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Bernhard Jungwirth

bernhard.jungwirth@hyperbox.org

TELEKOM

Recherche im Internet


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Recherche im Internet

Bernhard Jungwirth

Einen kompakten Ratgeber über die Informationssuche im Internet hat das deutsche Telelearning-Projekt akademie.de <die internet-akademie> in Zusammenarbeit mit dem Humboldt-Verlag herausgegeben.

Die Metapher vom Internet als weltgrößte Bibliothek ist in der beschleunigten Zeit der Telekommunikation ja mittlerweile eine alte. Und weil es Metaphern implizit ist zu abstrahieren, finden Kritiker rasch Argumente dagegen. Wehe dem, der Methoden der formalen Erfassung oder inhaltlichen Erschließung im Netz der Netze versucht wiederzuerkennen. Stichwörter, Schlagwörter oder gar Klassen, die schon in jeder besseren Pfarrbücherei Anwendung finden - keine Spur davon im Internet. Die Gründe kennen wir alle. Jeder kann, ohne große Hürden zu überwinden, das Internet um sein Informationsangebot bereichern. Eine zentrale Figur („Bibliothekar“, um noch im Metaphorischen zu verweilen), die beschafft, bewertet, sichert und berät fehlt. Gerade diese Umstände sind es aber ja auch, die viele faszinierende Möglichkeiten des Internets auslösen. Doch wie ist der Dezentralismus, das Chaos der eigenen Informationssuche dienlich zu machen ?

Bei dieser Frage setzt Ingo Steinhaus in seinem Buch „Recherche im Internet“ an und herausgekommen ist ein gut 200 Seiten umfassender, kompakter Überblick über Informationsbeschaffung im Internet. Wenngleich es auch manchmal aufschlussreicher ist, die Hilfetexte von Altavista und Yahoo zu studieren. Doch der Reihe nach.

Hoch anzurechnen ist dem Autor vorweg, dass er nicht der Versuchung erlag, zum zigsten Mal dem Leser eine ausführliche Beschreibung der Internet-Dienste aufzudrängen.

Im einführenden Kapitel spannt der Autor zunächst den Bogen der zur Verfügung stehenden Suchsysteme auf. Die umfangreichen, automatisierten, aber inhaltlich nicht aufbereiteten Suchmaschinen, die redaktionell selektierten, angebotsärmeren Themenkataloge, die auf eine Vielzahl von Suchmaschinen zurückgreifenden Meta-Suchsysteme und die inhaltlich erschließenden, jedoch vom Umfang bescheidenen Besprechungsdienste.  Ergänzt noch um Grundkonzepte von Datenbanken allgemein und Suchmaschinen im speziellen.

Mit diesen Basiskenntnissen ausgestattet werden wir in die eigentliche Suchtätigkeit entlassen. Unter „Schnelle Suche im Internet“ finden wir für jedes der Suchsysteme einige repräsentative Vertreter. Diese sich in das Lexikalische neigende Aufstellung ruft allerdings einen Ratschlag erfahrener Internet-Rechercheure in Erinnerung. Nämlich, nur ganz wenige Repräsentanten der jeweiligen Suchsystem-Kategorie auszuwählen, diese jedoch zugunsten einer höheren Effektivität genau zu studieren und konsequent zu verwenden.

Um die ersten „praktischen“ Erfahrungen reicher, verfeinern wir dann die Bedienung der Suchmaschinen. Logische (UND, ODER, NOT, ...), relationale Operatoren (=, ¹, £, ...) und sonstige Symbole, wie Joker, Plus- oder Minuszeichen lassen auf die gewünschten Suchergebnisse hoffen. Damit wir die Potentiale der Suchsysteme aber tatsächlich ausnützten, bleibt uns das Lesen der entsprechenden Online-Hilfen nicht erspart.

Steinhaus vergisst aber nicht darauf, dass „Recherche im Internet“ mehr als die Bedienung von Suchmaschinen ist. Zunächst sind entsprechende Vorkenntnisse über das Suchthema selbst unerlässlich, um überhaupt Suchkriterien formulieren zu können. Danach müssen wir uns für eine passende Suchstrategie entscheiden, also nicht nur die Frage auf welches System wir zurückgreifen, sondern auch wie wir Zwischenergebnisse verwalten und auswerten. Im Buch finden wir dazu vier Strategien vorgestellt, deren Unterscheidung aber bloß von analytischem Wert ist. Besonders hier kommt Übung und Erfahrung ins Spiel. Und nicht zuletzt erhöht auch Hintergrundwissen über die Besonderheiten des Internets die Trefferquote. Dem trägt das Buch zwar Rechnung, indem weitere Angebote, wie FAQs, Mailinglisten, Newsgroups, E-Journale, aber auch spezielle Suchsysteme für E-Mail-Adressen, Software, Firmen, Jobs (letztere mit deutschem Schwerpunkt) vorgestellt werden. Stärker ins Bewusstsein hätte Steinhaus aber beispielsweise die mit dem Internet verbundene Entinstitutionalisierung rufen können. Die Überlegung, dass Informationsproduzenten dank Internet vermehrt auf konventionelle Vermittlungsinstanzen verzichten können, führt oftmals zu einer beschleunigten Suche. So ist es etwa ratsam vergangene Wahlergebnisse nicht aufwendig in Online-Archiven von Tageszeitungen zu suchen, sondern direkt auf die Parlaments-Homepage zuzugreifen. Auch im Bereich der Bookmark-Verwaltung vermisse ich unterstützende Hinweise.

Bevor er einen Blick in die Zukunft wagt führt der Autor den Recherche-Amateur noch in das Gebiet der professionellen Informationsvermittler und Online-Retrieval-Experten. Die Welt der Bibliotheken und zumeist kostenpflichtigen Online-Datenbanken (es gibt auch Gratisangebote:     http://www.bibliothek.uni-regensburg.de/internet/hehl/r4.htm). In diesem Abschnitt sind primär die WWW-Adressen interessant.

Beim Ausblick in die Zukunft erfahren wir dann endlich, wenn auch nur spärlich, über die schon vermissten „Intelligenten Agenten“. Ebenso über die bereits wieder totgesagte Push-Technologie, Bemühungen für Klassifikationssysteme und auf Metadaten (Zusatzinformationen über eine Website mittels dem HTML-Meta-Tag) basierende Ansätze.

Wenn das Internet als Bibliothek auch lediglich eine mehr oder weniger gute Metapher bleibt, so führt Steinhaus den Leser zumindest zu einer realistischen Erwartungshaltung. „Recherche im Internet“ stellt wegen geringem vorausgesetzten Wissen  und  klugem didaktischen Aufbau eine solide Einführung in die Informationsbeschaffung im Internet dar. Abgerundet wird dieser Eindruck auch von einem ausführlichen Glossar und einer Link-Liste, der allerdings eine Diskettenversion fehlt. Wer sich für ausgesprochen wissenschaftliche Recherche oder gar für medientheoretische Überlegungen interessiert wird enttäuscht. Das ist aber auch nicht Anspruch des Buches.

An diesem Buchtypus Gefallenfindende seien auch auf die beiden Titel „Basiswissen Internet“ sowie „Ratgeber Online-Recht“ von akademie.de <die internet-akademie> verwiesen,     http://www.akademie.de. (jub)

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PCNEWS-62  April 1999

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