Inserat Technik-Lernen-Spielen

Computerspiele in der Grundschule

Gerd Simon (Mitwirkende: Dr. Mag. Heinrich Pichler, Ewald Dworak und Rudolf Flor)

Auszug aus einer Pädagogischen Tatsachenforschung der Pädagogischen Akademie Graz-Eggenberg an der Übungsvolksschule dieser Akademie

Bei vielen Lehrern und Eltern herrscht noch immer eine gewisse Berührungsangst im Umgang mit dem Werkzeug Computer vor. Die Entwicklung und Verbreitung neuer Informations- und Kommunikationstechnologien - insbesondere des Personalcomputers - schreiten jedoch sehr rasch voran. So stoßen Computer in Form der speziellen Spielcomputer (z.B. Nintendo) und PC-Computerspiele bis in das Vorschulalter vor. Untersuchungen zeigen, daß der primäre Umgang mit dem Computer bei Kindern und Jugendlichen zu verstärkter Motivation (Neugierverhalten?) führt und „alle Formen des computerunterstützten Lernens zusammengenommen (erzielen) leicht höhere schulische Leistungen als Standardunterricht“ (so das Resumee bei FREY, 1989, Seite 22). Die Individalisierung des Lernprozesses, die Selbstkontrolle in Form von individuellen Übungs- und Überprüfungsmöglichkeiten, die Deckung des individullen Lernbedarfs, die „diskrete“ Lernumgebung, das immer besser werdende didaktisch-methodische Potential werden dafür als Gründe genannt (vgl. dazu zum Beispiel SCHWEIGHOFER, 1992).

Aus den Ergebnissen des Modellversuchs TOAM an der Grundschule in Simmern (vgl. JÄGER/ARBINGER u.a. 1990, Seite 373-392), aus den Berichten von ARENHÖVEL (1991) und MONNERJAHN (1992, Seite 60-72) sowie aus der o.a. Metastudie „Auswirkungen der Computerbenutzung im Bildungswesen“ (FREY 1989) läßt sich ablesen, daß der Einsatz von Übungsprogrammen an der Grundschule besonderns erfolgsversprechend ist. Allerdings soll auch erwähnt werden, daß Übungseffekte hinsichtlich Verfügbarkeit und Transferierbarkeit eingeübter Kenntnisse und Fertigkeiten in übungsfernen Situationen eher vorsichtig zu beurteilen sind (vgl. MONNERJAHN 1992, Seite 61).

Neil POSTMAN prophezeit bereits 1983 in seiner Periodisierung der abendländischen Kultur und seines Erziehungswesens eine nachhaltige Veränderung des Überlieferten durch neue Medien. Kritiker beklagen, daß an die Stelle der traditionellen Kulturtechniken des Lesens und Schreibens nun immer mehr der Umgang mit den elektronischen Medien tritt (z.B. in: MAURER 1992, Seite 245). Deshalb ist es sicher eine Hauptaufgabe der Schule der Zukunft, bereits Kindern und Jugendlichen zu helfen, diese neuen Medien zu begreifen und zu nutzen. Dabei tragen Lehrer und Eltern zunehmende Verantwortung - auch im Sinne der Medienerziehung.

Allerdings sind die Befunde der medienpädagogischen Forschung durchaus widersprüchlich. Während einzelne Autoren die Faszination des PC für Kinder und Jugendliche als „Sucht“ beschreiben, welche zu Isolation, Inaktivität, Phantasielosigkeit, gesellschaftlichem Desinteresse oder zu einem Leben in irrealen Welten führt (vgl. GREENFIELD 1987), teilen andere Experten diese zivilisationskritischen Befürchtungen nicht. Die Studien von SPANHEL (1988 und 1990) weisen das Musikhören, das Treffen von Freunden, Fernsehen, Lesen und Sporttreiben nach wie vor als wichtigste Beschäftigung von Jugendlichen in der Freizeit aus.

Diese Polarität läßt sich in unterschiedlichen theoretischen Konzepten wie auch in Lehrer- und Elternauffassungen finden. Während ein Teil der Eltern und Lehrer eher Befürchtungen hegt, befürwortet ein anderer Teil eine frühest mögliche Beschäftigung mit dem PC, um einerseits die Kinder zu einem kritisch-emanzipatorischen Umgang mit dieser Informationstechnologie zu befähigen, andererseits Kinder frühzeitig für eine adäquate Computernutzung zu qualifizieren (vgl. EIGLER/SEEL 1992, Seite 5).

Im Rahmen dieses in den Studienjahren 1993 - 1995 durchgeführten Projektes wurden auch die unten angeführten Computerspiele eingesetzt. Der Gesamtbericht (108 Seiten) wurde 1997 von mir auf HTML umgebaut und ist unter http://www.pae.asn-graz.ac.at/uevs/de/uevs/ (nach Umstellung http://www.pae.asn-graz.ac.at/uevs/de/) abzurufen. Es ist jedoch geplant, im Zuge der Informatikausbildung die Softwareliste zu aktualisieren, Demoprogramme zum Download zur Verfügung zu stellen und Links zu den Verlagen und zu Softwarebeschreibungen anderer Volksschulen einzubauen.

Die Spiele sind großteils DOS-Versionen, jedoch in Hinbick darauf, daß oft den Grundschulen ältere Rechner “überlassen” werden, immer noch interessant.

tommytit.JPG An der Übungsvolksschule Graz-Eggenberg hat der Computereinsatz seine Fortsetzung im EU-Projekt “Tommy” gefunden. Tommy erlaubt das interaktive Erstellen von Aufsätzen vor dem Hintergrund gescannter Bilder z.B. als Tiergeschichten oder Reiseführer. Auch dieses Projekt soll im Internet vorgestellt werden.


Übersicht über verwendete und didaktisch geeignete Spiele

Im Internet ist jedes dieses Programme kategorisiert, mit Bezugsadresse versehen und von Studierenden kommentiert detailliert angeführt. Das bei den Kindern beliebteste Programm war eindeutig Mother Goose von Sierra Inc., bei dem in der Landschaft verstreute Gegenstände gefunden, mitgenommen und wo anders im Gelände befindlichen Besitzern zurückzubringen sind.

Folgende Kriterien können als Parameter für die Eignung von Spielen für den unterrichtlichen Einsatz angesehen werden:

Um Arbeitshaltungen, aber auch grundlegende Fertigkeiten und Fähigkeiten aufzubauen, bietet der Computer dem Volksschüler viele Zugänge und Realisierungsmöglichkeiten. Mannigfache Arbeitshaltungen und -weisen können über die Arbeit mit dem und am PC geschult werden:

Durch den Einsatz der Lernspiele, die an den jeweiligen Lernfortschritt individuell angepaßt werden können (z.B. Erarbeitung des schriftlichen Dividierens - Wiederholung und Festigung des 1 x 1 und der In - Reihen wie auch der Einsatz von neuen Lernspielen in Gesellschaftsspielform, die besonders für den Einsatz als Computerlernspiele geeignet waren), konnten wir erkennen, daß der gute Schüler generell in seinen Fähigkeiten und Fertigkeiten gefordert und gefördert wurde ( sofern das PC -Programm zusätzlich differenzierendes Übungsangebot bietet), der schwächere Schüler aber speziell auf seine Lernschwächen hin gefördert werden kann (durch zusätzliche grafische Veranschaulichungshilfen wie etwa im Elemath).

Die Möglichkeit der qualitativen, quantitativen und didaktischen Differenzierbarkeit durch dementsprechende individuelle Einstellung der Parameter gewährleistet einen optimalen Lernfortschritt des einzelnen Schülers in der Übungsphase. Durch denVorteil, all die angesprochenen Forderungen zu realisieren, ist der Computer gleichsam als das Medium schlechthin zur Realsisierung optimaler Individualisierung prädestiniert.

Konkret hat sich die Erhöhung der Rechenfertigkeit sichtbar in den Leistungen niedergeschlagen, die auf den jeweiligen Schüler abgestimmten Rechtschreibspiele haben eine Verbesserung der orthographischen Sicherheit gebracht. Besonders im Förderunterricht ist der Einsatz von gut differenzierend aufgebauten Lernspielen dann gut geeignet, wenn der Schwierigkeitsgrad in kleinen methodischen Schritten erhöht werden kann.Für den Lehrer ergibt sich durch den Computer der immense Vorteil, Defizite kontinuierlicher und rascher zu erkennen und daher durch die Früherkennung auch vorzeitiger therapieren zu können. Eine stärkere Kontrolle des individuellen Lernfortschritts scheint gegeben und gewährleistet.


Bezugsquellen

Spielesoftware für die Grundschule kann bei folgenden Verlagen bezogen werden:

Literatur

ARENHÖVEL,F., Computereinsatz in Übungsphasen. In: Grundschule, 23.Jg.(1991), Heft 1, Seite 44-46

ARENHÖVEL,F., Computereinsatz in der Grundschule, Verlag Auer, Donauwörth 1994

EIGLER,G./N.M.SEEL. Kind und Computer. In: Unterrichtgswissenschaft, 20.Jg.(1992), Heft 1, Seite 4-11

FREY,K.,Auswirkungen der Computerbenutzung im Bildungswesen. Ein Überblick über den heutigen Stand des empirischen Wissens. Publikation des Instituts für Verhaltenswissenschaft der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich, 1989

GREENFIELD,P, Kinder und neue Medien: Die Wirkung von Fernsehen, Videospielen und Computern. München 1987

JÄGER,R./R.ARBINGER u.a., Untersuchung der Akzeptanz einer Hard- und Software-Konstellation, dargestellt am Beispiel des Systems TOAM. Eine empirische Untersuchung an Schülern. In: Empirische Pädagogik. Zeitschrift zu Theorie und Praxis erziehungswissenschaftlicher Forschung, 4.Jg.(1990), Heft 4, Seite 373 bis 392

MASS,J. u.a., Computerspielebox: Empfehlenswerte Computerspiele, BMUK, Wien 1994

MAURER,H., Gras auf dem Mond? oder: Frauen in alle Gremien! Wien 1992

MAYER,G., Computer und Volksschule. Eine Bestandsaufnahme 1993. In: APS Pflichtschullehrer, 1993, Heft 4, Seite 5-7

MONNERJAHN,R., Lückenschließendes Lernen durch computerunterstützes Üben. Ein Bericht über Entwicklung und Einsatz eines Mathematik-Übungsprogrammes in der Grundschule. In: Unterrichtswissenschaft, 20.Jg.(1992), Heft 1, Seite 60-72

POSTMAN,N., Das Verschwinden der Kindheit. Frankfurt/Main 1983

SCHWEIGHOFER,K., Computer Based Training. Interaktives Lernen mit dem Computer aus pädagogischer Sicht. Linz, Wien, München, Bern 1992

SEYFRIED,E., The Computer as an impulse for teachers to reflect on their methods, A research project on the implications in elementary school, in: Knierzinger - Moser (Hrsg.), Proceedings of the IFIP Open Conference, Gmunden 1993.

SPANHEL,D., Neue Medien. Zur Bedeutung neuer Medien für Jugendliche aus entwicklungs-theoretischer und alltagsweltlicher Sicht. In: Unterrichtswissenschaft, 16.Jg.(1988), Heft 4, Seite 19-31

SPANHEL,D., Jugendliche vor dem Bildschirm. Neueste Forschungsergebnisse über die Nutzung der Videofilme, Telespiele und Homecomputer durch Jugendliche. Weinheim 1990(2)