Mikroelektronik
Herstellung integrierter Schaltkreise
Karl-Wilhelm Baier
Die Entwicklung der Mikroelektronik demonstriert die Leistungsfähigkeit der Halbleiterelektronik in eindrucksvoller Weise. Strukturgrößen von 350 Nanometern galten vor einigen Jahren noch als unerreichbar.
In der ersten Generation elektronischer Bauteile, die bis in die sechziger Jahre reichte, standen Bauelemente zur Verfügung, die jeweils nur eine einzige definierte Eigenschaft hatten: Spulen als Induktivitäten, Kondensatoren als Kapazitäten, Dioden als Gleichrichter, Widerstände, Transistoren als Verstärker.
Bei der Entwicklung einer Schaltung mußten die zur Verfügung stehenden Bauteile zu einem funktionsfähigen Gebilde entsprechend den einzelnen Kenndaten zusammengebaut werden. Da Transistoren und Dioden aus dem gleichen Werkstoff, Silizium oder Germanium, bestehen, begann man allmählich, viele gleichartige Bauelemente gemeinsam auf einer Scheibe herzustellen. Durch Auseinanderbrechen der Scheibe erhielt man dann wieder einzelne Bauelemente. Schließlich erkannte man die Möglichkeit, auch Widerstände und Kondensatoren auf Siliziumbasis herzustellen. Der Schritt, bereits eine komplette Schaltung auf einer Siliziumscheibe zu konzipieren, und diese Scheibe dann nicht mehr in einzelne Bauelemente zu zerbrechen, war dann nicht mehr weit.
Die auf diese Weise entstandenen integrierten Schaltkreise (IC von Integrated Circuit) hatten mehrere Vorteile:
wesentlich geringerer Raumbedarf,
geringeres Gewicht,
geringerer Herstellungsaufwand,
erhöhte Zuverlässigkeit, da weniger Lötstellen, und
deutlich geringere Herstellungskosten.
Erste, in Serie hergestellte IC hatten fünf bis sechs Transistorfunktionen. Insbesondere die drastisch sinkenden Herstellungskosten bewirken die Erschließung immer neuer Anwendungsgebiete für hochintegrierte Schaltungen. Dabei wird jedoch mit zunehmender Komplexität einer integrierten Schaltung ihre Funktion und damit zumeist auch ihr Anwendungsbereich immer spezieller. Infolgedessen bleiben die Stückzahlen dieser IC niedrig, die Kosten steigen damit aber wieder an. Ein IC, der dieses Problem umgeht, also ein besonders großes Anwendungsgebiet hat, ist der Mikroprozessor.
In den folgenden Abschnitten werden einige grundlegende Schritte, die zur Herstellung von integrierten Schaltkreisen nötig sind, beschrieben.
Es gibt zwei verschiedene Systeme:
bipolare Schaltungen und
MOS-Schaltungen.
Beide Schaltungen sind sog. „monolithische“ integrierte Schaltungen, d. h. alle Schaltungselemente und ihre Verbindungen werden in einem gemeinsamen Fertigungsprozeß (Planartechnik) auf einem einkristallinen Siliziumplättchen (Chip) hergestellt.
Bipolare Schaltungen arbeiten mit stromgesteuerten Transistoren, MOS-Schaltungen dagegen mit spannungsgesteuerten Transistoren. Da den MOS-Schaltungen der etwas einfachere Herstellungsprozeß zugrunde liegt, sollen nur diese beschrieben werden.
Benötigt man in einer Schaltung keine Induktivitäten, so kommt man mit einem einzigen Bauteil aus, dem MOS-Transistor (Metal-Oxide-Semiconductor). Je nach Verschaltung erhält man mit ihm eine Kapazität oder einen nichtlinearen Widerstand.
Zum besseren Verständnis des Herstellungsprozesses von MOS-Schaltungen sollen zunächst einige Grundlagen zur Transistorfunktion aufgezeigt werden.
Der n-Kanal-MOS-Feldeffekttransistor
In ein p-leitendes Gebiet werden zwei n-leitende Gebiete eingelassen. Man bezeichnet die beiden n-Gebiete mit Source (Quelle) und Drain (Senke). Auf diese Weise erhält man von links einen n-p-Übergang, von rechts ebenso, Abbildung 1. Wird nun an Source und Drain eine Spannung angelegt, so sperrt immer ein n-p-Übergang, unabhängig von der Polung der Spannung, d. h. bei Pluspol an Source sperrt der rechte n-p-Übergang, bei Minuspol an Source sperrt der linke n-p-Übergang.
Über einen dritten Anschluß, das Gate (Tor), läßt sich diese Sperrwirkung aufheben.
Ist das Gate gegenüber den dotierten Gebieten isoliert, so bewirkt eine dort angelegte positive Spannung ein Wegrücken der Löcher im p-Gebiet. Gleichzeitig werden Elektronen an die Isolierschicht des Gate gezogen. Es entsteht also unterhalb der Isolierschicht ein schmaler Kanal, der an positiven Ladungsträgern verarmt, mit negativen Ladungsträgern aber angereichert ist: Es bildet sich ein negativ leitendes Gebiet (n-Kanal).
Somit werden aus den n-p-n-Übergängen n-n-n-Übergänge. Es existiert keine Sperrschicht mehr; zwischen Source und Drain kann Strom fließen. Die Breite des n-Kanals, und damit die Größe des Stroms zwischen Source und Drain ist abhängig von der Größe der Gatespannung.
Auf diese Weise erhält man ein Bauelement, bei dem ein Stromfluß über eine angelegte Spannung gesteuert werden kann, den MOS-Transistor.
Herstellungstechniken
Es gibt verschiedene Methoden zur Herstellung von MOS-Transistoren. Als Beispiel sei die Aluminium-Gate-Technik mit n-Kanal beschrieben, zumal sich andere Techniken in ihren prinzipiellen Abläufen davon nicht unterscheiden. Ein CMOS - Prozeß kann auf dieser Basis leicht, durch Erweiterung der Prozeßschritte, erklärt werden.
Der MOS-Prozeß ist ein Planarprozeß, d. h. es werden alle Fertigungsschritte von der Oberfläche her durchgeführt. Zur Erläuterung der einzelnen Arbeitsabläufe dient Abbildung 2. Ausgangsmaterial für den MOS-Prozeß ist eine polierte p-dotierte (Hochtemperaturdiffusion mit BBr3-Bor) Siliziumscheibe mit einem Durchmesser von bis zu 200 mm und einer Dicke von 200-450 m (1µm =1/1000mm), der sog. Wafer. Im ersten Schritt wird auf diese Scheibe eine 0,3 µm dicke Siliziumdioxid-Schicht (Si02) aufgebracht. Dies geschieht in einem Oxidationsofen, in dem die Scheibe bis zu zwei Stunden einer feuchten, auf etwa 1000°C erhitzten Sauerstoff-Atmosphäre ausgesetzt wird. Als nächstes werden die Diffusionsgebiete für Source und Drain vorbereitet. Dies geschieht durch eine Maske 1, eine Photoplatte, die bis auf die Stellen, an denen sich Source und Drain befinden sollen, geschwärzt ist. Die oxidierte Scheibe wird mit einem Photolack versehen und durch die Maske 1 mit ultraviolettem Licht belichtet Abbildung 2-1.
Beim nachfolgenden Entwickeln und Wässern wird der Photolack an den belichteten Stellen abgelöst; an den unbelichteten Stellen bleibt er als Schutzschicht auf dem Wafer. Die so behandelte Scheibe taucht man einige Minuten in ein Flußsäurebad, in dem die nicht vom Photolack geschützte Siliziumdioxid-Schicht weggeätzt wird (Abbildung 2-2). Nach diesen Vorbereitungen können Source- und Drain-Gebiete hergestellt werden.
Zu diesem Zweck wird die Siliziumscheibe nach Entfernung des restlichen Photolacks in einem Diffusionsofen bei über 1000°C einer phosphorhaltigen Atmosphäre ausgesetzt (Diffusionsschritt). Während die Scheibe anschließend wieder einer feuchten, reinen Sauerstoffatmosphäre ausgesetzt wird, kann der Phosphor an den oxidfreien Stellen in das Silizium eindiffundieren (Abbildung 2-3).
In der p-dotierten Siliziumscheibe liegen jetzt die n-dotierten Gebiete für Source und Drain vor. Durch die feuchte Sauerstoffatmosphäre hat sich aber auf der gesamten Oberfläche eine neue Oxidschicht gebildet - 0,8µm (Abbildung 3-4).
Mit Hilfe einer Maske 2 wird das Oxid an den Stellen weggeätzt, an denen sich später die dünne Oxidschicht zur Isolation des Gate sowie die Anschlüsse für Source und Drain befinden sollen (Abbildung 3-5). Die Maske 2 muß in eine solche Lage gebracht werden, daß keine Verschiebungen zu den bereits durch Maske 1 aufgebrachten Strukturen auf der Scheibe entstehen. Dazu sind besondere Justiermarken auf dem Silizium und auf den Masken vorgesehen. Bei diesen Justiervorgängen muß mit bestimmten Toleranzen gerechnet und dies bereits beim Entwurf berücksichtigt werden. Man rechnet mit Justiertoleranzen bei 1m, welche infolge zu Überlappungskapazitäten führen. Unterhalb des Gate dürfen keine nicht steuerbaren Bereiche entstehen.
Nach dem Beschichten mit Photolack, Entwickeln, Wegätzen der Oxidschicht und Entfernen des Photolacks (Abbildung 3-6) werden die freigelegten Gebiete mit einer 0,12-0,04 m dicken Oxidschicht versehen. Diese Oxidschicht, die ja das Aluminium des Gate vom p-dotierten Silizium isolieren soll, muß sehr exakt hergestellt werden, da sie die Funktionsfähigkeit des Transistors beeinflußt. Ein Wegätzen der vorher an dieser Stelle vorhandenen Oxidschicht bis auf die gewünschte Stärke läßt sich kaum genau durchführen. Daher wird die gesamte Oxidschicht entfernt und eine neue Schicht exakt bis zur gewünschten Dicke aufgebaut.
Hinweis:
Durch die Oxidation verarmt der p-Bereich an Bor, sodaß eine Ionenimplantation mit Bor durch das Oxid hindurch durchgeführt wird. Mittels dieses Schrittes kann zudem die Schwellenspannung der Transistoren eingestellt werden.
In einem weiteren photolithographischen Prozeß entfernt man das Oxid mit Hilfe der Maske 3 (Abbildung 4-7) in den Kontaktlöchern der n-Gebiete (Abbildung 4-8). Anschließend wird die ganze Scheibe mit einer etwa 1m dicken Aluminiumschicht bedampft.
Abschließend wird photolithographisch mit Hilfe der Maske 4 (Abbildung 4-9) das Aluminium mit Phosphorsäure an den Stellen weggeätzt, an denen es nicht benötigt wird. Man erhält dadurch ein Aluminium-Muster auf dem Silizium, bestehend aus Verbindungsleitungen der einzelnen MOS-Transistoren, den Kontaktierungen für Sources und Drains, den Gates und den äußeren Anschlüssen (Abbildung 4-10).
Der vorgestellte Prozeß geht davon aus, daß sich Verbindungsleitungen nicht kreuzen. Ist dies nicht möglich, so bieten sich mehrere Verfahren an. z.B.:
Man bringt eine neue Oxidschicht auf und darauf erneut eine Aluminiumschicht. Auf diese Weise läßt sich eine zweite Leitungsebene schaffen.
Unterwanderungen mittels dotierten Siliziumbahnen
Um den Wafer vor mechanischen Beschädigungen bei der weiteren Verarbeitung zu schützen, wird eine letzte Oxidschicht aufgebracht und diese an den Kontaktierungsflächen für die Anschlußdrähte wieder entfernt.
Nach diesem letzten chemotechnischen Vorgang wird die Scheibe in einen Prüfautomaten gebracht. Dieser setzt Meßspitzen auf die Anschlußflächen einer Schaltung und testet sie mit Hilfe eines Computerprogramms auf ihre Funktionsfähigkeit. Stellt der Computer einen Funktionsausfall fest, erhält die fehlerhafte Schaltung eine Farb-Markierung. Dabei kann sich herausstellen, daß nur wenige Prozent der Schaltung den Funktionstest bestehen. Es ist dann aber sehr schwierig festzustellen, wo die Ursache des Ausfalls zu suchen ist. Daher spielen Kontrollen während des Herstellungsprozesses eine große Rolle. So untersucht man Oxidschichten unter dem Mikroskop mit Hilfe von Interferenzfarben. Man kann auf die Scheibe Teststrukturen bringen, die während der Herstellung gemessen werden. Auch visuelle Inspektionen werden an wichtigen Stellen der Fertigung durchgeführt.
Sind auf der Scheibe die funktionsfähigen Schaltungen markiert, so wird diese mit einem Diamanten geritzt und durch anschließendes Brechen in die einzelnen Schaltungen geteilt. Die funktionsfähigen Schaltungen werden in ein Gehäuse geklebt. Schließlich verbindet man die Anschlußdrähte von etwa 24 m Dicke durch Thermokompression mit dem Chip und verschließt das Gehäuse. Weiters gibt es noch “Ultraschallbonden” und das “Thermosonic-Verfahren” zur Einzeldraht-Kontaktierung und aber auch Komplettkontaktierungsverfahren.
Einige neuere Methoden und Größenordnungen:
Die Entwicklung von 256 Mbit/chip Speicherbausteinen demonstriert die Leistungsfähigkeit der Halbleitertechnologie. Strukturgrößen von 0,35m Weite (z.B.: die Kanallänge des FET), die noch vor wenigen Jahren bei Fotolithographieprozessen als unerreichbar galten, werden zur Zeit in der Produktion eingesetzt.
Folgende Verfahren haben außerdem Wesentliches beigetragen:
LOCMOS-Technik (und auch SPOT-Technik oder SILO-Technik u.ä.)
“Lokale Oxidation von Silizium” - das Wegätzen der Oxidschicht an den unerwünschten Stellen hat viele Nachteile und wird bei dieser Technik vermieden, was eine höhere Integration erlaubt.
SOI-Techniken
“Silicon on Insulator” - Diese Techniken vermeiden eine Verschlechterung der elektrischen Eigenschaften von MOS-Transistoren durch zunehmende Strukturfeinheit und verringern die parasitären Kapazitäten.
Spacer-Technik
dient der Optimierung von Dotierungsbereichen.
In Folge sehen Sie einen CMOS-Inverter hergestellt in der sogenannten “n-Wannen-Silizium-Gate Technik”, welche zur Erklärung diesen Rahmen hier allerdings sprengen würde.
PSG - Phosphorsilikatglas
Dieses dient der Abflachung von Kanten.
Dotierungstechniken
Bei der Herstellung von ICs geht man von einer vordotierten Siliziumscheibe aus. Diese Vordotierung ist möglich
beim Ziehen des Kristalls (Legierung) oder
durch Neutronenbestrahlung.
Beim erstgenannten Verfahren gibt man der erhitzten, zähflüssigen Siliziumschmelze den Dotierstoff (z. B. Phosphor) zu. Beim Ziehen des Einkristalls bauen sich die Dotieratome in das Kristallgitter des Siliziums ein. Man erhält dadurch einen ca. 1,50 m langen, bis zu 10 cm dicken Siliziumstab, der je nach Fremdatom p-dotiert oder n-dotiert ist. Durch scheibchenweises Absägen erhält man die zur Herstellung von ICs benötigten Wafer.
Bei der Neutronenbestrahlung wandeln sich die Siliziumatome des Isotops Si 30/14 durch Beschuß mit Neutronen in Phosphoratome um:
Si 30/14 + n — P 31/15 + e-.
Die damit erreichte Dotierung ist sehr gleichmäßig und läßt sich genau steuern. Ein Nachteil ist die verhältnismäßig geringe Häufigkeit des Siliziumisotops.
Beim Herstellungsprozeß müssen genau umrissene Gebiete (Source und Drain) dotiert werden; es wird also selektiv dotiert. Auch dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten:
Diffundieren,
Implantieren.
Die Dotierung durch Diffusion ist bereits vorher erläutert worden. Bei der Ionenimplantation werden elektrisch geladene Teile (Ionen) eines gasförmigen Dotierstoffs durch ein elektrisches Feld beschleunigt und in den Halbleiterkristall hineingeschossen. Dieses Verfahren ermöglicht im Gegensatz zur Diffusion eine besonders genaue Dosierung und Lokalisierung.
Herstellung der Masken
Sollen auf einem Siliziumplättchen von 5 mm x 5 mm Kantenlänge Hunderttausende von Transistorfunktionen verwirklicht werden, so setzt dies entsprechend feine Strukturen voraus. Hierdurch wird aber die Masken- und Phototechnik zu einem Problem. Den Ausgangspunkt für die Maskenherstellung bildet immer die Topographie einer Schaltung. Dies ist eine im Maßstab
100: 1 oder noch größer gezeichnete Vorlage der Schaltung. Diese Vorlage steuert ein Lichtzeichengerät.
Bei der photographischen Maskentechnik steuert die Vorlage ein Zeichengerät, das ein verkleinertes Abbild der Topographie auf einer Photoplatte wiedergibt. Man nennt diese Photoplatte „Reticle“ (Abbildung 7).
Das Reticle hat bei einem Maßstab von 10:1 noch immer eine Kantenlänge von 5 cm x 5 cm. In einer Wiederholkamera wird das Reticle noch einmal zehnfach verkleinert auf eine Photoplatte gebracht, die die Abmessungen des herzustellenden Wafers hat. Zusätzlich zur Verkleinerung lichtet die Wiederholkamera aber Topographie neben Topographie auf der Photoplatte, der sog. „Muttermaske“, ab. Auf dieser Muttermaske, von der Kopien als Masken im Herstellungsprozeß verwendet werden, finden mehrere hundert ICs Platz.
Mit Hilfe dieser Technik lassen sich nur Strukturen bei 1 µm herstellen. Verwendet man dagegen Elektronenstrahlen, so lassen sich Strukturen herstellen, die etwa um den Faktor 100 kleiner sind. Weiters gibt es noch die Röntgenstrahl-Lithographie, andere befinden sich in Entwicklung.
Entwurfstechnik
Bevor eine integrierte Schaltung hergestellt werden kann, muß eine Vielzahl von Schritten ablaufen, bei denen einige ohne Unterstützung durch Rechner nicht mehr möglich sind. Dies gilt besonders für IC mit mehreren hunderttausend Transistorfunktionen. Zu diesen rechnerunterstützten Schritten zählen besonders
die Entwicklung und Berechnung der Schaltung,
der geometrische Entwurf der Masken,
die Herstellung der Masken
Entwicklung und Berechnung der Schaltung
Anfangs ging man bei der Entwicklung von integrierten Schaltungen in althergebrachter Art und Weise vor:
1. Die herzustellende Schaltung wurde in bereits bekannte Teilsysteme zerlegt, die entsprechend verschaltet wurden.
2. Die Teilsysteme zerlegte man in Untersysteme, bis man auf der Ebene der Einzelbauelemente angelangt war (Schaltplan).
3. Die Dimensionierung der einzelnen Bauelemente wurde auf Grund ihrer Funktionen im Schaltplan berechnet.
4. Die gesamte Schaltung wurde mit Einzelbauelementen aufgebaut und auf ihre gewünschte Funktion getestet.
Bei Schaltungen mit 1000, 10000 oder mehr Transistoren ist es nicht mehr möglich, die Bauteiledimensionierung ohne Rechnerunterstützung durchzuführen. Auch der Probeaufbau der gesamten Schaltung mit diskreten Bauelementen würde wegen Geld- und Zeitmangels scheitern. Man ist daher dazu übergegangen, die entwickelte Schaltung vom Rechner simulieren zu lassen.
Die Entwicklung von Programmen zur Simulation von integrierten Schaltungen, die unter dem Begriff CAD zusammengefaßt sind, spielt daher eine große Rolle. Aus der Reihe derartiger Programme sollen zwei näher erläutert werden.
A) Netzwerkanalyseprogramm
Unter Netzwerkanalyse versteht man die analoge Simulation elektrischer Schaltungen; d. h. die einzelnen Bauelemente werden durch Modelle ersetzt. Es lassen sich dabei physikalische Modelle, mathematische Modelle oder Netzwerkmodelle zugrunde legen. Bei einem Transistor z. B.
interessiert nur seine physikalische Wirkungsweise, die sich durch mathematische Formeln angeben läßt. Mit Hilfe dieser Formeln und bestimmter Regeln, die die Zusammenschaltung von Bauelementen beschreiben (Kirchhoffsche Regeln), wird ein Gleichungssystem aufgestellt, das der Rechner (durch numerische Verfahren) lösen kann. Mit Hilfe der Modellgleichungen kann der Rechner die Ströme und Spannungen an allen interessierenden Punkten der Schaltung (Netzwerkknoten) berechnen.
Da die einzelnen Modellgleichungen zumeist schon recht komplexer Natur sind, sie enthalten z. B. gewöhnliche Differentialgleichungen, entstehen bei der Zusammenstellung mehrerer Modelle im allgemeinen gekoppelte Differentialgleichungen, die zur Lösung einige Rechenzeit benötigen.
B) Logiksimulationsprogramm
Bei diesem Programm geht man nicht mehr von einzelnen Bauelementen aus, sondern von der nächsthöheren Einheit, den digitalen Schaltelementen. Dies können einzelne Gatter sein oder bereits größere Einheiten, wie Flip-Flops oder Speicher. Die Funktion dieser Elemente wird durch Tabellen beschrieben.
Bei der Logiksimulation werden diese Tabellen entsprechend der Zusammenschaltung der digitalen Schaltelemente miteinander verknüpft.
Als Ergebnis der Rechnersimulation erhält man ein Signaldiagramm, aus dem zu ersehen ist, welches Signal die Schaltung auf ein bestimmtes Eingangssignal an ihrem Ausgang liefert, und welcher Zeitunterschied zwischen Eingang und Ausgang besteht.
Da bei der Logiksimulation keine Gleichungssysteme, sondern nur Listen verarbeitet werden müssen, liegt die Rechengeschwindigkeit wesentlich höher. Logiksimulationsprogramme können daher für Schaltungen mit bis zu 107 Gatterfunktionen eingesetzt werden.
Geometrischer Entwurf der Maskenvorlagen
Nachdem eine Schaltung entworfen, dimensioniert und durch ein Simulationsprogramm auf ihre gewünschte Funktion getestet wurde, wird eine sog. Grobtopographie entworfen. Dabei werden die ungefähre Lage der einzelnen Transistoren und ihre Verbindungsleitungen untereinander
festgelegt. Man wird dabei versuchen, die Elemente so anzuordnen, daß Verbindungsleitungen möglichst kreuzungsfrei gelegt werden können. Wo dies nicht möglich ist, muß entschieden werden, ob eine Kreuzung durch Diffusionsgebiete „unterwandert“ wird oder über eine zweite Aluminiumebene erfolgen soll.
Anschließend wird mit Hilfe der Bauelementedimensionierung und bestimmter Entwurfsregeln die Feintopographie erstellt. In der Feintopographie erhalten die Diffusionsgebiete, Leiterbahnen und Gates ihre notwendigen Abmessungen. Der nächste Schritt besteht nun darin, aus der Fein-topographie die Schaltzeiten zwischen Ein- und Ausgängen zu berechnen und mit denen aus der Logiksimulation zu vergleichen. Dies kann zu der Notwendigkeit führen, die Anordnungen einzelner Transistoren zu ändern.
Das endgültige Layout, die fehlerlose Feintopographie, wird dann in einer Datenbank gespeichert und dient schließlich zur Herstellung der Masken.
Die Zeichnung des Layout wird in erster Linie mit Hilfe von CAD durchgeführt, da die immer wieder nötigen Änderungen der Topographie an einem Zeichenbrett nicht bewältigt werden könnten. Da die Strukturen eines gesamten Layout in der Größe eines Bildschirms jedoch nicht mehr erkannt werden können, verwendet man zu Änderungsentscheidungen vergrößerte Ausschnitte des Layout, die von einem Plotter ausgegeben werden. Diese Ausschnitte ergeben, zu einem Ganzen zusammengefügt, Pläne in einer Größe von bis zu 50 m2. Dabei werden die Topographien für die verschiedenen Masken übereinander gedruckt, aber verschiedenfarbig dargestellt.
Da die meisten integrierten Schaltungen aus gleichartigen Elementen aufgebaut sind, die nur entsprechend der geforderten Funktion verschieden verschaltet werden müssen, werden häufig Strukturen von Gattern, Flipflops u. ä. in einer „Bibliothek“ des Rechners abgelegt. Bei einer Neukonstruktion können diese „vorstrukturierten Elemente“ abgerufen werden und brauchen nur noch entsprechend plaziert und untereinander verbunden werden. Dadurch können Entwicklungszeit und -kosten erheblich vermindert werden. Der Zeitraum zwischen Entwicklung und Herstellung einer hochintegrierten Schaltung liegt trotz dieser Vereinfachung üblicherweise bei vielen Monaten bis Jahren.
Entwurfstechnik an einem einfachen Beispiel
Es soll das Layout für ein statisches RS-Flipflop entwickelt werden. Zunächst muß man die gewünschte Funktion der Schaltung definieren.
Funktionstabelle RS-Flipflop
Frame 5173. Dabei ist t der Zeitpunkt der Ansteuerung eines Eingangs, t + 1 der Zeitpunkt danach.
Wird am S-Eingang eine Spannung angelegt so soll der Ausgang Q ebenfalls eine Spannung ausgeben. Der Zustand des Ausgangs soll erhalten bleiben, auch wenn die Spannung am Eingang S wieder entfernt wird. Erst durch kurzzeitiges Anlegen einer Spannung an den Eingang R soll der Ausgang Q in den spannungslosen Zustand kippen. Durch wechselseitiges Ansteuern der Eingänge S (set) und R (reset) ändert der Ausgang Q seinen jeweiligen Zustand. Man nennt eine solche Schaltung daher bistabile Kippstufe oder englisch Flipflop. Da der Ausgang Q seinen Zustand auch dann noch beibehält, wenn der entsprechende Eingangsimpuls selbst bereits wieder verschwunden ist, bezeichnet man ein Flipflop auch als digitales Speicherelement.
Die gewünschte Funktion des Flipflop läßt sich in einer Tabelle niederlegen, wenn man den Zustand „Spannung“ mit 1 bezeichnet, den Zustand „keine Spannung“ mit 0, Tabelle oben. Man muß nun versuchen, die geforderte Funktion mit Hilfe von bekannten Grundbausteinen der Digitaltechnik zu erfüllen. Eine einfache Lösung stellt eine Verschaltung von sog. NOR-Gattern dar,Abbildung 8.
Funktionstabelle für NOR-Gatter
Frame 5166Aus der Tabelle erkennt man, daß der Ausgang des NOR-Gatters 0 führt, sobald mindestens an einem Eingang E eine 1 angelegt wird. Die Funktionsweise der Schaltung nach Abbildung 8 läßt sich dann wie folgt beschreiben:
Beim Einschalten der Schaltung wird sich ein bestimmter, aber beliebiger Zustand einstellen. Angenommen, der Ausgang von NOR 2 führt 0. Die Eingänge R und S liegen ebenfalls auf 0. Da somit beide Eingänge von NOR 1 auf 0 liegen, führt dessen Ausgang eine 1. Diese 1 und die 0 vom Eingang R zwingen den Ausgang von NOR 2 auf 0. Der Ausgang Q liegt stabil auf dem Zustand 0.
Wird nun an den Eingang S eine Spannung angelegt, so führt der eine Eingang von NOR 1 den Zustand 0, der andere den Zustand 1. Der Ausgang von NOR 1 liegt somit auf 0. Die Kombination 0 und 0 an den Eingängen von NOR 2 läßt dessen Ausgang nun 1 führen. Die Eingangskombination von NOR 1 lautet daher 1 und 1; am Ausgangszustand dieses NOR-Gatters ändert sich nichts. Wird die Spannung am Eingang S wieder entfernt, so lautet die Eingangskombination von NOR 2 1 und 0; der Ausgangszustand bleibt weiterhin erhalten. Der Ausgang Q der Schaltung liegt auf dem stabilen Zustand 1. Durch Anlegen einer Spannung an den Eingang R der Schaltung laufen die Kombinationen umgekehrt ab, der Ausgang Q führt dadurch 0.
Man sieht, daß die Rückkopplung des Ausgangswertes auf die Eingänge wesentlich zur Speicherfunktion und Stabilität beiträgt.
Die Schaltung erfüllt also die Funktionstabelle des RS-Flipflop. Bei einer komplizierteren Schaltung wären solche Zustandsüberlegungen kaum noch möglich. Man würde daher an dieser Stelle die Schaltung berechnen und mit einem Rechner einen Logiktest durchführen. Ergibt sich daraus die Funktionstüchtigkeit der Schaltung, so müssen im nächsten Schritt die NOR-Gatter durch Transistorschaltungen ersetzt werden.
In Abbildung 9a erkennt man, daß der Ausgang Q beim Fehlen einer Eingangsspannung über den Widerstand mit Spannung versorgt wird. Er führt daher log. 1. Wird dagegen an wenigstens einem der beiden Eingänge EI und E2 eine Spannung angelegt, so schaltet der entsprechende Transistor durch; der Ausgang Q liegt direkt an 0 Volt, er führt log. 0.
Dieses Verhalten entspricht der Funktionstabelle. Durch entsprechende Verschaltung der Transistoren erhält man schließlich die Schaltung gemäß Abbildung 10.
Nach der Dimensionierung der einzelnen Bauelemente aus der Schaltung nach Abbildung 10 kann nun das Layout begonnen werden.
Dazu wird zunächst auf dem Bildschirm des Rechners die Topographie eines einzigen Transistors erstellt. Durch Verdoppelung bzw. Spiegelung und Neuplazierung auf dem Bildschirm erhält man eine Topographie mit allen notwendigen Transistoren. Diese müssen als Abschluß des Layout noch entsprechend Abbildung 10 mit Leiterbahnen verbunden werden, Abbildung 11 und 12