Behinderte im Netz1

Mit neuen Kommunikationsmöglichkeiten
aus der Isolation heraus

Ursula Buttke2

Für viele Behinderte eröffnen sich völlig neue Wege der Kommunikation. Mailboxen und Online-Dienste sind wie geschaffen für die Randgruppen der Gesellschaft. DFÜ (Datenfernübertragung) ... eine Kommunikation ohne Grenzen, die weltweit genutzt werden kann.

Unabhängig von Behinderung, ob Blinde, Gehörlose, Rollstuhlfahrer, Spastiker, allen ist damit geholfen. Voraussetzungen für diese Art der Kommunikation sind das Beherrschen einiger Tastenkombinationen und die Bedienung der Tastatur. Es ist kein besonderes technisches Verständnis erforderlich.

Was braucht man nun um DFÜ betreiben zu können?

Als erstes natürlich einen PC, wobei ich sagen will, daß es dazu nicht unbedingt das allerneuste High-Tech-Gerät sein muß. Ein älteres, gebrauchtes und somit auch ein kostengünstigeres Gerät tut es auch. Dazu dann noch ein Modem als Bindeglied zwischen PC und Telefonleitung, sowie eine Kommunikationssoftware (Terminal-Programm). Diese Programme werden meist beim Kauf eines Modems mitgeliefert.

Eine kurze Erklärung zu DFÜ

Der Wunsch, Informationen über große Entfernungen zu schicken, also DFÜ ist relativ alt, denkt man zum Beispiel an Rauchzeichen, eine Frühform digitaler Nachrichtenübermittlung: Rauch ein, Rauch aus oder an Buschtrommeln, die grundsätzlich nach einem ähnlichen Prinzip arbeiten, wie die neün Geräte der Kommunikationstechnologie Modem.

Können nun wirklich alle Behinderte einen PC bedienen?

Nun, auch da gibt es inzwischen die verschiedensten Hilfsmittel. Es gibt auch Einhandtastaturen mit einrastbaren Steuertasten. Für Blinde gibt es Bildschirme an denen man den Text in Brailleschrift abtasten kann. Für Sehschwache gibt es Vergrösserungsprogramme, die Teile des Bildschrimes leichter lesbar machen - ähnlicher einer Lupe.

Mittlerweile gibt es auch schon sogenannte "Spracherkennungssysteme". Dank dieser Software schreibt der Computer sofort auf, was ihm per Mikrofon diktiert wird. Selbst Befehle wie "speichern" oder "kopieren" führt er auf Zuruf aus, ganz ohne Tastatur und Maus. Ebenso gibt es solche Spracherkennungsprogramme für Blinde, die das Geschriebene akustisch übersetzen. Das ganze läuft über einen Headsetter (Mikrofon und Kopfhörer in einem verbaut) und über eine Soundkarte.

Für Gehörlose, die kein Hilfsmittel dazu brauchen, ist dies ein ideales Medium, bei dem Hör- und Sprachprobleme keine Rolle spielen. Eine Chance für Hörbehinderte, deren Kommunikation im täglichen Leben oft sehr schwer ist, problemlos kommunizieren zu können. Da sie nicht in der Lage sind z.B. die Telefonauskunft oder die Zugauskunft anzurufen, gibt sich für diese Gruppe hier die Möglichkeit dies in T-Online (ehemals BTX) abzurufen. Ebenso kann man über T-Online sein eigenes Bankkonto verwalten, in Versandhäusern Waren bestellen und vieles mehr.

Die Benutzung einer Mailbox (elektronischer Briefkasten) ist nicht schwer. Es reicht in der Regel zu wissen, wie sie bedient wird. Die technischen Details der Funktionsweise interessieren meist nicht und sind für den herkömmlichen User (Benutzer) weiter auch nicht wichtig. Für die Bedienung gibt es inzwischen sehr komfortable "BenutzerInnen-Oberflächen". Ein paar Befehlswörter und Tastendrücke reichen, um die Funktionen nach und nach zu erlernen

Der Sprung in die DFÜ-Welt erfolgt meistens über die sogenannten Mailboxen, von denen es in jeder größeren Stadt welche gibt. Da diese Mailboxen meist private Hobbyboxen sind, ist der Pointbeitrag oft auch sehr gering. Die Gebühren schwanken zwischen 20 und 50 DM monatlich, oft auch weniger. Einige kleine Netze fordern von Behinderten oft auch keinen Beitrag. Es ist also bei weitem nicht so teuer, wie oft vermutet wird.

Da das Online-Telefonieren auf die Dauer recht teuer werden kann und es nicht möglich ist, alles zu lesen und zu beantworten, hat man die Möglichkeit Point zu werden. Das bedeutet, der Benutzer bestellt sich in seiner Mailbox Themengebiete die ihn interessieren. Da gibt es eigentlich alles vom Auto bis Zypern. Bei seinem Anruf, der nur wenige Minuten daürt, oft nur eine Telefoneinheit, werden ihm diese bestellten Nachrichten auf seinen eigenen Rechner überspielt. Ebenso seine "privaten Mails". Danach wird die Verbindung unterbrochen und alles kann in Ruhe gelesen und beantwortet werden, ganz ohne laufende Telefonkosten. So kann man auch Texte, die interessieren, ausdrucken und weiterverarbeiten.

Inzwischen gibt es auch schon eigene Netze für spezielle Behindertengruppen. So das BlindNet für Sehgeschädigte oder das HörNet für Hörgeschädigte. In diesen beiden Netzen geht es hauptsächlich, aber nicht nur, um Seh- bzw. Hörgeschädigte. Ansonst haben viele Netze behindertenspezifische Interessengebiete. Zum Beispiel stellt Ottmar Miles - Paul im CL-Netz in der Newsgroup (Interessengebiet) CL/Allgemein das ISL-Magazin zusammen. Nebenbei existieren dort auch noch die Gruppe /Behindert/Allgemein in der es sich um die unterschiedlichsten behindertenspezifischen Themen geht, während im /Behindert/Diskussion Fragen und Probleme erörtert werden können. Im /Behindert/Aktion werden die Leser über Ereignisse informiert, auf Veranstaltungen hingewiesen die Behinderte ansprechen. Auch in der HANDICAP-Gruppe im Maus-Net findet man viele Informatio
nen für Behinderte. Presseberichte, Erfahrungsaustausch, allgemeine Hinweise, Pflege- und Krankenversicherung, Handhabung und Erfahrungsaustausch von Hilfsmittel, Förderung zwischenmenschlicher Beziehungen durch Meetings, Veranstaltungen und die Publikation der Termine und vieles mehr. In der HANDICAP-TALK-Gruppe, dagegen geht es recht locker zu. Man unterhält sich da über Themen und Belanglosigkeiten auf eine oft lustige Art. Im FIDO ist es das Echo ABLED.GER das für Behinderte eingerichtet wurde. Noch Weiteres aufzuzählen würde hier aber den Rahmen sprengen.

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Via E-Mail kann man sich auch mit Verbänden und Fachleuten verständigen, Informationsdienste abfragen, die für viele sonst nicht erreichbar wären. Also sozusagen Information frei Haus. Neben diesen öffentlichen Kommunikationsmöglichkeiten kann man auch noch private Mitteilungen austauschen.

Doch nicht nur das ist es, was der Datendienst für Behinderte leisten kann. Es geht dabei nicht nur um die neue Möglichkeit der Kommunikation, sondern auch um die neue Arbeitsformen an behindertengerechten Telearbeitsplätzen. Behinderte arbeiten bereits heute von zu Hause aus am PC, als Bürofachkraft, DTP-Layouter, Information-Broker oder Kommunikationsfachmann.

Zum Schluß will ich noch kurz auf das Internet eingehen. Mit einem Mausklick den ganzen Wissensdurst stillen und mühelos durch das Internet surfen, das versprechen die Macher des Internets. Doch die Wirklichkeit schaut da etwas anders aus. Die Suche, in diesem großen und reichhaltigen Netz, nach den richtigen Informationen ist mühselig und zeitraubend. Anstatt zu surfen, droht der User in diesem chaotischen Info-Netzwerk zu ertrinken. Ich will damit nun niemand das Internet madig machen, aber für DFÜ-Anfänger ist es nicht besonders empfehlenswert. Die Kosten sind da auch enorm, ohne ISDN erst recht. Es geht da auch etwas anonym zu, während in den kleineren, überschaubaren Netzen oft ein familiärer Ton herrscht, woraus oft schon ganz persönliche Freundschaften entstanden sind.

Die Ausnützung der Möglichkeiten der modernen Datenübertragung können also in ihrer Mobilität eingeschränkten Personen sehr nützlich sein. Online-Dienste sind also hervorragend für die schnelle und effektive Kommunikation zwischen Behinderten und Nichtbehinderten geeignet. Eines allerdings meine ich noch: Die Kommunikation über Computer, per Datenfernübertragung soll und kann keine persönlichen Kontakte ersetzen. Vielmehr sehe ich das nur als Hilfsmittel und Werkzeug, mit dem wir unser Leben erleichtern können.