Sydney 2000

Eidos Interactive; CD‑ROM (ca. 496 MB); öS 599,— / ca. Euro 43,53


Wie aus den Medien bekannt, war das Internationale Olympische Komitee (IOC) bei den Olympischen Sommer­spielen von Sydney 2000 besonders streng mit der Vergabe von Lizenzen. Eine Übertragung im Internet wurde mehr oder weniger wirksam ver­hin­dert, und auch die Herstellung von Spielen zum Thema wurde kräftig limitiert. Den Exklusivvertrag zur Herstellung der „offiziellen Compu­terspiele“ für die nächsten sechs Jahre hat die Soft­wareschmiede Eidos an Land gezo­gen. Der erste Titel aus diesem Ver­trag liegt mit „Sydney 2000“ vor.

Wie zu befürchten, steht vor dem ersten Blick auf das Spiel ein entspre­chendes Opfer: die Installation ver­braucht je nach Variante ca. 6 MB (Minimum), 281 MB (Standard) oder 467 MB (Voll). Es ist dringend zu empfehlen, zumindest „Standard“ zu wählen, sonst wird der Spielablauf durch Nachladen von Multimedia-Elementen von der CD-ROM deut­lich (und störend) gehemmt.

Man hat sich das hohe Ziel gesetzt, „eines der realistischsten Sportspiele aller Zeiten“ (laut Pressetext des Her­stellers) zu programmieren. Das be­ginnt schon bei der Anzahl der Dis­ziplinen. Immerhin 12 Sportarten sind vertreten: 100m-Lauf, 110m Hürden, Speerwurf, Hammerwurf, Dreisprung, Hochsprung, Tontauben-Schießen, 100m Freistil-Schwimmen, Wasser­springen vom 10m-Turm, Gewicht­he­ben in der Klasse über 105kg, Bahn­radfahren (Sprint) und Kajak-Slalom.

In verschiedenen Spielmodi können diese Sportarten nun „ausgeübt“ wer­den. Der „Arcade“-Modus lässt mehrere Spielende gegeneinander an­treten wie bei einem Spielautomaten, im „Trai­ning“ darf ohne Restrik­tio­nen jede Aktion beliebig oft geübt werden, und im „Olympia“-Modus gibt es schließlich einen richtigen Wettkampf gegen Mannschaften an­derer Länder.

Der Olympia-Modus ist so detailliert, dass man nicht erwarten kann, inner­halb weniger Stunden gute Leis­tun­gen zu erbringen. Man muss die Ath­let/inn/en in einer vir­tuellen Sport­halle trainieren, um ihre körperlichen und mentalen Fähigkeiten zu ver­bessern. Dadurch verändert sich im Laufe der Zeit sogar der Körperbau, und die Leistungen werden bei glei­cher Anstrengung des Spielenden im­mer besser. Wie man sich vorstel­len kann, ist es eine ganz gewaltige Auf­gabe, eine Mannschaft für zwölf ver­schiedene Sportarten zu trainieren.

Das Teilnehmerland darf aus 32 Län­dern gewählt werden. Österreich ist leider nicht dabei, aber immerhin Australien — das wird international ohnehin oft genug verwechselt. Man hat Liebe zum Detail bewiesen: die Mo­delle der Athleten sind den je­wei­ligen Herkunftsländern angepasst. Außerdem hat man zur re­alistischen Darstellung von Bewegun­gen mittels Motion-Capturing-Tech­nologie die Bewegungen von echten Olympia­teil­nehmer/inne/n eingefan­gen. Als Um­gebung für die sportlichen Höchst­leistungen müssen natürlich auch nicht irgendwelche Landschaften her­halten, sondern man erbringt seine Leistungen an den Originalschau­plätzen in Sydney und Umgebung.

Die Athlet/inn/en müssen im olympi­schen Bewerb erst eifrig trainieren, dann die Qualifikation überstehen und sich gegen harte Konkurrenz zum Finale vorarbeiten. Nicht nur compu­tergesteuerte Gegner stehen dabei zur Verfügung, sondern es können auch bis zu acht Spielende gegeneinander antre­ten.

Mit einer entsprechenden Grafikkarte kann das Spiel in hochauflösender 3D-Grafik arbeiten (am Testsystem zum Beispiel mit 1024x768 Punkten), aber auch mit einer „normalen“ Gra­fikkarte ist man nicht ganz verloren: nimmt man einige Abstriche in Kauf, ist immer­hin die Auflösung 640x480 Punkte per Software verfügbar.

Hochauflösende Grafik al­lein macht das Spiel noch nicht per­fekt, darum sind akustische Kommen­tare wie bei echten Sportveranstaltun­gen enthal­ten. Es wurden bekannte (zumindest in Deutschland) Sportbe­richterstatter verpflichtet, die das Ge­schehen meist treffend kommentie­ren. Auch die ju­belnde Menge macht sich gut, wenn eine Aktion gelungen ist. Man fühlt sich beim Spielen rich­tiggehend an­ge­feuert — allerdings können die Kommentare auch ziem­lich hart sein, wenn man versagt.

„Sydney 2000“ ist zweifellos eine ge­lungene Umsetzung einer beachtli­chen Anzahl von Sportarten. Leider kann man einige davon eher nicht spielen, wenn einem das Leben der Tastatur lieb ist. Beim 100m-Lauf etwa muss man zum Laufen zwei Tasten in rascher Folge abwechselnd drücken. Wenn man das oft macht, wie es gründliches Training verlangt, bekommt der Mensch bald eine Seh­nenscheidenentzündung, und die Tas­tatur beginnt zu klappern. Andere Sportarten entschädigen dafür durch Eleganz, zum Beispiel das Wasser­springen vom 10m-Turm.

Wer Sportsimulationen mag, wird an „Sydney 2000“ wohl nicht vorbei­kommen und sicher viele amüsante Stunden damit verbringen. Es darf ge­spannt darauf gewartet werden, was uns Eidos für die Olympischen Win­terspiele 2002 vorsetzt. Die Latte liegt jedenfalls hoch. (Apropos: auch das Hochspringen ist gelungen!)

(Martin Schönhacker)