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Als das Institut in Wien – noch im Aufbau – 1945 wegen großer Schäden durch mehrere schwere Bombenangriffe von dort teilweise in die Nebenstelle in Stecklenberg im Harz verlegt wurde, die zunächst von amerikanisch-britischen Streitkräften besetzt wurde, dann aber durch eine Grenzänderung zur sowjetischen Zone kam, gelang es Stubbe, der sich am »sozialistischen Aufbau« beteiligen wollte, die in der Nähe gelegene 500 ha große ehemalige preußische Staats-Domäne Gatersleben im Kreis Quedlinburg der Landreform zu entziehen und dort zu dem »großen freien Institut für Genetik in diesem Teil Mitteleuropas« auszubauen (Georg Melchers 1972), das sich nicht an die ideologischen Vorgaben des Lyssenkoismus hielt und sich mit seiner sorgfältig geführten umfangreichen Kulturpflanzenbank – einer Samensammlung von inzwischen mehr als 100.000 Sorten – breite internationale Anerkennung erwerben sollte. 1946 wurde das Institut unter dem alten Namen an die Universität Halle-Wittenberg angegliedert; Stubbe erhielt an derselben Universität eine Professur. Stubbe gehörte nach 1945 zu den wichtigen Biologen der DDR; er war Präsident der Akademie der Landwirtschaftswissenschaften. Sein Gaterslebener Institut wurde  als »Zentralinstitut für Genetik und Kulturpflanzenforschung« in die Deutsche Akademie der Wissenschaften der DDR aufgenommenen. Es wurde nach der Eingliederung der DDR in die BRD 1989 nicht aufgelöst, sondern ihm wurde im Gegenteil 1990 von der bewertenden Kommission »höchste wissenschaftliche Qualität« bescheinigt, und es wurde mit 1. Januar 1992 als »Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung« (IPK) und Stiftung des Öffentlichen Rechts wiederbegründet. Die frühere Aufgabenstellung, nämlich die Erhaltung des Naturerbes und der Kampf gegen die Generosion – welche mit der kostenlosen Abgabe von Samen an ZüchterInnen und andere Genbanken verbunden war – soll jedoch nunmehr (1995) durch eine »marktwirtschaftliche« Politik ersetzt und um molekularbiologische Gentechnik erweitert werden; die Position des Leiters der Kulturpflanzenbank, der etwa viertgrößten der Welt, die der ehemalige Assistent und Nachfolger Stubbes, Karl Hammer, innehat, wurde im Juni 1995 neu ausgeschrieben (vgl. Die Zeit, 30. Juni 1995; Georg Melchers: Hans Stubbe zum 70. Geburtstag, in: Theoretical and Applied Genetics 42, 1972, S. 1–2; Georg Melchers: Klassisches Zentrum der Pflanzenzüchtung in Gatersleben, in: Naturwissenschaftliche Rundschau, 46. Jg., Heft 10, 1993, S. 404–405; Niklaus Hablützel: Das Leben im Einmachglas, in: die tageszeitung (TAZ), 13. Oktober 1995, S. 18–19; Christina Kronaus: Genbank Gatersleben, in modern times, ORF Wien, 7. Juli 1995). wurde, schied