Microsoft AutoRoute 2001

Microsoft Corporation; 1 CD‑ROM (ca. 627 MB); öS 799,— / ca. Euro 58,07


„Der perfekte Reisebegleiter für Eu­ropa“, das ist AutoRoute 2001 laut Zusatztext auf der CD-Hülle. „Auf al­len Straßen zu Hause“ ist der zweite Werbespruch. Also wurden diese ho­hen Ansprüche einem gründlichen Test unterzogen.

Zunächst muss man sich natürlich mit der Installation beschäftigen und eine entsprechende Menge Plattenplatz op­fern. Es gibt die Optionen „Standard“ (laut Installationsprogramm 95 bis 145 MB) und „Vollständig“ (570 bis 625 MB). Tatsächlich wurden am Testcomputer mit „Standard“ ca. 58 MB verbraucht, was ja besser als erwartet ausfiel.

Die große Schwankungsbreite der Platzangaben erklärt sich aus der Tat­sache, dass das Programm ohne eine aktuelle Version von Internet Explo­rer seinen Dienst ver­weigert. Dieser wird daher in Version 5.0 auf der CD mitgeliefert und bei Bedarf in­stalliert.

Ein gewisses Ärgernis erwartet einen bei der Option „Vollständig“. Hier wird nämlich zwar das gesamte Da­ten­material auf die Festplatte kopiert, aber das bedeutet nicht, dass man in Zukunft ohne die CD auskommt. Ist diese beim Starten des Programms nicht im Laufwerk, geht gar nichts.

Die erste nette Überraschung erlebt man schon beim ersten kritischen Blick auf die Karte. Erstaunlicher­weise kann man beim Routenplaner für Europa nämlich trotzdem über die Grenzen Europas hinaus zoomen, und es gibt eine Ansicht aus Satelliten­per­spektive, in der man die gesamte Erde bewundern kann. Das nette Detail: es sind durchaus zahlreiche Städte auf anderen Kontinenten eingetragen, und man kann auch dorthin zoomen. Al­ler­dings hat die Karte für diese außereuropäischen Gebiete keine Straßenverbindungen parat, sodass man etwa eine Route von Boston nach Philadelphia vergeb­lich sucht. Trotzdem ist diese Ansicht nicht sinnlos, weil man zumindest ei­nen Überblick über die Lage dieser Städte erhält.

Wo die Suchfunktion weltweit ange­nehm überrascht, versagt dafür die Suche im europäischen Raum leider an unerwarteten (und unnötigen) Stel­len. Insbesondere nach Straßenadres­sen kann man nur in Deutsch­land, Frankreich und Großbritannien su­chen. Hingegen schlägt die Suche nach „Mariahilfer Straße, Wien, Ös­ter­reich“ leider fehl. Die Straße gibt es zwar auf dem Plan, aber zu finden ist sie nur durch direktes Zoomen. Man muss also in diesen Fällen wis­sen, wohin man fährt, um anzukom­men. Das scheint den Prinzipien eines Routenplaners leider etwas zu wider­spre­chen.

Zur Ehrenrettung sei aller­dings ge­sagt, dass die Suche in den drei genannten Ländern dafür wirk­lich wun­derbar funktioniert. Der Begriff „Terminus Place, London, Groß­bri­tannien“ findet etwa problemlos und exakt den Vordereingang der bekann­ten Vic­toria Station.

Apropos Station: eine andere nette Zu­gabe sind die vielen gespeicherten und wahlweise in der Karte darstell­baren Sehenswürdigkeiten, Stationen, Tankstellen, und vieles mehr. Nur gibt es bei näherer Betrachtung auch hier ein Problem. Zum Beispiel ist die Londoner „Underground“ durchaus gut repräsentiert, die Stationen sind leicht zu finden. In Paris und Wien scheint es dagegen keine U-Bahn zu geben, ebensowenig wie die S-Bahn in München und Hamburg. All dies widerspricht der praktischen Erfah­rung des Autors…

Auch bei den anderen Informationen hängt der Detailreichtum sehr vom Kartenausschnitt ab. Für Gars am Kamp sind zum Beispiel nicht weni­ger als 14 markante Punkte vermerkt, aber die Bezirkshauptstadt Hartberg in der Steiermark hat angeblich nicht einmal ein einziges Restaurant oder eine Tankstelle. Es scheint, als wären diese Zusatzdaten mit sehr variabler Begeisterung aufgenommen worden.

Die Kartenqualität an sich, nur auf die Straßenverläufe bezogen, ist aber in den allermeisten Fällen makellos. Nur manchmal erlebt man eine amüsante Überraschung. In der Nähe von Monza gibt es nach der vorliegenden Karte ein Autobahnkreuz, von dessen Benutzung nur abgeraten werden kann. Wenn die Auf‑ und Abfahrten wirklich so verlaufen wie gezeichnet, kann man die vielen Ecken wohl nur im Schritttempo fahren…

Das Suchen einer Route verläuft ohne Probleme, sowohl was die Bedienung angeht, als auch was das Ergebnis be­trifft. Zwischenstationen können in ihrer Reihenfolge automatisch opti­miert werden, und die vielfältigen Druckoptionen reichen bis zur de­taillierten Ausgabe kleiner Karten je­der einzelnen Ab­zweigung der ge­planten Strecke. Ein praktisches De­tail ist auch, dass man eine berechne­te Route einfach auf der Landkarte mit der Maus „aufnehmen“ und auf eine andere Straße umleiten kann. Der Rest der Strecke wird automatisch neu berechnet. Dadurch sind Um­leitungen in Windeseile erledigt, und auch wenn man eine Autobahnabfahrt verpasst hat, kann am Beifahrersitz so­fort die entsprechende Korrektur angebracht und eine angepasste Route berechnet werden.

Eine der spannenden Erweiterungen, die im Paket bereits enthalten sind, ist die Anwendung „PocketStreets“. Mit Hilfe dieses Programms können die Daten einer Route auf einen Palmtop unter Windows CE übertragen wer­den. Dadurch kann man auch mobil und diesmal wirklich ohne CD-ROM auf die Informationen zugreifen.

Auch ein GPS-Empfänger kann ange­schlossen werden, wenn seine serielle Schnitt­stelle NMEA 0183, Version 2.0 oder höher, unterstützt. Dann ist die eigene Position auf der Karte zu verfolgen, sodass etwa ein Beifahrer mit Laptop bei der Navigation gar keine Probleme mehr hat, sich sogar in verwinkelten Gässchen zurechtzu­finden. Natürlich profitiert man in die­sem Fall massiv von der kürzlich durch die USA erfolgten Entfernung des künstlichen Störsignals der GPS-Satelliten, das manchmal die genaue Unterscheidung eng nebeneinander verlaufender Stra­ßen zu­mindest schwierig machte.

Insgesamt machen die Eigenschaften und Möglichkeiten des Routenplaners eine Menge Spaß, und das Tempo auch bei komplexen Aufgaben ist be­eindruckend. Wenn nun auch noch die Suchfunktion, kleinere Probleme mit Umlauten (Kartentitel!) und der Detailreichtum der Zusatzinformatio­nen nachgebessert würden, wäre das Produkt der Perfektion schon recht nahe. Auch jetzt ist es aber sicher schon eine gute Investition, insbeson­dere für Vielfahrer. Allerdings könnte man durchaus auch an eine Bereiche­rung des Geographieunterrichts den­ken, denn so viel Kartenmaterial in diesem flexiblen Detailreichtum ist sonst eher schwierig zu bekommen.

(Martin Schönhacker)