Sehen am PC

Susanna Hecht

Ich bin mir sicher, auch Sie – liebe Leserin/lieber Leser – waren schon einmal behindert. Vielleicht hat Sie eine große Einkaufstasche beim Erreichen einer Straßenbahn behindert oder ein offenes Schuhband (be-)hinderte Sie beim Gehen. Mich hindert eine Augenkrankheit daran, mehr als Umrisse und grelle Farben zu sehen. Ich mußte mich schon als Zehnjährige meinem sich verschlechternden Sehvermögen anpassen. Also besuchte ich nach einer „normalen“ Volksschule eine Sehbehindertenschule. Dort standen uns noch relativ wenige Hilfsmittel (außer Lupen und Tischlampen) zur Verfügung, besonderer Vorteil war neben der geringen Schülerzahl (wir waren sieben in der Klasse) die freie Platzwahlmöglichkeit. Ich rückte meinen Tisch so nah an die Tafel, bis ich davon ablesen konnte und - als das nicht mehr möglich war - durfte mir meine Sitznachbarin diktieren. Ich schrieb mit Filzstift und die Lehrer zogen mir die Linien in den Schulheften schwarz nach. Das erste Fernsehlesegerät war damals eine Sensation. Zur Berufsausbildung wechselte ich in das Bundes-Blindenerziehungsinstitut, wo ich nach einem Jahr Umschulung (Erlernen der Blindenschrift) eine zweijährige Ausbildung zur Stenotypistin absolvierte. Hier durften wir schon die ersten Speicherschreibmaschinen ausprobieren, die für Blinde aber keine besonderen Vorteile boten, da wir natürlich das Display nicht ablesen konnten.

Erst im Berufsleben bekamen elektronische Hilfsmittel eine große Bedeutung. Ein spezielles Lesegerät ermöglichte mir anfangs, den von mir in eine elektrische Schreibmaschine zu tippenden Text mitzulesen, indem eine Kamera genau auf die Stelle der Walze gerichtet war, wo die Typen anschlugen. Auf einen Bildschirm wurde der Text vergrößert wiedergegeben.

Mit meinem ersten PC brach eine neue Epoche für mich und meine Hilfsmittel an. Das Lesegerät hatte ausgedient, eine Braillezeile mußte angeschafft werden. Die Braillezeile zeigt mir immer die Zeile an, in der sich der Cursor gerade befindet.

Die Brailleschrift (also Blindenschrift) besteht aus maximal sechs (tastbaren) Punkten pro Zeichen. Eine BlindenschriftSchreibmaschine benötigt also nur sechs Tasten zum Erzeugen der Punkte, Leer-, Rück- und Zeilenschalttaste. Je mehr Punkte ein Buchstabe (bzw. Zeichen) beinhaltet, desto mehr Tasten müssen gleichzeitig gedrückt werden. Alle sechs Punkte stellen ein sogenanntes Vollzeichen dar und sind so angeordnet wie die 6 auf einem Würfel. Ein „a” besteht z.B. nur aus dem oberen linken Punkt.

Weiters habe ich einen Scanner, um gedruckte Texte für mich les- und weiterbearbeitbar zu machen. Ich scanne z.B. ein Schriftstück ein, konvertiere es in mein Schreibprogramm und kann es dann mit der Braillezeile lesen und bearbeiten. Mit dieser Ausrüstung bin ich in der Lage, meine Arbeit - wie ich hoffe - ebenso gut zu bewältigen wie meine Kolleginnen. Ich glaube, es ist für uns Behinderte doppelt wichtig, unsere Arbeit ordentlich erledigen zu können. Ich würde das Gefühl hassen, nur herumzusitzen und gelegentlich ein unwichtiges Konzept zu tippen.

Ich möchte mich auf diesem Weg bei den Mitarbeitern der Firma Baum Elektronik in Wien 10 bedanken, die nicht nur meine Hilfsmittel geliefert und angeschlossen, sondern mich sehr gut darauf eingeschult haben und mir auch heute noch mit Rat und Tat zur Seite stehen, wenn ich ein Problem habe. Weiters bedanken möchte ich mich bei den Kostenträgern, die durch die Übernahme der.Kosten meiner Geräte eine so gute Arbeitsplatzausstattung erst möglich gemacht haben.