Français Un/Deux - Lernhilfe der multimedialen Art
Martin Schönhacker
"Der klassische Weg zur Fremd-sprache", so wirbt der Text auf der Rückseite dieser beiden CD-ROMs. Und tatsächlich wirkt vieles sehr vertraut. Etwa der Vokabeltrainer, in dem man - zu sehen in Bild 1 - beim Lernen selbst "Hand anlegen" kann. Aber mit dem langweiligen Lernen von Vokabeln ist es natürlich noch lange nicht getan, und man merkt bald, daß auch dieses Klischee durchbrochen wird und das Vokabel-lernen sogar Spaß macht.
Wie sich bald herausstellt, handelt es sich bei den beiden getrennt erhält-li-chen, aber zusammengehörigen CDs um eine gut gelungene Umsetzung der gleichnamigen Rowolt-Taschen-bücher. Der systhema-Verlag hat sich viel Mühe gegeben und auf jede CD ca. 90 Minuten Sprachausgabe ge-packt, die den vielfältigsten Zwecken dient.
Mehrere Lektionen (acht auf der er-sten, sechs auf der zweiten CD) wid-men sich diversen Bereichen des täg-lichen Lebens, wie zum Beispiel dem Fragen nach einem Weg oder sogar dem Streiten. Jede Lektion ent-hält zunächst eine Anzahl von Dialo-gen, die man sich nicht nur anhören, sondern auch ansehen darf. Zeichnun-gen mit synchron erscheinenden Sprechblasen verdeutlichen die zuge-hörige Schreibweise, und durch eine einfache Bewegung der Maus auf einen Text kann man sich die Über-setzung anzeigen lassen, während der Dialog noch läuft. Bild 2 ist eine Szene aus der allerletzten Lektion, in der Sprech- und Übersetzungsblasen zu erkennen sind.
Ehrensache, daß alles sich auf Klick wiederholen und beliebig oft anhören läßt - übrigens in durchaus guter Qualität, ohne lästiges Rauschen. Und auch in den Vokabellisten, die den zweiten Teil jeder Lektion bilden, kann man jederzeit auf einen fran-zö-sischen Be-griff klicken und sich die Aussprache so oft wie nötig zu Ge-müte führen.
Der dritte Teil einer Lektion nennt sich "Theorie und Praxis" und besteht aus einer bunten, aber durchaus di-daktisch sinnvollen Anordnung ver-schiedener Elemente. Es gibt relativ wenige Seiten mit reiner Theorie, zum Beispiel über unregelmäßige Verben oder über die Verwendung der bestimmten und un-bestimmten Artikel. Sobald aber diese notwendig-sten Dinge abgedeckt sind, beginnt schon wieder die Interaktivität. Man hat Lückentexte auszufüllen, hört sich Texte aus den Dialogen nochmals an und beantwortet dazu einige Fragen, um das Hörverständnis zu trainieren. Die Übersetzung ganzer Sätze ist ebenso gefragt wie das Lösen kleiner Kreuzworträtsel, und durch diese und viele andere Übungen festigt man den Vokabel- und Wissensschatz wirklich erstaunlich schnell.
Gewissermaßen die Krönung der praktischen Übungen ist aber eine Funktion, die es - Mikrofon voraus-gesetzt - erlaubt, kurze Texte sofort nach dem Anhören nachzuspre-chen und sich das Resultat zum Vergleich vorspielen zu lassen. Durch diese un-mittelbare Kontrolle kann man auch die Aussprache bis zu einem gewis-sen Grad wirklich selbst trainieren, was beim reinen Nachsprechen kaum möglich ist. Nur wenn man selbst nicht mit dem Sprechen beschäftigt ist, kann man zuhören, die eige-nen Fehler erkennen und auch korrigieren.
Nach jeder zweiten Lektion gibt es auch einen Test, der das bisher Ge-lernte nochmals zusammenfaßt. Wer beim Test keine Schwierigkeiten hat, kann sich getrost an die nächsten bei-den Lektionen wagen.
Das Programm wacht über den indi-vi-duellen Lernerfolg und verwaltet so-gar "Lesezeichen", eine persönliche Vokabelkartei und Notizen für bis zu fünf Personen. Hierbei handelt es sich erfreulicherweise um die einzige - minimale! - Menge Speicherplatz, die neben der optionalen Installation eines Startsymbols auf der Festplatte belegt wird. Der Ort ist allerdings nicht restlos optimal, denn der Fort-schritt findet sich in der ohnehin oft zu vollen Datei win.ini, während die weiteren Benutzerdaten in zusätzliche .ini-Dateien im auch nicht gerade unterbelegten Windows-Stammverzeichnis ausgelagert wer-den. Allerdings verschafft einem das auch den Vorteil, sich nicht entschei-den zu müssen, wo man die Daten auf der Platte unterbringen will
Eine besondere Erwähnung verdienen noch die knappen, präzisen Zusam-men-fassungen des Vokabel- und Grammatikwissens, die man über separate Menüpunkte in konzen-trier-ter Form abrufen kann. Dadurch wird der Kurs gewisser-maßen auch zu einem ersten Nach-schlagewerk für die Praxis, wenn man ihn erst einmal durchgearbeitet hat.
Alles in allem macht dieser mehrteili-ge Französisch-Kurs nicht nur wegen seiner schönen Aufbereitung viel Spaß, sondern erzielt nach persönli-cher Erfahrung des Rezensenten auch den erhofften Lernerfolg. Es gab beim Lernen keinen einzigen Absturz des Programms, was heutzutage fast schon als Seltenheit gelten darf, und durch die klare Struktur des Kurses kommt auch der typische Hypertext-Verwirrungseffekt ("Wo bin ich denn jetzt gelandet, und wie komme ich hier wieder weg?") nicht vor.
Einziger Wermutstropfen ist der doch signifikante Verkaufspreis, aber es wird auch etwas geboten. Nach Aus-kunft einer Person, die es wissen sollte, ist das Versprechen des Ver-lags, man kön-ne sich mit diesem Kurs auf das Volkshochschulzertifikat in Französisch und auf das "Diplome d'etudes en langue française, premier degré" vorbereiten, durchaus nicht aus der Luft gegriffen. Man lernt tatsächlich alles Nötige, ohne sich wirklich zwingen zu müssen, weil die Sache sehr spielerisch und natürlich funktioniert: Eine durchaus sinnvolle Investition für alle, die nach vielen versäumten Gelegenheiten nun end-lich Französisch lernen wollen.