Neues von der ADIM Wien
Martin Weissenböck
Schon in der letzten Nummer habe ich über Pläne des Familienministeriums über eine Änderung der Schulbuchaktion berichtet. Am 2. März 1998 fand in Wien eine Schulbuch-Enquete statt, bei der diese Pläne präzisiert wurden. Ich habe den Eindruck, daß wieder eine Chance zu einer substanziellen Reform vertan worden ist. Einige Highlights:
Nun wurde gesetzlich festgelegt, daß Schüler ihre Bücher der Schule zur Wiederverwendung zurückgeben dürfen. (Braucht man dazu ein Gesetz? Wer sein Eigentum hergeben will, konnte das schon bisher tun. Eine Verpflichtung wird sowieso daraus nicht abgeleitet.)
In der Liste der abzugebenden Bücher wird eine Spalte eingefügt, in der die Bücher einzutragen sind, die der Schüler am Jahresende zurückgeben wird. (Tolle Innovation!)
Bücher, die im Schuljahr 1998/99 ausgegeben werden, können erstmalig im Schuljahr 1999/2000 wiederverwendet werden. Die Ersparnis beginnt erst dann.
Der Selbstbehalt bleibt. (Da habe ich doch noch die Worte im Ohr, daß das ein Provisorium für ein Jahr war usw. Aber die jetzige Abgeordnete Moser hat die Versammlung leider vorzeitig verlassen.)
Der Selbstbehalt wird pauschaliert. (In der HTL geben wir im ersten Jahr viele Bücher, in der 5. nur noch ganz wenige aus. Ist das wirklich die beste Lösung?)
Das Pauschale gilt nicht für Repetenten. (Ich habe sicherheitshalber nicht nachgefragt, wie dann der Selbstbehalt berechnet wird.)
Die Bücher wurden um 6.5% billiger, da der Rabatt, den das Familienministerium nachträglich bekommt, nun gleich eingerechnet wird.
Dafür wurde das Limit um 6% gekürzt. Gewinn für die Schule: 0,5% (endenwollender Beifall!)
Bücher, die zurückgegeben werden, werden am Jahresende eingesammelt, überprüft, gelagert... Dabei wird erwartet, daß auch die Schüler mittun. (Und wo werden die Bücher gelagert? Und wer macht die Kontrolle? Wird das Ganze in der Schulzeit gemacht, findet kein Unterricht statt und allfällige MDL werden abgezogen. Dann machen wir es eben in der Freizeit... Da Lehrer in Zukunft nur für ihre unterrichtliche Tätigkeit bezahlt werden, bin ich schon neugierig, ob zusammen mit dem Erlaß eine Packung Motivations-Energy-Drink mitgeliefert wird.)
Mir ist nicht klar,
wie ich einen Schüler schon zu Jahresbeginn motivieren soll, bekanntzugeben, ob er auf das Schulbuch am Jahresende verzichten will;
wie ein Schüler überzeugt werden kann, ein Buch, für das er oder seine Eltern einen Selbstbehalt bezahlt hat, der Schule zu schenke;
warum in Zeiten wie diesen bei den Lehrern die große Motivation ausbrechen sollte, Bücher zu sammeln, zu überprüfen, zu katalogisieren usw.
Und hier ein alternativer Vorschlag, der schon deshalb keine Chancen zur Realisierung hat, weil er völlig unbürokratisch ablaufen würde, die Aktion wesentlich verbilligen würde und nichts mehr für eine verordnungswütige Regulierung übrig bliebe:
Das Limit zum Ankauf der Schulbücher wird um beispielsweise 10% oder 20% gesenkt. Spargedanke - ich denke, daß sich alle dem fügen würden.
Der Selbstbehalt, der ja nur mit großem Aufwand wirklich streng zu kontrollieren wäre, wird abgeschafft.
Die Schule (SGA?) bestimmt, welcher Teil des Schulbuchbudgets für Bücher ausgegeben werden soll, die bei den Schülern verbleiben, welcher Teil für die Schulbibliothek verwendet werden soll und wieviel für andere Materialien verwendet werden soll.
Die Approbationskommissionen werden abgeschafft. Wie soll auch eine zentrale Kommission über Material zu schulautonomen Ausbildungsschwerpunkten entscheiden können?
Statt der Gutscheine erhalten die Schulen Geld und kaufen auf dem freien Markt ein. Vielleicht werden dann einige Bücher teurer - aber die freie Marktwirtschaft regelt das sicher besser als eine von Kammern und Familienministerium besetzte Reform-Kommission, in der als Alibi auch ein Hauptschuldirektor (12 Klassen), eine Elternvertreterin und eine Schülervertreterin mitmachen dürfen
Alle anderen Bücher werden von den Schülern selbst organisiert - aus höheren Klassen oder im Buchhandel. Damit entsteht wieder ein Markt, die Bücher werden besser gepflegt. Verwaltungsaufwand an den Schulen in Sachen Wiederverwendung: Null.
Zur Abbrechnung der Fachbücher in den Anhanglisten zur Schulbuchaktion war trotz zweimaliger Frage nichts Konkretes zu hören. (Zur Erinnerung: Ende 1997 wurden Fachbuchautoren in einem merkwürdigen Schreiben der Bundeskammer aufgefordert, binnen weniger Tage zu erklären, ob sie bereit seien, in Zukunft nur mehr über den Buchhandel zu liefern, ohne daß dabei die genauen Konditionen auch nur angedeutet worden sind.) Eine persönliche Nachfrage nach Ende der Veranstaltung hat ergeben:
Auch die Fachbücher sollen über Gutscheine abgerechnet werden. (Gut. Ist eine Verwaltungsvereinfachung.)
Gutscheine können von Eigenverlagen nicht eingelöst werden , da diese keine Buchhandelskonzession besitzen. (Wie bitte? Ist die Vertragsfreiheit in Österreich abgeschafft worden? Kann das Familienministerium nicht Verträge abschließen, mit wem es will? Wieso konnten dann die Eigenverlage schon bisher direkt an die Schulen liefern?)
Durch die Lieferung an die Buchhandlung ersparen sich die Eigenverlage ja auch Arbeit. (Aber nicht wirklich - eine reichlich realitätsferne Sicht! Es ist doch der völlig gleiche Aufwand, ob ich ein Paket an eine Schule oder eine Buchhandlung sende. Und wer administriert die vertraglich geforderte Rücknahme von Büchern? Die Überprüfung der Bücher? Die Abrechnung und Rückverrechnung? Gerade in der EDV ändern sich die Inhalte sehr rasch - was soll mit unaktuellen zurückgegebenen Büchern geschehen?)
Die Fachbuchlisten sind eine Werbung für die Verlage. (Seit wann sind Beilagen zu Erlässen, seit wann sind amtliche Listen Werbung?)
Druck und Versand der Fachbuchlisten und z.T. der Gutscheine werden vom Buchhandelsgremium finanziert. (Jetzt ist natuerlich alles klar: wenn sich das Familienministerium seine Arbeit bezahlen laesst, begibt es sich in eine Abhaengigkeit und ist damit unter Druck zu setzen.)
Die Schulen sollen eben jene Bücher, die nicht über Buchhandlungen geliefert werden, aus dem 10%-Topf für sonstige Unterrichtsmaterialien bestellen und bezahlen. (Und reichen die 10%, wenn an einer Schule viele (noch) engagierte Lehrer ihre Unterlagen preiswert zur Verfügung stellen wollen? Ist dieser Topf nicht vor allem für alternative Medien (CDs, Videos usw.) gedacht?)
Dann sollen die Schulen eben schauen, daß die alternativen Medien in die Liste kommen. (Von da an habe ich überhaupt nichts mehr verstanden.)
Aber wenn es Probleme gibt, dann muß man eben darüber reden. (Ja - nur blieben vier Briefe an das Familienministerium schon bisher unbeantwortet.)
Werden diese Pläne umgesetzt, bedeutet das,
daß etliche Fachbücher nur mehr über den Buchhandel zu beziehen sein werden und damit um geschätzt 50% teurer sein werden oder
daß die Schulen diese Bücher aus dem 10%-Topf für sonstige Unterrichtsbehelfe anschaffen können und damit in ihrer Wahlfreiheit erst recht eingeschränkt werden.
Betroffene Autoren haben sich zu einer Interessensgemeinschaft Fachbuchautoren (IGFBA) zusammengeschlossen. Wir werden die Unterstützung der Lesergemeinde brauchen:
Wenn Sie uns
moralisch mit einer E-Mail unterstützen wollen,
oder bereits sind, Ihre Meinung dazu auch in Form von Briefen an die zuständigen Stellen, den Familienminister oder an die Presse auszudrücken,
oder wenn Sie darüber hinaus Ideen für die Öffentlichkeitsarbeit haben,
schicken Sie bitte eine E-Mail an igfba@adim.at oder eine Brief an die ADIM, Postfach 23, A-1191 Wien.
Ich beabsichtige, die Korrespondenz mit den betroffenen Stellen im Internet zu veröffentlichen.
Geplanter URL:
http://www.adim.at/igfba/