Lehrplandiskussion
Informatik an Pädagogischen Akademien Österreichs
Gerd Simon
Seit bald 15 Jahren gibt es an den 14 Pädagogischen Akademien neben den in die Haupt-/ Volks- und Sonderschullehrerausbildung integrierten EDV-Teil eine eigenes Drittfach Informatik. Die Absolventen dieser zwei bzw. vier Semester mit gesamt 12 Semesterwochenstunden umfassenden Ausbildung sind vor allem an Hauptschulen im Freigegenstand Informatik und als EDV-Kustoden eingesetzt. Dabei ist es auch bereits im Beruf stehenden Lehrern möglich, in Form eines zweisemestrigen Kontaktstudiums die Lehramtsprüfung Informatik zu erwerben. Seit dem Vorjahr wird die Ausbildung auch für AHS-Lehrer anerkannt, davor bekamen AHS-Lehrer nur eine Prüfungsbestätigung.
Nachdem der derzeitige Lehrplan nicht mehr dem Stand der Lehre entspricht und die Autonomie der Akademien verstärkt wurde, wird derzeit via Mailingliste per Internet ein neuer Rahmenlehrplan ausgearbeitet.
Dieser Rahmenlehrplan basiert (noch) auf der 12-stündigen Ausbildung, es sind aber starke Bestrebungen seitens der in der Ausbildung unterrichtenden Lehrer vorhanden, die zunehmende Bedeutung der Informatik an der Hauptschule zu berücksichtigen und das Dritt- auf ein Zweitfach auszubauen (etwa wie Hauswirtschaft).
Beachtet wird in Zuge dieses Entwurfes auch, daß die Studierenden die Kenntnisse für den Europäischen Computerführerschein erwerben können (Nähere Informationen zum ECDL unter http://www.ecdl.at/).
Dem untenstehenden Rahmenlehrplanentwurf Informatik liegen die Lehrplanentwürfe / Stellungnahmen folgender Akademien zugrunde:
PA Wien-Bund, PA Linz-Bund, PA Graz-Diözese, PA Burgenland, PA Krems.
Von der PA Wien-Strebersdorf ist inzwischen ein Lehrplanentwurf eingelangt, in den untenstehenden Rahmenlehrplan aber noch nicht eingearbeitet.
Der Entwurf enthält nunmehr auch eine Zielgruppendefinition und Einstiegsvoraussetzungen. Die meisten Akademien haben bereits vorgelagerte Ausbildungen, auch von der Schule her sollten bereits Kenntnisse da sein (entsprechend Modul 2 - Computerbenutzung und Betriebssystemfunktionen des ECDL) - die PA Linz-Bund scheint da noch weiter gehen zu wollen, d.h. auch Tabellenkalkulation und Präsentationssoftware vorauszusetzen, weil lt. Entwurf unter Anwendersoftware nur mehr Datenbanken gemacht werden.
Studienplan
Die Detailinhalte sollte die jeweilige Akademie autonom festlegen, auch den genauen Stundenumfang.
Grundlagen der Informationstechnologie (bisher: Math.-techn. Grundlagen)
Titel bewußt vom ECDL übernommen, Inhalte sollten darüber hinausgehen alternativen Titel „Theoretische Denkweisen und Grundzüge der Informatik (1)“ der PA Linz-Bund daher nicht übernommen
Anwendersoftware
Alternativtitel: Anwendungsorientiertes Arbeiten am Computer (1) / PA Wien-Bund: Ziel sollten alle im ECDL angeführten Detailkenntnisse sein, d.h. die Studierenden sollen bei Modul 3 - 6 sofort antreten können
Netzwerke und Kommunikationstechnologien
sollten in Zukunft noch mehr verstärkt werden (Kustoden!)
Enthält: Einführung in die Telekommunikation(1) - PA Wien Bund
Systemsoftware, Systemkomponenten; Hardware (1) + Telekommunikation (1) + Verteilte Systeme - Netzwerkadministration (2) - PA Linz Bund
Minimum wäre die Abdeckung des Moduls 7 (Informations- und Kommunikationsnetze) des ECDL, der damit vollständig erreicht wäre - ev. wäre hier noch der Titel zu ändern auf den ECDL-Modul-Titel
Multimedia
Alternativtitel: Einf. i.d. objektorientierte Programmierung (1) + Prakt. Arbeiten mit Multimedia (1) der PA Wien-Bund
Objektorientiertes Programmieren
Titel statt problemorientiertes Programmieren bewußt gewählt, hier liegt eigentlich der Hauptansatz für die Rahmenlehrplanänderung: der Anteil der Programmierung wird zurückgedrängt und sollte bei einer Studienverlängerung wieder vergrößert werden, inhaltlich kann aber gleich an Multimedia angeknüpft werden
Alternativtitel: Einf. i.d. objektorientierte Programmierung (1) - PA Wien-Bund
Algorithmen und Datenstrukturen - Problemorientiertes Programmieren (2) - PA Linz-Bund
Fachdidaktik
unverändert
Humanwiss. Aspekte
unverändert
Schulpraxis
hier sollte es einheitlich organisatorisch gelingen, mit 1 Stunde auszukommen
Sonstiges
Veranstaltungen wie Aktuelle Schwerpunkte (1) - PA Wien-Bund oder Vertiefungsveranstaltung Projektarbeit (2) - PA Linz-Bund würde ich gerne in einem eigenen 3./5. Semester sehen
Projektarbeit
Neu: nur mehr 1 Arbeit, auch als Teamarbeit, Beurteilung in einem Zuge mit der mündlichen LAP, beim schulischen Bezug möchte ich bleiben (aber schulisch kann ohnehin fast alles gesehen werden, es muss ja nicht unbedingt auf die Pflichtschule bezogen sein). Die Anforderungen an eine Projektarbeit habe ich annähernd von der PA Wien-Bund übernommen. Das Zusammenlegen von Präsentation der Projektarbeit und mündlicher LAP hat den Vorteil, das nur 1 Termin statt 2 gefunden werden ums. Es hat für mich nicht die Konsequenz, daß alle Teammitarbeiter zum selben LAP-Termin antreten müssen, wird halt die selbe Arbeit mehrmals präsentiert (= Stellungnahme zu Bedenken von Jakob Knöbl und Erich Deutsch / PA Burgenland).
Meiner Meinung nach sollten die im Rahmenlehrplan angeführten Regelungen an zumindest fast allen Akademien und Pädagogischen Instituten gleich sein, damit Studierende notfalls auch von einer zur anderen Ausbildungsinstitution wechseln können. In an der PA vorhandenen Hardware, Software, Vernetzung, Aktualität der Lehrinhalte, Qualität der Exkursionen, freien Übungsmöglichkeit, Telelearning, Betreuung per E-Mail, Freundlichkeit des Personals, Kooperationspartner etc. gibt es noch genug Möglichkeiten, Qualität zu zeigen.
Entwurf Lehrplan Informatik
Zielgruppen
Hauptzielgruppe: LehramtskandidatInnen und LehrerInnen, die Informatik an Pflichtschulen unterrichten (werden)
Für Teilbereiche (z.B. Betriebssysteme) LehrerInnen, die die Kustodenfunktion für Informatik an Pflichtschulen übernehmen (wollen)
Für Interessierte, die sich über die Standardanwendungen hinaus tiefer mit dem PC und der Informatik auseinandersetzen wollen
Für Teilbereiche (Grundlagen der Informationstechnologie, Anwendersoftware) LehrerInnen, die den Europäischen Computer-Führerschein erwerben wollen
Nach Massgabe freier Plätze LehrerInnen, die Informatik an anderen Schultypen unterrichten wollen
Bildungs- und Lehraufgabe
Aufbauend auf bereits vorhandene oder in Vorkursen zu erwerbende ausreichende Kenntnisse über PC-Handling, Tastatur, Bedienen einer graphischen Benutzeroberfläche und Textverarbeitung sollen die Studierenden den gegenwärtigen Stand der Informatik, insbesondere ihre Denk- und Arbeitsweisen, die vielfältigen Möglichkeiten ihrer Anwendung und die Perspektiven künftiger Entwicklung kennenlernen.
Sie sollen befähigt werden, Aufgaben so zu analysieren und darzustellen, daß sie mittels Anwendersoftware, bei Bedarf ergänzt durch Programmierung, gelöst werden können. Dabei sollen diese auch umgesetzt und dokumentiert werden. Die Studierenden sollen vertiefte Fertigkeiten im Umgang mit jener Hardware und Software erlangen, die es ihnen ermöglichen, die neuen Informationstechniken in ihrer Schule einzusetzen und den Europäischen Computerführerschein (ECDL) abzulegen.
Die Studierenden sollen darüber hinaus befähigt werden, beim Umgang mit und beim Einsatz von Informations- und Kommunikationstechniken kritisch auf das gesellschaftliche Umfeld Bezug zu nehmen.
Studienplan
Detailstudienpläne werden von jeder Pädagogischen Akademie / jedem Pädagogischen Institut autonom festgelegt innerhalb folgenden Rahmens und unter Berücksichtigung der Anforderungen des ECDL:
Hinweis: Drittfach mit Ausmaß 12 Stunden
Rahmenlehrplan Stundenverteilung
Spezielle Prüfungsordnung
Klausurarbeit Informatik
Die Klausurarbeit kann durch eine Projektarbeit mit schulspezifischer Thematik ersetzt werden. Die Arbeit ist mit Anwendersoftware zu realisieren, in die Multimedia- und Programmierelemente eingebaut sind. Alle Phasen des gesamten Ablaufs sind zu dokumentieren. Die Projektarbeit kann im Team geplant und durchgeführt werden. Die Grösse des Teams ist von der Themenstellung abhängig.
Die Arbeit ist spätestens bis zum Anmeldeschluß zur mündlichen Lehramtsprüfung auf Eignung hin vorzubegutachten.
Die Projektarbeit ist im Rahmen der mündlichen Lehramtsprüfung zu präsentieren und von zwei Gutachtern zu beurteilen.
Die Dokumentation (schriftlich) beinhaltet
Projektablauf und wesentliche Inhalte und Erfahrungen
Klare Beschreibung der Projektziele, des potentiellen Benutzerkreises, des Einsatzgebietes
Installationsanleitung
Einsatzmöglichkeiten im Unterricht
Ausdruck der Bildschirmseiten
Übersicht über die Programmstruktur
Programmcode
Von der Idee zum Programm (Beilage der Entwürfe und des fertigen Drehbuches)
Mündliche Schlußprüfung
Jeder Kanditat/jede Kanditatin erhält gleichzeitig zwei Fragen. Eine Frage bezieht sich auf den fach- und humanwissenschaftlichen Bereich, die andere auf den fachdidaktischen Bereich. Darüber hinaus präsentiert er/sie die Projektarbeit.
Bei jeder der beiden Fragen der mündlichen Schlußprüfung ist zwischen fachwissenschaftlichen und fachdidaktischen Inhalten ein Bezug herzustellen sowie auf die humanwissenschaftlichen Aspekte einzugehen. Als Vorbereitung wählt und studiert jeder Studierende je zwei Vertiefungsgebiete aus den o.a. zwei Bereichen, die Vertiefungsgebiete werden autonom festgelegt.
Gültig ab WS 1998/99
Dipl.-Ing. Gerd Simon, Informatik-Koordinator der pädagogischen Akademien Österreichs, gsimon@gewi.kfunigraz.ac.at, http://www.bulme.ml.org/~gsimon/