Multimedia

Wolfgangs Scharl

ÜBERBLICK

Grundsätzliches

Multimedia-Anwendungen sprechen durch die Integration von Text, Grafik, Animation, Musik, Sprache, Bild und Videofilm alle Sinne des Betrachters an. Der Rechner verbindet hierbei die einzelnen Komponenten unter einer gemeinsamen grafischen Oberfläche.

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Im Gegensatz zu gedruckten Medien (Zeitungen, Bücher, Prospekte etc.) wird der Betrachter aktiv in das Geschehen eingebunden. Durch die Steuerung des Programmablaufes (Interaktion) greift der Anwender selektiv auf gespeicherte Inhalte zu und ist nicht gezwungen sich linear, wie beim Lesen eines Berichtes, über ein Thema zu informieren.

Multimediale Informationssysteme erleichtern so die Orientierung, veranschaulichen selbst komplexe Sachverhalte durch Sound und Animationssequenzen und sprechen den Betrachter emotional an. Ziel ist ein schneller, individueller Zugriff auf Information unabhängig von Zeit und Ort.

Autorensysteme

Grundsätzlich können mit jeder Progammiersprache mit mehr oder weniger Aufwand multimediale Produkte erstellt werden. Allerdings gibt es heute Software-Werkzeuge, sogenannte Autorensysteme, die das Zusammenfügen von Text, Grafik, Video, Ton etc. für den Autor zur einfachen Übung machen. Bereits vorliegende Daten können genutzt und in wirkungsvollen Präsentationen eingebunden werden. Die Möglichkeiten der Interaktion sorgen dafür, daß sich die Benutzer später aktiv mit dem Dargestellten beschäftigen oder Mitarbeiter quasi im Vorübergehen informiert und geschult werden. Für Computer Based Training (CBT) stehen spezielle Module im Baukastensystem zur Verfügung.

Im Unterschied zu den herkömmlichen Präsentationsprogrammen wie Harvard oder PowerPoint besitzen professionelle Autorensysteme die Fähigkeit, intelligente Programmroutinen zu erstellen. Damit ermöglichen die Autorensysteme beispielsweise die Verwendung von Suchroutinen, Benutzerabfragen etc. und können diese auch logisch auswerten.

Die gängigen Autorensysteme arbeiten nach drei verschiedenen Prinzipien:

Zeitbasierend

Hierbei werden die einzelnen Multimedia-Komponenten auf einer Zeitachse (Drehbuch) angelegt und mit logischen Programmfunktionen verknüpft. Nach diesem Prinzip funktioniert zB. das Programm “Director” von Macromedia (http://www.macromedia.com).

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Montage
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Flußlinien-orientiert

Die Programmierung erfolgt durch das logische Anordnen von grafischen Symbolen (Icons) auf einer Flußlinie. Dabei liegt hinter jedem Icon eine definierte Programmfunktion innerhalb der Anwendung. Applikationen können auf diese Weise schnell strukturiert und ohne tiefgehende Programmier-Kenntnisse erstellt werden. Beispiele sind das (leider sehr teure) “Authorware” von Macromedia und das französische “Egowin”.

Seitenorientiert

Wie bei “Toolbook” von Asymetrix (http://www.asymetrix.com). Die Programmierung einer Anwendung erfolgt durch das Anordnen der einzelnen Multimedia-Komponenten und Programm-Funktionen auf einer Seite. Diese Seiten werden zu einem “Buch” zusammengefaßt.

In diese Kategorie sind auch alle Autorensystem die auf HTML, der Sprache des Internets aufbauen. HTML ( Hypertext Markup Language) stellt im wesentlichen Hypertextfunktionen - das sind Verzweigungen zu anderen Textstellen im selben oder in einem anderen Dokument - sowie einige sehr eingeschränkte Formatierungsmöglichkeiten zur Verfügung. Komplexere Funktionen wie Animationen oder interaktive Elemente werden in Java, Javascript oder ActiveX programmiert.

Autorensysteme die seitenorientiert arbeiten sind folglich ein Mittelding zwischen Textverarbeitungsprogramm und einem Grafikprogramm. Die Programmiermöglichkeit ist unterschiedlich komfortabel bis gar nicht integriert. Während „Director“ und „Toolbook“ mit einfachen basicähnlichen Scriptsprachen mit ausgezeichneten debuging-Möglichkeiten zur Fehlersuche ausgestattet sind, ist Java eine C++ ähnliche Sprache die doch recht hohe Ansprüche an den Programmierer stellt.

Wahlkriterien

Die Wahl eines Autorensystems hängt einerseits von der Aufgabenstellung, zum anderen aber auch von den Vorkenntnissen und letztendlich vom Geschmack ab. Manchmal ist es erforderlich, plattformunabhängige Anwendungen zu erstellen. Das bedeutet: Die Applikation die auf einer Plattform entwickelt wurde (z.B. auf Mac), läßt sich auch auf einer anderen Plattform (z.B. unter Windows) abspielen oder umgekehrt. Dafür ist “Director” bestens geignet.

Ein wichtiges Entscheidungkriterium ist auch der Vertriebskanal: Anwendungen für Datenträger (Disketten oder CD-Rom) können nur die professionellen Systeme wie „director“, „Toolbook“, „Authorware“ und „Egowin“ erstellen. Für die Distribution über Online Systeme (Internet, Intranet) bieten die führenden Autorensysteme sogenannte “Plugins” für die Internetbrowser an, das sind Zusatzmodule für Netscape und Explorer die ein Abspielen der Director oder Toolbook Applikationen über das Internet ermöglichen. Das ist natürlich bestenfalls eine Zwischenlösung, denn die Sprache des Internet ist HTML.

Die neueste Version von “Toolbook II” bietet bereits die Möglichkeit, eine Multimedia-Anwendung auf Mausklick wahlweise in Openscript für CD-Roms oder in HTML-Java Code für Internetpräsentationen zu generieren. Speziell in der CBT-Version stehen hunderte Java-Applets, FTP Unterstützung um das fertige Produkt komfortabel auf dem Internetserver zu installieren sowie jede Menge Vorlagen für die Erstellung von Schulungs- und Unterrichtsmittel im Internet zur Verfügung.

Für HTML gibt es eine Vielzahl von Autorensystemen von teuren professionellen Werkzeugen wie zB. „Frontpage“ von Microsoft (http://www.microsoft.com) und „Super Cede“ von Asymetrix über eine Reihe von Sharewareprogrammen bis Freeware wie „Netscape Gold“ , „Hyper Type Edit“ von AOL (http://www.aol.com) die als reine HTML-Editoren keine Progammierfunktionen bereistellen. Im Prinzip benötigt man zur Erstellung von HTML - Dokumenten lediglich einen ASCII - Texteditor. In HTML bestehen alle Steuerzeichen aus ASCII Texten in spitzen Klammern. Freaks schwören darauf ihre Formatierungs- und Steuerzeichen händisch in den Text zu klopfen. Man muß sich aber im klaren sein, daß man sich damit auf das Niveau der Softwaresteinzeit vor 1975 begibt.

Informatik-Sprachen

Auf jeden Fall ist vom Einsatz einer “Informatik-Sprache” wie Visual Basic, C++, etc. für Multimedia-Anwendungen abzuraten. Der Aufwand ist auch für geübte Programmierer erheblich größer als bei Verwendung eines Autorensystems.

Bezugsquellen für Autorensysteme

Für Projekte mit kommerziellen Zielen, das heißt immer wenn mit dem Endprodukt in irgendeiner Form ein finanzieller Vorteil erzielt wird, ist aus rechtlichen Gründen auf „Kaufware“ zurück zu greifen. Bei Shareware sind üblicherweise Lizenzgebühren fällig. Wenn Sie nur aus Jux und Tollerei Ihren letzten Urlaub multimedial im Internet präsentieren wollen (die ganze Welt wartet nur darauf !) oder als Lehrer den eigenen Unterricht mit ausdruckstarken Animationen bereichern wollen (wie konnten Sie bisher anders unterrichten?) können Sie mit billigerer Software Ihr Glück versuchen.

Die erste Informationsquelle ist für Software jeder Art stets das Internet. Die großen Firmen präsentieren sich und Ihre Produkte, bieten teilweise gratis Beta- und Testsoftware (30 Tage trial) an und nennen den nächsten Dealer in Ihrem Country. Die kleinen Softwareschmieden bieten ihre Produkte meist über den Umweg von Shareware an. Das hat den Vorteil, daß man sie ausgiebig testen kann bevor man gegen eine meist erträgliche Gebühr die Vollversion ersteht. Die Sharewareversion mit möglicherweise eingeschränkten Funktionen wird gratis über das Internet geladen.

Shareware Programme sucht man am besten unter http://www.shareware.com . Das ist eine speziallisierte Suchmaschine im Internet. Füttert man sie mit den Suchbegriffen Author und Multimedia so liefert sie eine reiche Auswahl an mehr oder weniger brauchbarer Software zur Auswahl.

PLANUNG

Wie bei allen Projekten - seinen sie nun kommerziell oder rein idealistisch motiviert - ist die Planung einer der Schlüssel zum Erfolg. Im folgenden ein paar Informationssplitter zur praktischen Realisierung eines Multimediaprojektes:

Kalkulation

Die Produktion von Multimedia erfordert allein durch die Vielzahl an Medien eine Fülle von unterschiedlichen Tätigkeiten. Im wesentlichen ist der Aufwand für folgende Teilbereiche zu kalkulieren:

Bevor man sich in ein multikatastrophales Abenteuer stürzt muß man sich im klaren sein, daß für alle erforderlichen Teiltätigkeiten die nötigen Geräte, Softwaretools und vor allem auch ausreichende Kenntnisse und Fertigkeiten erforderlich sind.

Professionelle Multimedia-Studios kalkulieren für eine Stunde Multimedia einen Aufwand von mindestens 50 Stunden für Gestaltung und Programmierung. Die Erstellung der Medien wie Grafiken, Klängen, Animationen oder gar Videos ist dabei noch nicht berücksichtigt. Selbstverständlich auch kein Lernaufwand.

Honorarrichtlinien

Ein Multimedia Honorarleitfaden, herausgegeben 1995 vom Hightext Verlag München, veranschlagt für die Produktion einer Multimediaanwendung je Stunde Laufzeit Kosten zwischen 10.000,- DM und 500.000,- DM je nach Medienqualität, Medienverfügbarkeit und didaktischer Qualität.

Gesamtkonzept

Basis für eine Kalkulation ist ein Gesamtkonzept des Projektes. Die Anzahl der zu gestaltenden Seiten sowie Anzahl und Umfang der benötigten Resourcen wie Grafiken, Sounds, Animationen, etc. müssen in groben Zügen festgelegt sein.

Aus didaktischer Sicht hilft ein klares Konzept nicht nur dem Autor bei der Strukturierung der zu vermittelnden Information, sondern auch dem Leser bei der Navigation durch dieselbe. Eine sinnvolle Methode zur Planung der Struktur ist ein Flußdiagramm wie im folgenden Beispiel:

Navigation

Design

Die alte Designregel „Weniger ist mehr“ gilt am Bildschirm mehr denn je. Mit Gestaltungselementen überfrachtete Bildschirme wirken unübersichtlich, ermüden und verstellen den Blick auf die wesentlichen Inhalte. Daher:

Seitenentwürfe

Grundlage für Design als auch für die Erstellung der Resoursliste sind Seitenentwürfe mit Kommentaren wie in den folgenden Beispielen. Sie stellen bei kommerziellen Projekten meist die Basis für die endgültige Kalkulation und Auftragsvergabe dar.

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See Graphic.

ORGANISATION

Grundlegende Einstellungen

Für die Wahl von Bildgröße und Farbtiefe, sowie für Umfang und Komplexität der verwendeten Resourcen müssen Sie abschätzen auf welchen Rechnern Ihre Anwendung laufen wird. Für eine allgemeine Distribution darf auch heute noch nicht über ein Bildschirmformat von 640x480 Bildpunkten und 256 Farben hinaus gegangen werden. Jede Steigerung der Qualität schränkt den Benutzerkreis ein, steigert den Speicherbedarf und verlangsamt die Anwendung. Die unangenehmste Einschränkung stellen die 256 Farben dar. Um Falschfarben beim Bildwechsel durch sogenannte Palettenkonflikte zu vermeiden ist ein erheblicher Zusatzaufwand erforderlich.

Auch das Speichermedium bzw der Distributionskanal wird bei dieser Entscheidung zu berücksichtigen sein. Als Datenträger kommt bei Verwendung von Multimediaelementen derzeit nur CD-Rom in Frage. Tragen Sie sich mit der Idee Ihre Anwendung über das Internet anzubieten, so bedenken Sie, daß bereits Grafiken und Videos in der Größe von 100kB Ladezeiten von mehreren Minuten verursachen.

Toolbook startet ab der Version 4 mit dem „Book Specialist“ der Ihnen bei diesen Einstellungen behilflich ist. Bei der „initial Book Structure“ können Sie nun Ihre bereits sorgfältig geplante Struktur eingeben und bekommen dann neben den Textfeldern auch gleich die grundlegenden Navigationselemente. Für eine freie Gestaltung wird man alle Strukturelemente abschalten und mit einem leeren Buch beginnen.

Verzeichnisstruktur

Falls Ihr Projekt nicht nur Selbstzweck am eigenen Rechner sein soll sondern über Datenträger weitergegeben oder auf einem Internetserver übertragen werden soll, ist von Anfang an ein sorgfältiger Umgang mit Dateien und Dateipfaden notwendig. Legen Sie ein Verzeichnis

Besonders wenn man die Arbeit im Team aufteilt ist diesbezüglich höchste Disziplin erforderlich. Anderenfalls riskiert man durch ein Datenchaos Fehler die erst nach Auslieferung der ersten CDs erkannt werden.

DISTRIBUTION

Datenträger

Die Installation eines Programmes ist der erste Eindruck, den der Anwender von einem Programm erhält. Ein gutes Installationsprogramm sollte daher optisch ansprechend gestaltet sein, einwandfrei funktionieren und auch für ungeübte Anwender einfach zu handhaben sein. Bei der Installation von Programmen unter Windows sind im allgemeinen folgende Vorgänge erforderlich:

Die professionellen Autorensysteme bieten dazu Tools an mit denen diese Aufgabe zuverlässig und komfortabel erledigt werden kann. Diese sind entweder im Lieferumfang enthalten oder können über das Internet bezogen werden. Eigenentwicklungen führen mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Ärger und Schadenersatzklagen, denn irgend ein Zielrechner wird bei einer fehlgeschlagenen Installation bestimmt zerstört.

Hier ein paar Tips zur Vorbereitung der Installation der endgültigen Version

Dieser Prototyp-Datenträger dient dann auch als Preßvorlage für eine Serienproduktion.

Internet

Für Multimediaprodukte die in HTML erstellt sind ist der einzig sinnvolle Weg. Grundsätzlich kann ein Internetbrowser auch HTML Dateien von einer CD lesen, doch ist dies eher unüblich. Normalerweise wird die HTML Datei samt allen Resourcen mit einem FTP-Tool (Shareware) auf den Internetserver übertragen. Selbstverständlich brauchen Sie dazu die entsprechenden Schreibrechte. Dann brauchen Sie noch möglichst viele Links auf anderen Webseiten die auf Ihre Anwendung weisen, sonst wird dieselbe niemand finden. Testen Sie noch ausführlich alle Pfade und Links Ihrer Anwendung und schon sind Sie mit Ihrer Botschaft an die Welt im Netz.

Neuron

Die Konversion einer Toolbookanwendung in HTML ist zwar grundsätzlich (mit vielen Einschränkungen) möglich, aber eigentlich nur für die CBT (Computer Based Training) -Version „INSTRUCTOR“ sinnvoll. Nur dort stehen vorgefertigte Widgets mit fertigem Java-Code in großer Zahl zur Verfügung.

Zielführender ist derzeit die Verwendung von „NEURON“ einem Plugin für die üblichen Internetbrowser. Damit können beliebige Toolbookanwendungen in ihrer gesamten Funktionalität per Internet verwendet werden. Näheres findet sich auf der Asymetrix Homepage (http://www.asymetrix.com).

Shockwave

Auch für „Director“ Dateien gibt es ein Plugin „SHOCKWAVE“ für die Internetbrowser. Eine direkte Konversionsmöglichkeit in HTML gibt es derzeit noch nicht.