Gregor Novak, Christian Perschl,
M.-W. Han, Peter Kopacek
Fußball ist weltweit
wohl die populärste Sportart, sowohl was die Anzahl der Aktiven als auch die
Zuseher und Medienwirksamkeit betrifft. Wer kennt nicht die großen Fußballstars
Pele, Ronaldo, Figo, Zidane oder Johann K. ?
Das Kicken ist für
viele die wichtigste Nebensache der Welt geworden, es wird auf allen Erdteilen
von Männern, Frauen, Kindern – und Robotern ausgeübt.
Was ist Roboterfußball ?
Man darf sich jetzt
nicht einen „echten“ großen Fußballplatz vorstellen, auf dem 22
Fußball-Blechsoldaten herumhirschen und die Lederwuchtel im (gegnerischen) Tor
unterbringen wollen. Vielmehr ist Roboterfußball eine Indoor-Disziplin und
eigentlich eher der Informatik und Elektronik denn einem Sport zuordenbar – was
nicht heißt, dass es keinen Wettbewerb und sportlichen Ehrgeiz gibt.
Es existieren
weltweit mindestens 10 verschiedene Arten von Roboterfußball, und eine wollen
wir hier vorstellen: Roboterfußball der Kategorie „MiroSot“.
Bei
diesem Spiel bilden jeweils drei mobile Miniroboter eine Mannschaft. Ziel des Spieles
ist es, den Ball (ein gewöhnlicher Golfball) in das gegnerische Tor zu
befördern, um – no na – möglichst hoch zu gewinnen. Die Roboter können sich
frei im Spielfeld bewegen und werden über Funk von einem Zentralrechner
gesteuert. Die notwendigen Informationen über die Position von Ball, den
eigenen und gegnerischen Spielern bezieht der Zentralrechner von einer über dem
Spielfeld montierten CCD - Kamera. Diese übermittelt bis zu 60 Bilder pro
Sekunde an den Hauptrechner. Mit Hilfe der von der Bildverarbeitung ermittelten
Positionen, bestimmt ein Strategiemodul die Aufgaben der Roboter, welche
wiederum an den Roboter per Funk übermittelt werden.
Das heißt, die
Roboter fungieren in diesem System als eine Art intelligente ferngesteuerte
Autos, welche von einem zentralen Rechner Bewegungsbefehle erhalten.
Es gibt natürlich
Einschränkungen, die vor allem das Spielfeld und die Roboter betreffen:
·
Das Spielfeld ist
1,30 Meter mal 1,50 Meter.
·
Der Ball ist ein
gewöhnlicher orangefarbiger Golfball.
·
Die Roboter dürfen
nicht größer als 7,5 cm x 7,5 cm x 7,5 cm sein.
·
Die Roboter dürfen an
der Oberseite 2 Farbflächen (die Teamfarbe muss mindestens 3,5 x 3,5 cm groß
sein) haben, damit das Erkennen der Roboter für die zentrale Bildverarbeitung
einfacher ist. Eine Farbe ist die Teamfarbe, die andere ist die Spielerfarbe.
Ein
Roboterfußballspiel besteht aus 2 Spielhälften mit jeweils 5 Minuten Dauer.
Jene 5 Minuten sind natürlich Nettospielzeit, da es des öfteren zu
Spielunterbrechungen aufgrund von „Fouls“ kommt und das Spiel ähnlich wie bei
Eishockey mit sogenannten Freeballs erneut gestartet werden muss.
Ein heikles Thema
sowohl beim menschlichen Vorbild als auch beim Roboterfußball sind Fouls.
Prinzipiell darf natürlich nicht willkürlich ein Gegner niedergerannt – äh niedergefahren werden,
doch dass sich die Roboter berühren, das kann nicht wirklich vermieden werden.
Daher gibt es prinzipiell keine Fouls. Wenn aber ein Roboter so heftig
angefahren wird, dass er umfällt, gibt es einen Freistoß.
Es gibt auch einen
„Elfer“, und zwar, wenn sich mehr als 1
Spieler der eigenen Mannschaft im eigenen Strafraum verteidigt. Damit will man
ein „Hintenreinstellen“ einer Mannschaft verhindern – mit drei Robotern lässt
sich das Tor schon recht gut verstellen. Der Strafstoß erfolgt aus etwa 30 cm
Entfernung von der Torlinie.
Wie man erkennen
kann, sind die Regeln eher einfach gestrickt, so dass der Fantasie in der
Realisierung eines Systems freien Lauf gelassen wird.
Am Beginn werden die
Roboter am Spielfeld aufgestellt, und zwar jeweils in ihrer eigenen Hälfte.
Dabei hat i.a. ein Roboter die Funktion des Tormannes, die anderen beiden
nehmen den Anstoß vor. Der Anstoß muss in die eigene Hälfte erfolgen.
Danach können die
Mannschaften alles tun, um „Die Wuchtl ins Netz zu schieben“ – und zwar
möglichst ins gegnerische. Die Roboter schieben den Ball im Prinzip einfach vor
sich her. Ein Schuss oder Pass erfolgt entweder durch eine ruckartige Bewegung
in Richtung Ball oder durch eine Drehbewegung um die eigene Achse.
Klarerweise sind bei
diesem Spiel Kopfballszenen, „Kerzen“ oder „Gurkerln“ eher selten. Doch Action
gibt es auf jeden Fall genug. In den 10 Minuten Spielzeit können schon bis zu
40 Tore fallen, und dadurch, dass die Roboter sich recht flott bewegen, kommt
immer Stimmung und Spannung auf.
Jetzt wollen wir noch
einen kurzen Blick hinter die Kulissen werfen: Wie werden die Anweisungen
generiert? Denn während des Spieles darf keiner der „menschlichen“ Beteiligten
die Roboter direkt oder indirekt steuern. Die Bewegung der Roboter muss
ausschließlich per Software durch Kommandos vom Steuerrechner erfolgen.
Das System von
Mirosot entspricht im Prinzip einer großen Regelschleife: Eine Kamera über dem
Spielfeld nimmt laufend Bilder vom Spielgeschehen auf. Die Bilder werden – i.a.
mittels Framegrabberkarte – digitalisiert. Aus jedem einzelnen Bild werden
mittels Softwaremodul Bildverarbeitung die
Position sowohl der eigenen als auch der fremden Roboter sowie des Balles
ermittelt.
Die Positionsdaten
werden an das Softwaremodul Strategie weitergereicht. Dieser Softwareteil bestimmt
das Verhalten der Roboter am Feld. Je nach Roboter- und Ballposition werden die
Roboter angewiesen, sich an bestimmte Positionen zu begeben.
Das Modul Strategie
ruft das Modul Datenübertragung auf.
In diesem Teil werden die Positionsdaten via Funk zu den einzelnen Robotern
übertragen.
Der für Informatiker
wohl interessanteste Teil des Projektes ist das Modul Strategie. Hier gibt es
eine Vielzahl von Realisierungsmöglichkeiten, wie auf die aktuelle
Spielsituation reagiert wird: Angefangen von einer starren Belegung, von
Funktionen für die einzelnen Robotern über ein Multiagentensystem (jeder
Roboter wird als virtueller Agent angelegt und entscheidet über seine Aktionen
selbsttätig – abhängig von seiner Position, der Position der anderen Roboter
und der Position des Balles) bis zum neuronalen Netz (Das Verhalten des Systems
wird laufend bewertet und „lernt“ so ein optimales Spielverhalten) kann der
Phantasie freien Lauf gegeben werden.
Die Roboter haben wir ROBY-GO getauft. Es handelt sich um einen mobilen Miniroboter, welcher über Funk Bewegungsbefehle erhält. Da ROBY-GO im Prinzip für beliebige Anwendungen einsetzbar ist, wird der Roboter in einem eigenen Artikel kurz vorgestellt.
Jährlich
finden zu dieser Kategorie Roboterfußball sowohl Europameisterschaften als auch
Weltmeisterschaften statt.
In
Österreich wird am Institut für Handhabungsgeräte und Robotertechnik
(www.ihrt.tuwien.ac.at) der Technischen Universität Wien unter der Leitung von
Prof. P. Kopacek seit fast drei Jahren sehr erfolgreich MiroSot
(www.ihrt.tuwien.ac.at/robotsoccer) „gespielt“. Das Spiel existiert seit zirka
6 Jahren und kommt ursprünglich aus Korea.
Unser Team „AUSTRO“
wurde 1999 Europameister und 2000 Vizeeuropameister. Natürlich werden wir uns
den Titel 2001 wieder holen.
Roboterfußball ist
nicht nur ein interessantes und abwechslungsreiches Unterhaltungsmedium,
sondern vor allem eine vielschichtige Spielwiese für verschiedenste
wissenschaftliche Gebiete. So werden die Bereiche Mechanik, Maschinenbau,
Regelungstechnik, Meßtechnik, Digitaltechnik, Übertragungstechnik,
Bildverarbeitung, Mustererkennung und der Informatik allgemein gefordert, um
aus einzelnen Komponenten ein gut funktionierendes Gesamtsystem zu entwickeln.
Es ist nicht nur eine theoretische Aufgabe, sondern die Theorien müssen auch
umgesetzt werden – und „funktionieren“.
Roboterfußball ist
eine unterhaltsame spielerische Art, an wissenschaftliche Themen heran zu gehen
und gleichzeitig neue Erkenntnisse für die verschiedensten Bereiche der
Mechatronik zu erlangen.
Des weiteren findet
man im Internet Informationen zum Thema Roboterfußball international unter: http://www.fira.net/
Wir die Väter von ROBY-GO arbeiten derzeit an:
–
Der Eigenintelligenz unserer Roboter – der verwendete Microcontroller
macht es möglich
–
Der Verbesserung des Reglers – der digitale PID - Regler ist nicht das
maß aller Dinge für diese „High Tech“ Anwendung
–
Die Verbesserung der Strategien, eine Herausforderung für Fußball und
Computer Freaks
–
Dem Aufbau einer österreichischen Roboterfußballliga.
–
An einem Spiel fünf gegen fünf auf einer Tischtennisplatte
Leider ist unsere Arbeitskapazität beschränkt, und wir würden uns daher
über jeden Freak, der uns helfen möchte, die Konkurrenz zu schlagen, freuen.
ROBY-GO wurde am Institut für Handhabungsgeräte und Robotertechnik an
der Technischen Universität Wien entwickelt. Weitere Informationen finden Sie
unter
http://www.ihrt.tuwien.ac.at/robotsoccer
Beziehungsweise direkt am Institut:
Institut für Handhabungsgeräte und Robotertechnik TU
Wien
Favoritenstr. 9-11 / E318, A – 1040 Wien
Tel: (01) 58801 318 01
Fax: (01) 58801 318 99
www.ihrt.tuwien.ac.at/robotsoccer
Prof. Peter Kopacek
Tel: (01) 58801 318 00
Dipl.-Ing. Gregor NOVAK
Tel: (01) 58801 318 36