TGM, Abteilung Elektronik

Mikrocontroller-Ausbildung auf Basis des C167

Walter Riemer

Im Technologischen Gewerbemuseum (TGM), genauer: in dessen Abteilungen für Elektronik (Tagesschule und Abendschule) ist seit vielen Jahren der Microcontroller-Unterricht eine Säule der Ausbildung, bisher mit dem Schwerpunkt 8051(C500)-Familie.

Der Übergang zu einem 16-bit-System wird seit einigen Jahren immer wieder besprochen, wurde aber bisher wegen des Mangels an geeigneter Hard- und Software nicht generell vollzogen

Der Unterricht an einer HTL muß, speziell in den unteren Jahrgängen, zweifellos ein Grundlagenunterrichts im weiteren Sinn sein; eine spezialisierende Vertiefung kommt frühestens im vorletzten, vor allem aber im letzten Schuljahr in Frage.

Grundlagenunterricht kann nur für alle Schüler einer Klasse gemeinsam stattfinden. Dies erfordert auf dem Gebiet der Microcontroller eine entsprechende Hard- und Softwareausrüstung, mit der alle Schüler gleichzeitig (allenfalls in Gruppen von höchstens zwei Schülern, vorzugsweise aber jeder für sich) in der Lage sind, sich übend in die Materie einzuarbeiten. :

1    Zielhardware ist seit kurzem einigermaßen erschwinglich (Starter-Kit C167CR pro Stück rund S 2400,— einschließlich Mehrwertsteuer). Jedem von zum Beispiel 25 Schülern diese Zielhardware zur Verfügung zu stellen ist trotzdem recht teuer und macht auch ihre Pflege wegen der hohen Stückzahl etwas schwierig (die Geräte gehen ja doch im Schülerbetrieb leicht kaputt).

2    Die Software ist durchwegs mit Hardwareschutz versehen und kostet pro Lizenz schon so viel wie die Zielhardware für größenordnungsmäßig 15 Schüler. Gratis ist nur die Demo-Software, die allerdings Einschränkungen unterworfen ist.

Der Autor hat sich im Schuljahr 1997/98 die Aufgabe gestellt, die Möglichkeiten, die C166-Familie im Unterricht breit einzusetzen, zu evaluieren und nach Aussprechen einer Empfehlung der einzusetzenden Ressourcen auch ein auf die bedürfnisse einer HTL zugeschnittenes Skriptum zu verfassen.

Hinsichtlich der Zielhardware fällt die Entscheidung nicht schwer: der Phytec-Starter-Kit ist derzeit schon aus Preisgründen konkurrenzlos.

Wesentlich schwieriger ist das Festlegen geeigneter und verfügbarer Software. Wir gehen dabei von den Erfahrungen aus dem 8051(C500)-Unterricht aus:

1    Die Schüler müssen sich in kleinen Schritten und sehr stark praxisorientiert einarbeiten können.

2    Die verwendete Software muß absolut verläßlich und stabil sein und sollte übersichtlich und leicht durchschaubar sein.

3    Simulation am PC mit Trace-, Watch- und ähnlichen Debug-Hilfsmitteln auf Source-Code-Ebene (in C und in Assemblersprache) ist unumgänglich.

4    Anfangs muß der Schwerpunkt im Programmieren liegen; erst später können Programmentwicklungstechniken (Make, Parametrierung der Dienstprogramme wie Übersetzer und Linker) vermittelt werden. Für das Programmieren müssen daher für die Schüler maßgeschneiderte, problemlos anwendbare Abläufe vorbereitet sein (Batch-Files, vorgegebene Make-Files u.dgl.).

5    Bedingt durch die Omnipräsenz der WINDOWS-Computer kann man die Schüler heutzutage schwer mit DOS-Abläufen motivieren (obwohl die Entwicklungstools wie Übersetzer, Linker u.dgl. überwiegend DOS-Programme sind). An einer WINDOWS-Entwicklungsumgebung führt daher kaum mehr ein Weg vorbei.

6    Wenn auch das Erlernen der Programmiertechnik auf Simulation basiert, ist doch auch das Ablaufen der Programme auf der Zielhardware zeitweise wünschenswert. Es ist daher die Entwicklungs- und Simulations-Software auf allen Arbeitsplätzen eines EDV-Saals erforderlich; dazu sollten noch etwa 10 Starter-Kits samt zugehöriger Emulations-Software zur Verfügung stehen.

7    Wenn auch industrielle oder gewerbliche Projekte heute vorzugsweise in C realisiert werden, sollte man nicht übersehen, daß die Maschinensprache speziell Personen, die sich zum ersten Mal mit einem Mikrocontroller konfrontiert sehen, schneller Einblicke in die Architektur erlaubt und daraus resultierende Kenntnisse auch für den C-Programmierer unumgänglich sind.

8    Den Schülern sollten Übungsmöglichkeiten zumindest softwaremäßig auch auf ihren eigenen Computern zu Hause geboten werden.

9    Nicht alle in Frage kommenden Lehrer sind in der Lage, sich intensiv in die Materie einzuarbeiten, weil sie ihre Schwerpunkte auf anderen Gebieten haben. Die für die Schüler konzipierten Unterlagen sollen auch diesen Kollegen helfen, sich so weit zu informieren, daß sie ihren Schülern an die Hand gehen können.

Beim Vorbereiten des Unterrichts kann der Systematik und dem Zerlegen in kleine Schritte gar nicht genug Aufmerksamkeit gewidmet werden. Kreisen „aus der Praxis“ klarzumachen, daß die Schüler ja nur ein- bis zweimal pro Woche für je zwei Stunden mit der Materie befaßt sind (und nicht 38 Stunden pro Woche), daß sich dies über ein bis zwei Semester hinzieht und die Schüler keine Motivation aus einem für sie unmittelbar erkennbaren Nutzen (wie etwa einem Gehalt) ziehen können, ist für die Lehrenden nicht immer ganz leicht. Motivationsmöglichkeiten liegen eigentlich ausschließlich darin, daß den Schülern laufend kleine Erfolgserlebnisse geboten werden und Frustration möglichst vermieden wird (bzw. nur kurz anhalten darf).

Es genügt also nicht, den Schülern Hard- und Software samt zehn Kilogramm Handbüchern hinzustellen und sie sich selbst zu überlassen. Vielmehr brauchen Sie eine präzise Führung und Unterlagen, die weder zu weit in Detail gehen noch allzuviele Probleme offenlassen; die Originalunterlagen erfüllen diese Anforderungen praktisch nie. Aus den vorstehenden Überlegungen ergeben sich folgende Konsequenzen:

1    Für den grundlagenorientierten Microcontroller-Unterricht sollten die Demo-Versionen der Entwicklungssysteme von TASKING bzw. KEIL ausreichen. Diese sind unlizensiert und können auch den Schülern für zu Hause mitgegeben werden.

2    In der Schule wenigstens ist die komplette Dokumentation der Entwicklungssysteme samt zugehörigen Dienstprogrammen mehrfach vorrätig zu halten. Auszugsweise und pädagogisch orientierte Zusammenfassungen müssen den Schülern in Form von Skripten oder anderen „Blättern“ zur Verfügung stehen.

3    In der Schule sollten für weiterführende Projekte (auch im Zuge der Maturavorbereitung) einige Lizenzen der Vollversionen zur Verfügung stehen.

4    Zielhardware sollte in jedem in Frage kommenden EDV-Saal in ausreichender Stückzahl vorhanden sein (etwa ein Drittel der Anzahl der Arbeitsplatzcomputer).