformen und Aufgabenstellungen besonders gut für diese Arbeitsformen eignet, es muß aber auch gelingen, softwareunterstützte Begleitinstrumente für Projektplanungen etc. (siehe auch Kap.C) mit ihm zu transportieren. Er ist auch die Vorstufe zur multimedialen Lernumgebung in allen Gegenstandsbereichen, die in der Schule der Zukunft stattfinden wird. Daß das Schüler-Lehrer-Verhältnis dabei größer werden wird, liegt bei diesen Betrachtungen ebenfalls auf der Hand.

F. Veränderte Studienorganisation in der Erwachsenenbildung

Im andragogischen Bereich stehen Formen der Lern- und Unterrichtsorganisation gegenüber einer reinen Vermittlung von „Lehrstoff“ im Vordergrund. Die „Face to face“-Kommunikation wird durch asynchrone Kommunikationsmittel teilweise abgelöst und kommt auch den Bedürfnissen von „nebenberuflichen“ Studenten entgegen, ihre Präsenzzeiten in Ausbildungsgängen zu minimieren. Für diesen „atypischen Lernprozeß“ eignet sich eine Mischung als synchronen und asynchronen Vorgangsweisen: Teaching- und Reflexionsphasen in Präsenz wechseln mit Korrektur- und Rückmeldungsphasen über elektronische Medien (Fax; E-Mail; elektronische Netzwerkdienste). Dabei bauen sich geschlossene Benutzergruppen auf, die ihre Informationen und Korrekturen über elektronische Netze austauschen. „News-Foren“ schaffen Verbindungen der Lehrenden untereinander und dienen dem Informationsaustausch.

Ein Projekt dieser Art ist gerade an allen Abendschulen für Berufstätige im Aufbau (Adult Education Network).

Ein nützlicher Ansatz für diese Zielgruppen verbirgt sich hinter dem Begriff Fernunterricht und Fernstudien. Dabei geht es, stimuliert durch die Mediennutzung, um eine Zuverfügungstellung von Lernmodulen oder „Lehrbriefen“ einfacherer oder komplexer Lehrgänge auf der Basis der spezifischen Fachkenntnisse des Schulstandortes. Warum kann nicht ein mit Kursmaterial strukturierter Lehrgang einer berufsbildenden Schule über neue Entwicklungen im Bereich der Telekommunikation im Netz angeboten werden? Hier kommt freilich noch dazu, daß Fernstudienmodule ein begleitendes Service benötigen: Wenn das Lernen interaktiv funktionieren soll, sind Fragestellungen aufzuwerfen und von den Fernstudenten zu beantworten, Zusammenfassungen zu übermitteln und exemplarische quantitative Übungen zum Lehrstoff zu transportieren.

Fernstudienangebote weisen bei Studenten eine deutlich höhere soziale Verträglichkeit wie reine Präsenzausbildungen auf und werden in allen Bereichen des Berufsqualifizierung deutlich forciert. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, daß ein 100%-tiges Fernstudienangebot nie funktionieren kann, sondern nur Mixmodelle von Fern- und Präsenzphasen für fruchtbare Lernprozesse erfolgversprechend sind.

G. Mehr Demokratie durch Teilhabe an „Online“-Diensten?

Im Sinne einer demokratischen Meinungbildung sind Modelle vorstellbar, daß Begutachtungen von Gesetzen und Verordnungen (auch) über Internetkontakte laufen, um jedem (partizipationswilligen) Staatsbürger die Möglichkeit einer Stellungnahme zu eröffnen. Da Informationsgewinnung über das Netz zu einer „Holschuld“ des Adressaten wird und vom Anbieter nur einmal „zentral“ zur Verfügung gestellt werden muß, sind derartige Prozesse auch einfach zu organisieren. Die „anarchische“ Netzstruktur läßt so positive (bildungs)politische Phantasien zu: Der Netzzugang wirkt für Kundige egalitär, Hierarchien könnten verflachen, Informationsmonopole könnten etwas abgebaut werden - ist der technologische Sprung, die informatische Nutzung eine Barriere beim Zugang, ein präpotenter (Schleich)weg zur „kognitiven Gesellschaft“ (EU-Wortschöpfung) mit mehr Ausgrenzung als Intergrationschance?

SchülerInnen haben damit, so die Beobachtung des Autors, wenig Probleme, Lehrende und Bildungsadministratoren etwas mehr: Ein erster Versuch einer Lehrplandiskussion über neue HTL-Lehrpläne kann beinahe als gescheitert betrachtet werden : Die Zutrittsschwellen sind doch hoch, sodaß nur eine Diskussion zwischen etwa 10 „Insidern“ zustande kam, und die Veröffentlichung von Entwürfen, obwohl als solche gekennzeichnet, führte zu Irritationen bei Institutionen, die sonst immer eine persönliche Ansprache im Entwicklungsprozeß gewohnt, da „eingeladen“ waren. Der Übergang zur egalitäten Mitarbeit über E-Mail oder andere Messagesysteme konnte nicht gefunden werden, da man in dieser Hierarchie gewohnt ist, Entscheidungsträger persönlich anzusprechen und wichtige Rahmenbedingungen „auszuhandeln“. Trotzdem hat das Medium dort Chancen, wo mehrere Beobachter und Akteure schneller an Informationen herankommen und unbürokratischer eigene Meinungen zu Vorschlägen übermitteln können.

Zweifellos sollten mit Versuchen dieser Art mehr und öffentlich gründlich diskutierte Erfahrungen gewonnen werden. Erst dann wird sich herausstellen, daß diese Ansätze, aus dem Blickwinkel der technologischen Nutzungsmöglichkeit allein gesehen, naiv sind oder zaghaft als Instrument einer Versachlichung von gesellschaftlich wichtigen Entscheidungsvorgängen ernst genommen werden müssen. Wichtig dabei ist ein möglichst öffentlicher und kostengünstiger Zugang zu diesen globalen oder lokalen elektronischen Netzen, unabhängig von Vorbildung und sozialen Status. Erst dann kann von einer echten Bereicherung demokratischer Meinungsbildung gesprochen werden.

Literatur

Bundesministerium für Unterricht, Verordnung über Lehrpläne für höhere technische und gewerbliche Lehranstalten (unter Zl.13.898/1-III/2/97 in Begutachtung; Diskussionsstand unter der Adresse http://www.bmuvie.gv.at oder http://www.htlw4.ac.at im Internet zu finden.)

Werner Brandl, Lernen als Konstruktiver Prozeß: Trugbild oder Wirklichkeit?, schulmagazin 5, Heft 5/1997, München (als aktuelle Fassung unter http://www.stif2 .mhn.de/konstr1.htm im Netz).

F.von Siemens-Stiftung, Einführung in den Konstruktivismus, Band 5, Piper - TB, München, 1997 (mit Beiträgen von Glasersfeld, Foerster, Watzlawick).