Dolmetscher

Martin Schönhacker

Will man ein Übersetzungsprogramm beurteilen, so beginnt man erfahrungsgemäß am besten einfach mit dem Schreiben. Den ersten Absatz kann man dann heranziehen, um das Programm zu testen. Scheitert es an diesem Testtext kläglich, ist die Rezension mit Hilfe eines Zitats erledigt. Funktioniert alles wunderbar, genügt auch das Zitat. Alles in allem haben Übersetzungsprogramme also vor allem einen Nutzen: sie helfen dem Rezensenten bei der Arbeit.

Also, frisch ans Werk. Doch so einfach ist das gar nicht, denn immer wenn man unter Windows 95 mittels Alt-Tab in eine andere Anwendung — im konkreten Fall das Textprogramm — wechselt und dann mit dem gleichen Mittel wieder zurück will, hat sich PC-Dolmetscher unversehens vom Bildschirm verabschiedet und verblüfft durch Abwesenheit.

Wie weiteres Recherchieren ergibt, ist er dummerweise nicht wirklich weg, sondern nur mit verstecktem Fenster im Hintergrund untätig. Die Folgen sind fatal, denn ein nochmaliger Start ist schlicht unmöglich: Das im Hintergrund noch laufende Programm blockiert die Dateien, und das neu gestartete kann plötzlich auf nichts mehr zugreifen. Der beherzte Forscher tut also das Unvermeidliche und drückt Strg-Alt-Entf, um dem herumlungernden Prozeß nachhaltig das Lebenslicht auszublasen.

Nach dieser Einlage, nun mit dem Wissen bewaffnet, daß dieses laut Hersteller “für Windows 95 und NT” gedachte Programm nicht einmal eine simple Programmumschaltung übersteht, widmet man ihm eben notgedrungen seine ungeteilte Aufmerksamkeit und macht Notizen nicht im Nachbarfenster, sondern aus technischen Gründen auf einem guten alten Zettelchen.

Das Programm ist vom ersten Absatz dieser Rezension ziemlich verwirrt und moniert erst einmal, daß es nicht alle Vokabeln kennt. Nun gut, das sei verziehen, und von Hand werden die folgenden Übersetzungen nachgeliefert:

Mit diesen Zusatzangaben verwandelt das Programm den Text nun endlich in folgende Sammlung von Stilblüten (die eingeklammerten Zahlen sind vom Autor und werden nachher zur Erklärung verwendet):

Want estimate one a translation program (1), so begin one experiential at best simple with the letter. The first sale (2) can one then use, for to test the program. Miscarried it rueful at this test text, is carry (3) out the review with the help of a quotation. Works all wonderful, is enough also the citation. All at all (4) have programs for translation so above all a (5) benefit: she (6) help (7) the reviewer at work.

Wie man sieht, gibt es eine Vielfalt von Problemen. Bei (1) zeigt man sich ja noch erfreut, daß das Übersetzungsprogramm seine eigene Berufsbezeichnung übersetzen kann, aber das Mißverständnis bei (2), wo “Absatz” im kommerziellen Sinn als “Verkauf” verstanden wird, ist dafür ein völliger Schlag ins Wasser. Warum bei (3) keine Flexion erfolgt, bleibt ebenso rätselhaft wie das Fehlen der einfachen Phrase bei (4). In (5) geht die Betonung verloren (es sollte z.B. “one” heißen), bei (6) wäre anhand von “helfen” zu erkennen gewesen, daß “sie” nicht eine weibliche dritte Person Singular, sondern die 3. Person Plural ist, und “helfen” ist bei (7) von der flektierten (und korrekt übereingestimmten) Form unversehens zum Infinitiv verkommen.

Es ist nicht leicht, einen Verriß zu schreiben, aber in diesem Fall bleibt einem eigentlich keine Wahl, vor allem wenn bei weiteren Testläufen auch nichts Besseres herauskommt. Selbst wenn das Programm sich damit rühmt, durch Grammatikregeln erweiterbar zu sein, darf doch bezweifelt werden, daß dadurch Schlechtes gut wird. Außerdem wäre es billig, diese Aufgabe auf die Anwender abzuwälzen — ganz im Gegensatz zu der CD, die zu einem stolzen Preis keine Leistung zu bieten hat, auf die man stolz sein könnte. Schade!

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