Mein Arbeitsplatz

Christine Kahlert

Mit Hilfe der Informatik sind blinden Menschen Möglichkeiten erschlossen worden, die ihnen bisher verwehrt waren. Es ist jetzt mittels Texterkennungsprogrammen möglich, jedes im Buchhandel erhältliche oder in Bibliotheken befindliche Druckwerk lesen zu können, was vorher nur mit Brailleschriftbüchern oder Tonkassetten möglich war. Auch der Kontakt mit Behörden ist nun wesentlich einfacher, da auch Formulare eingescannt und selbständig ausgefüllt werden können.

Ich arbeite seit ca. drei Jahren ehrenamtlich in einer Firma mit, die verschiedene Hilfsmittel für Blinde anbietet. Ihr Schwerpunkt liegt vor allem bei Lesegeräten und Arbeitsplatzausstattungen. Diese Geräte, die für mich zu unentbehrlichen Hilfsmitteln im täglichen Leben geworden sind, werden auf Wunsch Interessenten, u.a. auch auf entsprechenden Fachmessen, vorgeführt.

Eines der wichtigsten Hilfsmittel ist das sogenannte Lesephon. Es zeichnet sich durch hohe Erkennungsqualität und eine sehr gut verständliche Sprachausgabe aus. Es kann als reines Vorlesegerät eingesetzt werden, ist aber auch jederzeit auf vollen PC-Betrieb aufrüstbar. Es besteht derzeit aus einem Pentium 166 (Desktop, auf Wunsch aber auch Tower), einem Scanner (derzeit HP 5P) und der Novotech-Sprachausgabe, die als Software oder als Sprachkarte integriert werden kann. Ich bevorzuge die Hardwarelösung mit Sprachbox, da ich diese auf mehreren PC’s einsetzen kann. Nach dem Einschalten des Computers wird das Lesephonprogramm automatisch gestartet. Ein Blatt Papier oder ein Buch wird auf den eingeschalteten Scanner gelegt, und mit der Eingabetaste auf der PC-Tastatur wird der Ein- und Vorlesevorgang gestartet. Helligkeit, Spalten und Blattlage werden automatisch erkannt. Es dauert einige Sekunden, bis das Programm das eingescannte Bild in Text umgewandelt hat und dann gleich vorliest. Die Qualität der Erkennung richtet sich nach der Vorlage. Bunte Drucke oder sehr schlechte Kopien werden mehr Fehler aufweisen als normaler Buchdruck. Diese Eintastenautomatik ist die einfachste Variante des Lesephons. Das Lesephon kann aber auch Seiten und ganze Bücher speichern, lässt auch das Korrigieren von Texten zu und hat schliesslich eine eigene Bibliotheks- und Dokumentenverwaltung. Auch muss man sich nicht mit den automatischen Einstellungen von Spalten, Kontrast, Helligkeit oder Auflösung zufrieden geben. Alles kann verändert, bei Bedarf für jedes Dokument einzeln gespeichert und auch wieder geladen werden.

Wird das Vorleseprogramm verlassen, so gibt es zwei Möglichkeiten, den PC unter DOS zu bedienen, die aber auch gemeinsam genützt werden können. „Bam Plus“ ist das Bildschirm-Auslesemodul der Firma Novotech aus Konstanz, die im Osten Österreichs von der Firma Kunnert OCR. vertreten wird. Dieses Programm liest den Bildschirminhalt vor. Es kann so konfiguriert werden, dass es genau die Informationen ausgibt, die gerade benötigt werden, z.B. unter Microsoft Word 6.0 für DOS. Für Brailleschriftfans ist aber eher die zweite Möglichkeit zu empfehlen, das Alva-Braille-Terminal, eine Brailleausgabe-Zeile, die mit 20, 40 und 80 Zeichen angeboten wird. 20 Zeichen sind unter DOS eine Hilfe, aber zu empfehlen wäre ein Ausgabegerät mit mindestens 40 Zeichen. Dieser Bildschirmausschnitt wird auf der Braille-Zeile in Brailleschrift ausgegeben. Die Brailleschrift besteht am Computer aus 8 miteinander kombinierbaren Punkten, mit denen alle 256 ASCII-Zeichen dargestellt werden können.

Die Zeile wird über den Bildschirm bewegt und so nach und nach dessen Inhalt erfasst. Softcursoranpassungen, wie z.B. bei MS Word für DOS sind mit zwei Handgriffen möglich, da springt der Cursor dann sofort auf die jeweils unterlegte Stelle. Ich arbeite mit dem Alva Braille-Terminal auch in Datensicherungsprogrammen, wie „Colorado Backup“ für DOS. In vielen Fällen ist es ideal, Braille- und Sprachausgabe miteinander zu kombinieren, da oft der Bildschirminhalt so rascher erfasst werden kann.

Ausser dem Lesephon arbeite ich auch mit einer anderen Texterkennung, namens „Recognita“. Sie ist auch menügesteuert und kann auf jedem PC aufgesetzt werden. Das Lesephon ist von jedem Interessierten, auch wenn er keine PC-Erfahrung besitzt, leicht zu handhaben. „Recognita“ erfordert schon geringe Vorkenntnisse auf dem PC und ist auch in der Erkennung nicht ganz so verlässlich, allerdings beherrscht dieses Programm eine Menge Fremdsprachen und Zeichensätze.

Die bis jetzt vorgestellten Programme arbeiten ausschliesslich unter DOS.

Für die Arbeit unter Windows sind wieder andere Programme notwendig, da sie die grafische Oberfläche nach Möglichkeit für Blinde in Text ausgeben sollten. Das Programm, das von Kunnert OCR angeboten wird und das auch ich verwende, nennt sich „Insight“ und löst seine Aufgabe je nach Windowsanwendung recht gut. Es arbeitet mit verschiedenen Braillezeilen und Sprachausgaben, ich bevorzuge die Variante Alva und Infovox (bzw. Novotech). Windowselemente, wie Dialogfelder, Menüs, Fenster etc. können auf der Zeile in Kurz- oder Langtext dargestellt oder von der Sprache vorgelesen werden. Mit dem Nummernblock der PC-Tastatur wird auf dem Bildschirm navigiert und in vielen Fällen die Mouse ersetzt. Mouseklicks sind auch mit den sogenannten Cursorrouting-Tasten der Braillezeile ausführbar. Diese Cursorrouting-Elemente befinden sich über der Textausgabe der Zeile und können mittels Druck auf die entsprechende Stelle den Cursor sofort auf diese setzen (auch unter DOS möglich und sehr praktisch). „Insight“ bietet die Möglichkeit, verschiedene Darstellungen mit verschiedenen Stimmen bzw. Unterlegungen auf der Zeile auszugeben. So wird z. B. die Stelle oder das Wort, wo sich der Focus befindet, mit Punkt 7 unterlegt und mit erhöhter Stimme angesagt. Schliesslich ermöglicht eine Layoutkontrolle genaue Feststellung der Schriftart, Schriftgrösse, Position oder des Textattributes, wie fett, unterstrichen etc. Auch mit Unterstützung einer Soundkarte kann gearbeitet werden.

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Seit etwa vier Monaten arbeite ich auch mit Windows 95 und dem Zugangsprogramm Outspoken, das die gleichen Vorteile wie Insight aufweist.

Die Arbeit unter Windows wird aber dennoch immer mit Schwierigkeiten verbunden sein, da sich leider viele Programmhersteller, wie z.B. CD-ROM-Produzenten, nicht an die Windowsstandards halten.

Oft sind Anwendungsprogramme auch nicht kompatibel mit diesen speziellen Zugangsprogrammen, was auch zu Schwierigkeiten oder Systemabstürzen führen kann.

Als zusätzliche Ausgabegeräte verwende ich noch zwei Drucker, einen für Schwarzschrift (HP Deskjet Portable) und einen für Braille (Index Basic d). Bei einem Brailledrucker werden die Braillepunkte von unten auf das Papier geprägt, was kein geringes Geräusch verursacht (und den Nachbarn grosse Freude bereitet). Mit den Druckern werden aber auch Schallschutzhauben mitgeliefert.

Ernst Kunnert OCR

    *    Dominik-Wölfelg. 3/5. 1210 Wien

    (    01-258 75 85

    E*    kunnert.ocr@netway.at

Ich glaube, dass uns Blinden der Computer neben vielen Nachteilen (Entwicklungstendenz zu immer mehr grafischen Oberflächen, wie z.B. bei Telefonanlagen) auch viele Vorteile gebracht hat und uns die Kommunikation mit der sehenden Umwelt beträchtlich erleichtert.

Besprochene Geräte

ALVA Braille Terminal

320    23-zeilige Braillezeile
340    43-zeilige Braillezeile
380    85-zeilige Braillezeile

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outSPOKEN

Graphisches Bildschirmleseprogramm, das eine schnelle und problemlose Arbeit mit der Braille-Zeile ermöglicht. Mit diesem Softwarepaket werden die Angaben auf dem Bildschirm in Braille-Schrift und/oder Sprache wiedergegeben. outSPOKEN arbeitet mit allen Windows-Versionen.

ALVA

    *    Leemansweg 51 NL-6827 BX Arnhem

    (    +31-26-384 1384, FAX: 384 1300

    E*    info@alva-bv.nl

    c    http://www.alva-bv.nl

Basic-D

Zweiseitiger Braille-Printer

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INDEX

    *    Box 155 S-954 23 Gammelstad

    (    +46-920-57135, FAX: 57249

    E*    info.brl@braille.se


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