Johann Günther, Donau-Universität
Krems
Einleitung
Videoconferencing ist eine der neuesten Formen der Informations- und
Kommunikationstechnologien (IKT), die im Unterricht eingesetzt wird. Bei Videoconferencing werden Monitore und
Kameras durch eine Telephonleitung miteinander verbunden, die es zwei oder mehr
Personen, die sich an verschiedenen Orten befinden, ermöglichen, miteinander in
Ton und Bild zu kommunizieren. Es hat sich besonders beim Lernen von
Fremdsprachen und Einbinden in den Unterricht von entfernter wohnenden Kindern
bewährt (siehe z.B. Butler und Kelley 1999).
Zielsetzung
Dieses Kapitel setzt sich mit der
Einführung und dem sinnvollen Einsatz von Videokonferencing
auseinander und versucht einen Leitfaden zu geben. Es werden auch zwei
Fallstudien aus dem schulischen Bereich vorgestellt.
1936 wurde zwischen Berlin und Leipzig ein
‘öffentlicher Bildfernsprechdienst’ eingeführt. In eigens dafür errichteten
Videostudios (Bildtelephonzellen) konnte man mit dem Gesprächspartner mittels
Bild und Ton kommunizieren. Dieser Dienst wurde dann noch bis München
ausgebaut, wegen geringer Rentabilität und den zunehmenden Kriegswirren aber
1940 eingestellt.
1964 führte ‘AT&T’ auf der New
Yorker Weltausstellung ein ‘Picturephone’ vor. Zwar stellte man diese
Einrichtung als Antwort auf die steigenden Kosten der Geschäftsreisen vor, aber
auf die Auftragsbücher schlug sich diese Marketinginnovation nicht nieder.
‘AT&T’ errichtete ein eigenes
Videokonferenznetz in New York und London, das 13 Städte verband. 1985 wurde
nicht wie ursprünglich angekündigt das Netz auf 42 Städte erweitert, sondern
reduziert.
Ähnlich erging es der britischen
Post, die Anfang der 70er Jahre mit viel Aufwand den Dienst ‘CONFRAVISION’
einführte und bald wieder aus dem Verkehr zog.
1983 starteten ‘Comsat’ und die
‘Intercontinantal Hotels’ einen Videokonferenzdienst ‘Intelmet’ zwischen London
und New York, der aber 1985 wegen zu geringer Benützung wieder eingestellt
wurde.
Der eigentliche Durchbruch kam erst
mit der Standardisierung und der Digitalisierung des Telefonnetzes. Erst ISDN
machte eine größere Verbreitung wirtschaftlich möglich.
Videokonferenzeinrichtungen gestatten die
synchrone Übertragung von Bewegtbildern mit Ton.
Auf beiden Seiten sind Einrichtungen
wie
·
Kamera,
·
Bildschirmmonitor,
·
Lautsprecher
und
·
Mikrophon
notwendig.
Zusatzeinrichtungen wie
·
Dokumentenkamera,
·
Videowriter,
·
White Board,
·
Zusatzmonitore,
um alle Kommunikationspartner darzustellen,
·
Videopräsentationssystem
mit Kamera zur Präsentation von zwei- und dreidimensionalen Vorlagen,
·
Freisprecheinrichtung,
·
Headset (Kopfhörer/Mikrophone Kombination),
·
Scanner,
·
Fernsteuerung
für Kamera,
·
Digitale
Schreibtafel etc.
erhöhen die Qualität der
Kommunikation.
Die Entwicklung der Videokonferenz
nahm einen ähnlichen Verlauf wie die Einführung anderer Bürotechnologien. Das
Fax etwa wurde zuerst nur pro Unternehmen, dann pro Abteilung oder Gruppe
installiert. Mit zunehmendem Preisverfall kam es in jedes Stockwerk und in
jedes Büro und heute ist es eine Funktion in fast jedem PC (Personalcomputer)
und ein Service in Corporate- und
öffentlichen Netzwerken.
Die Funktion der Videokonferenz
wurde zu Beginn in eigenen Studios vornehmlich von Telekom-Operatoren
angeboten. Sie erwarteten sich neue Einnahmsquellen. Die Hemmschwelle dort
hinzugehen war sehr hoch und der Dienst wurde nur selten in Anspruch genommen.
Internationale Unternehmen installierten selbst
eigene Studios. Die Leitungen wurden zu Beginn noch individuell vom
Netzbetreiber – waren bei internationalen Konferenzen mehrere involviert, so
mussten diese abgestimmt eine Leitung schalten – bereitgestellt.
Die digitalen Netze erlaubten dann
ein ‘dial up’, also ein
Selbstwählverfahren.
Mit Webcams hat heute jeder Internetbenutzer Zugang zur Audio-Visuellen-Kommunikation.
Es existieren heute zwei
Industriewelten nebeneinander. Da gibt es die ‘professionellen’
Videokonferenzhersteller, die aus dieser Technologie ein Spezialwissen, machen
und die klassischen Computerperipheriehersteller, die Webcams wie Scanner und Printer
anbieten – ohne viel Spezialwissen und alles auf den Konsumenten/die
Konsumentin abschiebend. Wer wird gewinnen? Gleichen sich die beiden Welten an?
Wichtig ist, die Idee der Videokonferenz wird
weiterentwickelt und es wird dann eben unterschiedliche Niveaus von dieser
Applikation geben.
Bei einer Gruppenvideokonferenz
kommen mehrere Personen zu einer Sitzung zusammen. Der Videomonitor steht auf
einem eigenen Platz im Konferenzraum. Die Personen am Schirm werden Teil der
Gruppe, so als wären sie tatsächlich im Konferenzraum.
Man schaut einander an; man spricht
miteinander, hört einander zu, als ob die Personen im Raum wären. Man kann
gemeinsame Unterlagen durchgehen, auf einer Tafel mitschreiben, Folien
auflegen, Videobänder abspielen – das alles ermöglicht ein Videokonferenz
System.
Gruppensysteme sind meist fix in
einem Raum installiert, weil akustische und optische Adaptierungen des Raumes
notwendig sind, beziehungsweise auf die Beleuchtung speziell eingegangen werden
soll (siehe Abbildung 1).
Gruppensysteme brauchen mehrere
Kameras oder/und Kameras mit Zoom und
einem motorisch gesteuerten Schwenk- und Neigekopf, um einzelne Sprecher
herauszustellen. Die einzelnen Kameraeinstellungen sollten auch
vorprogrammierbar sein, um mit einem einfachen Knopfdruck das gewünschte und
vorher getestete Bild senden zu können.
Auch im Audiobereich werden bei Gruppen höhere
Anforderungen gestellt. Mehrere Mikrophone oder sprachgesteuerte Mikrophone sind
die Lösung, wobei die Technik keinen Moderator ersetzen kann.
Gruppensysteme können modular oder
kompakt aufgebaut sein. In der kompakten Bauweise ist alles voll integriert,
was höhere Mobilität ergibt. Das System, meist auf Rädern installiert, kann rasch
in einen anderen Raum geschoben werden.
Modulare Systeme hingegen können
zwar individuellen Anwendungen besser angepasst werden, sind nicht aber nicht
so mobil um von einem ins andere Zimmer gebracht zu werden.
Desktop System werden meist direkt
am Arbeitsplatz eingesetzt. Das Bild des Partners/der Partnerin erscheint am
Monitor des eigenen Computers (siehe Abbildung 2). Die
KommunikationspartnerInnen sitzen sich vis à vis und blicken sich in die Augen,
was praktisch wegen der Installation der Kamera nur selten der Fall ist. Die
Kamera steht am Monitor. Man ist gewöhnt, dem Partner/der Partnerin in die
Augen zu schauen, was aber bedeutet, dass man nicht in die Kamera schaut und
damit den Partner/die Partnerin nicht ansieht, sondern darunter schaut.
Abbildung 2: Desktop System
Videokonferenz ist eine indirekte
Kommunikation, eine Kommunikation, bei der ein Medium dazwischengeschaltet wird
und das muss man berücksichtigen.
Mir wurde das bei einem großen internationalen Kongress bewusst. Es war ein länglicher Raum. Die Bühne stand an der Längsseite. Es waren mehrere tausend Personen im Raum. Auf der Bühne waren vier Projektionswände installiert, auf denen der Vortragende über eine Videokamera abgebildet wurde. Ich war es gewohnt, bei einem Vortrag möglichst viele ZuhörerInnen auch direkt anzuschauen und anzusprechen. Ich gehe daher immer im Raum auf und ab und suche mit so viel Menschen als möglich Kontakt. Das war in diesem riesigen Raum nicht mehr möglich. Auch schauten die ZuhörerInnen nicht mich an, sondern mein Konterfei auf den Leinwänden. Rasch wurde mir klar, daß ich für die Kamera sprechen musste; ich musste in die Linse der Kamera schauen, dann schaute ich fast alle Menschen im Saal an. So ähnlich ist es bei der Videokonferenz.
Das Desktopsystem ist im Personal Computer (PC) integriert. Es
kann also gleichzeitig mit Computerapplikationen benützt werden. Auch eignet es
sich zur gemeinsamen Bearbeitung von Dokumenten und Arbeitsunterlagen.
Die Vorteile liegen in:
·
der
geringen Investition;
·
dass
der PC meist schon vorhanden ist; und
·
dass
die Dokumentenbearbeitung mit dem Videokonferenzbild kombiniert werden kann.
Die Nachteile liegen im
·
kleinen
Bildschirm;
·
der
notwendigen PC-Kundigkeit des Anwenders; und
·
dem
kleinen Bild, das eher wie ein Videofilm wirkt und nicht wie das eines
‘virtuellen Gesprächspartners’.
Die Reihen mit Webcam Angeboten in den Computersupermärkten werden jedes Jahr
länger. Das ist ein Parameter dafür, dass der Markt zunimmt.
Ein anderes war die Verbreitung bei
meinen StudentInnen. Hatten im Studienjahr 1998/99 nur etwa ein Viertel der
Studierenden eine Webcam, so waren es
im Folgejahr bereits drei Viertel. Ein Studienjahr später ist Videoconferencing obligatorisch und
Standard im Studium. Die Studierenden werden teilweise via Webcam kontaktiert.
Meine Sprechstunden habe ich
teilweise ins Virtuelle verlegt. Zu bestimmten Zeiten können mich meine
PartnerInnen am Schreibtisch via Webcam
sprechen.
Die Webcam ist die Konsumgüterversion der Desktop Systeme. Ein sehr populäres Programm, das kostenlos über
das Internet heruntergeladen werden kann, ist ‘Netmeeting’ (http://www.microsoft.com/windows/netmeeting/).
Andere Free- und Shareware-Programme sind über ‘Tucows’ (z.B. http://salzburg-online.tucows.com/wcam95.html) zugänglich.
WAP ist ein mobiles Telefon, das
einen grösseren ildschirm verfügt und auch Computerapplikationen darstellen
kann. Mit dem weiteren Ausbau der Bandbreiten in den mobilen
Kommunikationsnetzen und der Einführung von GPRS (General Packet Radio Service
wird zur Datenübertragung im GSM Netz verwendet) und UMTS (Universial Mobil
Telecommunication System ist die 3. Mobiltelefon-Generation) werden auch
vermehrt mobile Endgeräte sinnvoll eingesetzt werden können. Mit
GSM-Technologie und deren Übertragungsbandbreiten macht dies noch wenig Sinn.
Die Endgeräte der dritten
Mobilfunk-Generation werden im Dualmode-
oder Multiple-Band-Betrieb sowie bei
Bedarf mit Satellitenfunk arbeiten. Sie werden Daten bis zu einem Gigabit speichern können. Das Terminal
ist ein multifunktionaler ‘Personal
Communicator’, das auch die Videokonferenz beherrscht.
Das Terminal ist, wenn es
eingeschaltet ist, ständig im UMTS-Netz ‘eingeloggt’ und kann laufend
Telefonate, Videokonferenzen oder E-mails
empfangen. Die UserInnen sind – so
wie im Internet – weltweit unter einer IP-Adresse erreichbar.
Zu Hause oder im Büro kann es auch
an einen großen Bildschirm angeschlossen werden.
Mit UMTS werden die Grenzen zwischen
Mobilfunk, Telefon-Festnetz und Internet endgültig verschwimmen.
Generation- und Technologiewechsel sind keine
ungewöhnlichen Veränderungen. Neue Baustile haben immer schon alte abgelöst.
Neue Technologien ersetzen alte. Telekommunikation und Computertechnik haben
uns in die Informationsgesellschaft gebracht. Über 50 Prozent der Beschäftigten
arbeiten in den entwickelten Ländern ausschließlich mit Informationen. Das
Videokonferenzsystem ist ein Werkzeug für die Informationsgesellschaft.
Informationstechnologien verändern
viele Prozesse in unserer Berufswelt. Diese Veränderungen dürfen aber nicht nur
technisch betrachtet werden. Die Hintergründe sind in sozialen,
gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Faktoren zu suchen. Die klassischen
Berufe werden durch neue Medien völlig verändert, wenn nicht überhaupt
verdrängt.
Bei Videokonferenzsystemen können wir bis jetzt
auf fünf Entwicklungswellen verweisen:
Spezielle Videokonferenzräume werden
angewählt. Videokonferenzen eignen sich für Meetings
mit mehreren TeilnehmerInnen. Der Verbindungsaufbau zu
KommunikationspartnerInnen erfolgt durch einen Wählvorgang über ein WAN (Wide
Area Network z.B. mit ISDN – Integrated Services Digital Network).
Über ein WAN Netz (Wide Area Network ist für “Außerhausverbindungen) werden
bereits spezielle Arbeitsplätze erreicht. Die Videokonferenz wird so
persönlicher, spontaner und privater. Sie entspricht mehr einem Telefonat mit
einem Bewegtbild des Partners.
Der Videokonferenzarbeitsplatz ist
ein virtueller Arbeitsplatz, der über ein LAN (Local Area Network) In-House-Verbindungen
zu anderen TeilnehmerInnen erlaubt. Verbindung über das Gebäude hinaus erfolgt
über ein Gateway zum WAN.
Die größeren Bandbreiten im Internet erlauben
zunehmend auch Videokonferenzen. Die starke Verbreitung von Internet kommt auch
den VideokonferenznutzerInnen zugute. Videokonferenzen werden eine
Massenanwendung.
Mit zunehmender Bandbreite in den
Mobilnetzen und neuen Technologien wie GPRS und UMTS wird die Videokonferenz –
so wie auch andere Einsatzgebiete wie Sprachtelefonie und Internet – verstärkt
in diesen Netzen transportiert werden.
Vorreiter gab es bereits im GSM
Bereich. In Japan entstand im ‘i-mode’
eine Fangemeinde, die sich auch am Handy oder Organizer sehen will.
In Europa war es der britische
Mobilfunkanbieter ‘Orange’, der im GSM Bereich ein Videophone um 1300 Pfund
anbot. Diese Terminals kombinieren
den ‘Personal Digital Assistant’ und
das Mobiltelefon.
Mehr Realität als nur das Videobild
und den Audioton? Wir wollen immer realistischere Kommunikation. So wie nach
mehreren virtuellen Sitzungen ein realer Besuch zum Wunsch wird, so will man
auch in der Videokonferenz selbst möglichst viele Informationen von
GesprächspartnerInnen.
q ‘Tele-Essen’ ist sehr eingeschränkt,
weil der physische Transport der Speisen nicht funktioniert.
q ‘Tele-Sex’ ist aber schon am Weg der
Realisierung. Den Partner/Die Partnerin nicht nur sehen, sondern mittels Bodysuit auch spüren.
q Den Pianisten/Die Pianistin kann man
heute schon in sehr hoher Qualität auf CD hören.
q Videofilme zeigen ihn und
Videokonferenz-Übertragungen geben das Gefühl der Gleichzeitigkeit.
q Ferngesteuerte Klaviere bringen noch
mehr an Realität auf die Remoteseite.
Viele Menschen haben schon Klaviere gesehen, die ihre Stücke von einem
Datenträger weg spielen und die Mechanik des Klaviers in Bewegung setzen.
Dieses Interface zwischen Klaviercomputer und
Klavier wird via Videokonferenz mit dem Interface des Pianistenklaviers
verbunden und schon ist der Originalsound zugeschaltet.
Der Leiter der
Informationsabteilung des MIT in Boston, Professor Dertouzos (1999: 255-6),
beschreibt das so:
Stellen Sie sich vor, Sie sitzen zu Hause am
Klavier. Sie haben gerade auf elektronischem Wege für ein besonderes Vergnügen
bezahlt, das nun beginnen soll. Sie tragen zwei Spezialhandschuhe.... Sie sind
mit computergesteuerten Aktoten ausgestattet, durch die ihre Finger bewegt
werden, und mit Sensoren, die jede kleinste Bewegung Ihrer Finger wieder an den
Computer übertragen. Hinter dem Klavier befindet sich ein Bildschirm, und
daneben in der Wand ein Paar hochwertige Lautsprecher. In seinem Haus in
Kalifornien trägt der Pianist Alexander Borkin ein Paar passive Handschuhe, die
nur seine Bewegungen erfassen und zum Computer übertragen. Borkin, unser
interaktiver Pianist, wird nun ein experimentielles Konzert geben.
Borkin legt seine Hände auf die
Tasten seines Steinway-Flügels. Ihre Handschuhe, die jetzt von seinen gedeckt
werden, bringen ihre Finger also in die gleiche Position über den Tasten.
Borkin beginnt, eine Polonaise zu spielen. Ihre Handschuhe reproduzieren exakt
seine Handbewegungen, und Ihre Finger schlagen die gleichen Tasten an wie er.
Sie hören die ersten Akkorde. Borlin schlägt jetzt stärker an, ebenso ihre
Hände; danach spielt er wieder leise, und Sie auch. Sie wussten noch gar nicht,
dass „Ihre“ Hände so schön Klavier spielen können.
Die Polonaise weicht dann einem
modernen Stück. Mit einigen anderen Instrumenten überträgt Borkin ein seltsames
Pfeifen, ein Summen und explodierende Klänge in Ihr Zimmer – einfach, indem er
nicht nur die Hände, sondern auch Kopf und Körper bewegt und die Blickrichtung
wechselt. Dadurch erscheinen seltsame Bilder und wirbeln auf Ihrem Bildschirm
herum. Sie spüren das Schwingen der Musik und fühlen sich inmitten des
audiovisuellen Erlebnisses. Man hat auf ähnliche Weise schon mit Tänzern
experimentiert. Was könnte Borlin alles kreieren, und was könnten Sie in Ihrem
Zimmer dadurch nachvollziehen und erleben?
Bisher haben wir Vorgänge
betrachtet, bei denen die Aktionen des Künstlers auf Sie einwirken. Nun
übernehmen Sie die Kontrolle über die Bilder auf dem Schirm und über die
begleitenden Klangeffekte. Dafür gibt es keine festen Regeln. Sie strecken die
Hände (mit den Handschuhen) nach oben und bewegen die Arme; jetzt schlagen Sie
mit dem Zeigefinder den Takt; dann drücken Sie mit Ihren Handschuhen stärker
nach unten, um weiter Klavier zu spielen. Muster, Farben und Klänge verändern
sich je nach dem, was Sie tun. Zusammen mit dem Pianisten schaffen Sie eine
faszinierende musikalische Variation und gleichzeitig neue Videoclips.
Videokonferenz wird zunehmend ein
Teil der multimedialen Welt und zu einem selbstverständlichen Werkzeug.
Ein Videokonferenzsystem ist ein Werkzeug wie jedes andere. Soll dieses technische Hilfsmittel eingesetzt werden, muss erst der Nachweis erbracht werden, dass das ‚Werkzeug’ Videokonferenz eine Verbesserung bringt.
Erst nach diesem Evaluierungsschritt
kann man zur Bewertung des ‘Instruments’ selbst kommen und die einzelnen
Systeme miteinander vergleichen und auf den eigenen Einsatz hin prüfen.
Mit einem Videokonferenzsystem kann
man neue Zielgruppen erschließen oder alte besser erreichen. Dies bedarf einer
individuellen Bewertung.
Vorab kann man die einzelnen Einsatzgebiete in
vier Gruppen einteilen und den eigentlichen Bedarf daraus ablesen:
q Videokonferenz bringt eine
unterstützende Funktion: Die Abhängigkeit von der neuen Technologie ist
niedrig. Auch ist kein Bedarf sich mit der letzten Technik zu präsentieren. Der
Lehr- und Lerneffekt ist ein traditioneller, der vom neuen Medium nicht
beeinflusst werden kann. Selbst bei Nichteinsatz von Videokonferenz kann die
Lehre ohne nennenswerte Einbußen durchgeführt werden. Oft genügt ein
Audiosystem, wobei hier eine Obergrenze von vier Stimmen gegeben ist; mehr kann
das menschliche Ohr in einer Gemeinschaftsschaltung nicht mehr ausreichend
unterscheiden.
q Videokonferenz bringt eine hohe
Leistungssteigerung: Die Leistungssteigerung mit Videokonferenz ist hoch,
jedoch muss die Lehre nicht unbedingt am letzten Stand der Technik sein, da sie
keinen direkten Einfluss auf den Lernerfolg hat.
q Videokonferenz stellt einen transitorischen
Faktor dar: Die Abhängigkeit vom Videokonferenzsystem ist niedrig, jedoch
bringt das Aufzeigen mit neuesten Techniken eine Steigerung in der Lehre und
wirkt sich auf den Lernerfolg aus. Es handelt sich hier um den Lehreinsatz, der
in einem Übergang (Transit) ist. Bis dato war es nicht notwendig für diese Contentvermittlung
Informationstechnologien einzusetzen. Zukünftig wird aber der Einsatz neue
Lernerfolge bringen.
q Videokonferenz stellt eine
strategische Abhängigkeit dar: Sowohl die Abhängigkeit von bestehenden Systemen
als auch die von neuen Technologien ist hoch. Ein ‘Nicht Dabei Sein’ bei
Innovationen kann schon einen Nachteil in der Ausbildung bedeuten. Typisch für
diese Klasse sind etwa berufsbildende Schulungsinstitute, die bei Ausfall ihrer
Informationstechnologie den praktischen Lernerfolg vermissen.
Diese Analyse ist vorab sehr wichtig. Man muss
die eigene Schule und den zu unterrichtenden Gegenstand beziehungsweise Content einstufen, wo man steht, und wie
wichtig das Videokonferenzsystem für den Unterrichtszweck ist. Gehört man zur
Gruppe mit geringer Abhängigkeit, so kann eine organisatorische
Fehlentscheidung keine extremen Auswirkungen haben. Liegt man aber im Bereich
‘Strategie’, so sind zukünftige Entwicklungen unbedingt zu berücksichtigen.
Dies müsste sich aber auch in der Stellung der dafür verantwortlichen
LehrerInnen widerspiegeln. Er müsste, da es eine zukunftsentscheidende Funktion
handelt, eine Sonderstellung im Lehrbetrieb bekommen.
Ein generelles Entscheidungskriterium
für die Anschaffung eines Videokonferenzsystems ist eine Kostenentscheidung.
Die Produktivitätssteigerung wird vielfach unterschätzt.
Sie ergibt sich aus
q entfallenden Reisen mit den
dazugehörigen direkten Kosten, den Reisevorbereitungskosten und dem
Zeitverlust,
q den wegfallenden Redundanzen –
mehrere Klassen können vom selben Spezialisten mit demselben Inhalt versorgt
werden und
q besserer Kommunikationsfluss
zwischen Lehrenden und Lernenden.
Immer mehr Schulen sind in
internationalen Projekten involviert. Auch dazu kann das Videokonferenzsystem
herangezogen werden, um Projektreisen zu ersetzen oder diese durch
vorgeschaltene Videokonferenzen besser vorzubereiten und dadurch effizienter zu
gestalten.
Aber auch in der Industrie kommt es
zu einem Kostensharing. Konkurrenten
arbeiten zusammen, wenn es ihnen einen Vorteil bringt. So hat das MIT in Boston
ein Weiterbildungsprogramm gestartet, in dem verschiedenste Unternehmen der
Autoindustrie über Videokonferenznetzwerke bedient werden. Die Angestellten
müssen zur Schulung ihr Büro nicht verlassen. Der Vortragende sitzt an der
Universität und schaltet sich virtuell ein. Er unterrichtet mehrere
Klassenzimmer gleichzeitig in verschiedenen Fabriken.
Nicht jeder Lehrer/jede Lehrerin
kann in allen Gebieten gleich gut sein. In einem nationalen und internationalen
Austausch von Lehrenden via Videokonferenz können bessere Spezialisten zu
bestimmten Themen herangezogen werden. Dies bringt eine Qualitätssteigerung.
Monopole in der Lehre fallen, wenn
sich die Studierenden in einem freien Bildungsmarkt ihre Vortragenden aussuchen
können.
Entscheidend ist, ob man als
Lehrender beim Unterrichten mit einem Videokonferenzsystem einen eigenen
Techniker/eine eigene Technikerin beigestellt braucht oder ob man die Apparatur
selbst bedienen kann ohne vom eigentlichen Vortrag abgelenkt zu werden.
Bei der Anschaffung von
Videokonferenzsystemen für die Pädagogischen Akademien Österreichs hat die
Donau-Universität Krems mit einem Team von LehrerInnen die Evaluierung
durchgeführt. Neben den konventionellen Datentabellen, wo wir die einzelnen
technischen Einrichtungen miteinander verglichen haben, ließ man die einzelnen
AnbieterInnen mit ihren Systemen nebeneinander auftreten. Vor dem Team der
LehrerInnen musste jedes Feature,
jeder Handgriff zur Bedienung von jedem Gerät vorgeführt werden. Die Geräte
standen nebeneinander und so konnte man wirklich einen Vergleich erstellen.
Diese Evaluierung war die wichtigste
im ganzen Prozess. Was hilft es, wenn man am Papier in einem Tabellenprogramm
ein System zum technischen Sieger kürt, aber in der Praxis, in der Anwendung
das Handling so kompliziert ist, dass
es nicht gerne und damit nicht oft genug verwendet wird.
Der Telekommunikationsmarkt ist liberalisiert
und die angebotenen Preise für Übertragungskosten sehr unterschiedlich. Das hat
zwar keinen direkten Einfluss auf die Anschaffung eines Systems, wegen der
anfallenden Leitungskosten ist es sehr wichtig zu überlegen, in welche Hardware man investiert. Welche
Übertragungsqualität kann mit welcher Übertragungsgeschwindigkeit erzielt
werden? Braucht man für eine gute Bildqualität 2 oder 6 ISDN Kanäle? Braucht
man 30 Bilder pro Sekunde oder Fernsehqualität?
Praktische Erfahrungen an der
Donau-Universität Krems haben gezeigt, dass die Qualität des Tons sehr gut sein
muss, hingegen bei der Bildübertragung im traditionellen Fernlehren Abstriche
gemacht werden können. Nach wenigen Minuten ergibt es für den Rezipienten/die
Rezipientin keinen Unterschied mehr, ob zwei, vier oder sechs ISDN Kanäle
verwendet wurden. Zwei ISDN Kanäle sind in der Regel ausreichend. Nicht aus der
Sicht des Technikers/der Technikerin, sondern nach Ergebnissen von
Akzeptanzuntersuchungen an Betroffenen.
Der technische Kundendienst ist ein
wesentliches Kriterium: Wo befindet sich der nächste Servicestützpunkt? Wie
viel kostet eine reguläre Wartung? Wo kann Unterstützung und Support
angefordert werden und was kostet das? Die Folgekosten sind entscheidend für
den Einsatz eines Videokonferenzsystems. Was hilft es, wenn man den besten
technischen Sieger kürt, aber in der Region keine Unterstützung und kein
Service bekommen kann.
Rein theoretisch sind alle Systeme
mit Standards und Normen ausgestattet und miteinander kompatibel. Wie schon im
Kapitel ‘Normen’ ausgeführt, ist zwischen Theorie und Praxis noch ein
Unterschied. Bei der Entscheidung ist es also wichtig:
q Mit wem hat man oft Kontakt?
q Welche Systeme verwenden meine
Partner?
q Ist das anzuschaffende System mit
meinen Partnern kompatibel (eventuell vorher testen!)?
Das in diesem Kapitel behandelte
Thema sollte besser eine Übung sein. Auf Buchseiten kann man nur die Theorie
und gewisse Regeln festhalten. Die praktische Anwendung muss geübt werden.
Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte.
Wir haben heute mehr Bilder in den Zeitungen als noch vor einigen Jahrzehnten.
Videokonferenz liefert Bilder. Tragen Bilder zu einer besseren Kommunikation
bei? Nur ein geringer Prozentsatz der Kommunikation ist Bildkommunikation.
Trotzdem steigern die Bilder das Vorstellungsvermögen.
Mir selbst
bekannt unbekannt
be- Maske Blinde Fenster
kannt (Verdeckte
Persönlichkeit)
Anderen
unbe- Persönliches; Tiefenpsyche
kannt Innenwelten
Tabelle 2. Bildschirmposition
Jeder/Jede, der/die sich das erste
Mal gefilmt sieht, ist selbst überrascht über seine eigene Person. Mit
technisch vermittelter Kommunikation muss kompensiert werden. Die Kamera ist
wie ein Fenster. Bei einem Fenster kann man rein und raus schauen.
Voraussetzung ist, dass das Fenster geputzt ist und es keine Vorhänge gibt.
Vieles kennt man selbst an sich, vieles ist unbekannt.
Den Bildschirm kann man in 36 Felder
einteilen. Jedes liefert eine informelle Information. Es ist nicht egal, ob man
als SprecherIn aus dem linken oder rechten Eck des Bildschirms schaut; ob man
von unten oder oben gefilmt wird.
Der Betrachter/Die Betrachterin
eines Bildes ‘ankert’ sein/ihr Auge an einer bestimmten Position und beginnt
von dort weg mit der Betrachtung des gesamten Bildes. Der ‘Ankerpunkt’ ist im
rechten, oberen Viertel. Die Betrachtung des Bildes beginnt von links oben nach
rechts unten. Deswegen wird in einem Brief das Postskript früher gelesen als der
Briefinhalt selbst. Untertitel im Fernsehbild sind also sehr
kommunikationsintensiv. Ähnlich ist das Postskriptum (PS) bei einem Brief: es
wird stärker registriert als andere Textteile.
Innovative Seite
Blickt man vom linken Drittel des Bildschirms
in die Mitte des Bildes so befindet man sich in der ‘innovativen Seite’. Die
Augen müssen im ‘Goldenen Schnitt’ liegen. Informell wird ‘Neues’ und
‘Aggressives’ transportiert.
Abbildung 3. Innovative
Seite
Kompetenzseite
Die Sprecherin schaut aus dem rechten Drittel
des Bildschirms nach innen. Die Augen ankern im rechten, oberen Viertel.
Der Betrachter/Die Betrachterin
beginnt mit seinem Blick links oben im Bild und wandert nach rechts unten,
wobei er den ‘Anker’ – das sind in diesem Fallbeispiel die Augen der Sprecherin
– immer im Auge hat.
Abbildung 4. Kompetenzseite
Unsympathischer Gesamteindruck
Die Kamera filmt von oben herab. Diese
Kamerastellung sollte vermieden werden, da die Sprecherin damit unsympathisch
wirkt.
Abbildung 5. Unsympathischer
Gesamteindruck
Die Kamera sollte immer genau in Augenhöhe
stehen oder sogar etwas darunter, da die Pupillen dann größer wirken, was einen
noch freundlicheren und sympathischeren Eindruck hinterlässt.
Überhöhter Eindruck
Die Person wird von unten aufgenommen. Damit
streicht man die Größe und Bedeutung der Person hervor. Der Betrachter/Die
Betracherin kann das auch als Überheblichkeit interpretieren.
Abbildung 6. Überhöhter Eindruck
Kinder- oder ‘CNN’-Stellung
Die Sprecherin ist in der Mitte des Bildes
positioniert. Sie wirkt neutral. Diese Position wird bei Kommunikation mit
Kindern verwendet.
Abbildung 7. Kinder- oder ‘CNN’-Stellung
Amerikanische Fernsehstationen verwenden häufig
diese Positionierung – daher ‘CNN’-Stellung.
Point of Loser Stellung
Die Sprecherin wird von oben herab gefilmt und
erscheint klein am unteren Bildrand. Sie wirkt als Verliererin, welch
siegreiche Meldung sie verbal immer auch absetzt.
Abbildung 8. Point of Loser
Stellung
‘Selbstmörderposition’
Die Körperhaltung soll prinzipiell
ins Bild gehen. Körperstellungen, die den Sprecher aus dem Bild hinaus schauen
lassen, nennt man ‘Selbstmörderpositionen’.
Kreativ-dynamische Stellung
Die Kamera ist schräg rechts über
der Sprecherin positioniert.
Abbildung 9. Kreativ-dynamische Stellung
Eine
künstlerische Kameraeinstellung, die sich für Videokonferenzen aber weniger
eignet.
Blickkontakt mit der Kamera
Für untrainierte VideokonferenzuserInnen ist der Blickkkontakt mit der
Kamera schwierig. Sie blicken meist auf den Monitor und schauen dem virtuellen
GesprächspartnerInnen in die Augen.
Richtig ist es aber, genau in das
Objektiv der Kamera zu schauen, egal, wo sie steht. Gleichzeitig will man aber
auch den Gesprächspartner/die GesprächspartnerIn sehen. Ist daher der Monitor
woanders installiert als die Kamera, kommt es zwangsläufig zu dem Fehler, dass
man am Gesprächspartner/an der Gesprächspartnerin vorbeischaut; also nicht in
die Kamera.
VideokonferenzsprecherInnen haben es
schwerer als FernsehsprecherInnen. FernsehsprecherInnen haben keinen visuellen
Kontakt mit ihren KommunikationspartnerInnen. Sie müssen nur sich selbst und
ihre eigene Position betrachten. VideokonferenzteilnehmerInnen sollen aber die
eigene Position und den GesprächspartnerInnen unter Kontrolle haben. Die ideale
Stellung für eine Kamera wäre daher genau in der Mitte des Monitors. Dies ist
technisch nicht immer möglich. Ein Kompromiss ist es, wenn man die Kamera am
Monitor installiert.
Entfernung zur Kamera
Je nach dem, ob der Gesichtsausdruck
oder der Gesamteindruck wichtig ist, wird der Bildausschnitt und damit die
Entfernung zur Kamera gewählt. Mit entscheidend ist, wie mobil der Sprecher/die
Sprecherin ist. Ob er/sie sich stark bewegt und dadurch bei zu naher Aufnahme das
Bild verlassen würde.
Kamerabewegungen
Sollten so reduziert wie möglich
angewendet werden. Gerade in der Videokonferenz hat man oft nicht ausreichende
Bandbreiten zur Verfügung und die Bildfrequenz ist niedriger als im
professionellen Fernsehen. Zu viel Bewegung in der Kameraführung führt zu
schlechter Bildqualität beim Empfänger/bei der Empfängerin.
Zoomen und
Schwenken sollen auf ein Minimum reduziert werden.
Ideal ist es, die einzelnen
Kamerapositionen vorab zu testen und im System zu speichern. Auch bringt der
automatische Abruf von bereits vorgespeicherten Kamerapositionen weniger Stress
während der Übertragung und der Empfänger/die Empfängerin erhält höhere
Qualität.
Folgebilder
Das Bild einer vorangegangenen
Sequenz beeinflusst die ihr folgende. Ein negativer Bericht überschattet auch
den Folgebericht, der vielleicht schon positiv ist. Einem negativen
Sprecher/eine negative Sprecherin zu folgen, ist schwierig. Man muss sich erst
eine neutrale Position beim Zuschauer/bei der Zuschauerin erarbeiten, da man
mit einem ‘negativen Konto’ beginnt.
Kleidung
Zu bunte Kleidung sollte man
vermeiden. Auch stark gemusterte oder karierte Stoffe führen zu schlechter
Bildqualität beim Empfänger/bei der Empfängerin.
Wird Blue-Box-Technik angewendet, so sind blaue Kleidungsstücke geradezu
verboten!
Sitzposition
Der Sprecher/Die Sprecherin sollte
hinter einem Tisch sitzen, weil dies die gewohnte Konferenzposition ist und
wenig Bewegungsspielraum bietet.
Kopfhaltung
Bei Portraitaufnahmen erscheint bei
breiten Schultern der Kopf zu klein und bei engen Schultern zu groß.
Der Sprecher/Die Sprecherin sollte
sich dazu überwinden, nicht die Begleitpersonen oder Mitglieder der eigenen
Gruppe anzusprechen, sondern die Kamera.
Hemdkragen und Krawatte
Spitze Hemdkrägen verlängern ein
Gesicht, was man vor allem bei rundem Gesicht machen sollte.
Ein ausgestellter Kragen verkürzt
das Gesicht. Diese sollte man bei schmalem und länglichem Gesicht verwenden.
Krawatten sollten keine dunklen
Farben, keine Blauwerte und keine gestreiften Muster haben. Seidenkrawatten
haben die Eigenschaft, dass sie glänzen.
Eine Krawatte sollte helle, warme
Farben, einen modischen Schnitt haben und passend zum Hemdkragen sein.
Dekolleté und Haarlänge
Bei rundem Gesicht sind lange Haare
und lange Ohrringe oder Gehänge von Vorteil. Bei länglichem und ovalem Gesicht
ist eine Kurzhaarfrisur und anliegende Ohrringe wie Clips besser.
Frauen mit einem kurzen Hals tragen
vorteilhaft einen V-Ausschnitt und eine lange Halskette.
Damen mit längeren Hälsen dagegen hochgeschlossene
Kleider und Blusen oder noch besser einen Rollkragen. Anliegende Halsketten und
Tücher verkürzen den Hals.
Schminken
Mit einem farblosen Puder können
auch Männer ihre glänzenden Haaransätze, eventuelle Glatzen und Oberlippen
(dort schwitzt man am stärksten) vor der Kamera besser aussehen lassen.
Da beim Videoconferencing das Gesichtsfeld durch die Brennweite der Kamera
einengt wird und oft auch die Qualität reduziert ist, entfallen nonverbale
Kommunikationsformen oder sind diese stark reduziert. Der
Kommunikationspartner/Die Kommunikationspartnerin ist demnach stark auf die
verbale Kommunikation angewiesen.
Im Johannesevangelium steht: ‘Am
Anfang war das Wort’. Das Wort steht
mit ‘Realität’ und ‘Information’ auf einem Niveau.
Klare und präzise Formulierungen
sind notwendig. Das bedeutet: Aussagen sollen nicht länger als 20 Sekunden
sein. Sie sollten nach der 5 Satz
Theorie abgefasst sein:
q
Ein
Satz, der das Ziel definiert.
q
Drei
Sätze, die die Argumentation beschreiben.
q
Ein
Satz, der ein Aufruf ist.
q
Keine
weiteren Argumente mehr!!
Die Stimme ist nach der nonverbalen
Kommunikation der stärkste Träger für die Information:
q Inhalt 7%
q Stimme 33%
q Non verbale Signale wie
Körpersprache oder Stimmung 60%
Daneben kommt noch die Ebene der
Sympathie und der Stereotypen.
Hat jemand mit einem bestimmten Typ
eine bestimmte Erfahrung gemacht, dann ist er/sie bei Auftreten einer ähnlichen
Person ebenso vorgestimmt, obwohl diese Person in ihrem Verhalten völlig anders
sein kann.
Auch können verwendete
Kleidungsstücke eine Abwehrhaltung beim Kommunikationspartner/bei der
Kommunikationspartnerin hervorrufen.
Gesten sollten gezielt eingesetzt
werden. Bleistifte oder Füllhalter sind Verstärker von Gesten und sollten daher
NICHT verwendet werden.
Bei mehreren TeilnehmerInnen ist ein
Moderator/eine Moderatorin zu bestimmen.
Daneben muss auch einer die
Moderation für beide Kommunikationsseiten übernehmen, um die Gespräche
zuzuteilen.
Der Moderator/Die Moderatorin sollte
dazu beitragen, dass lange Gesprächspausen überbrückt werden und der Redefluss
gesteuert wird.
Bei mehr als drei TeilnehmerInnen
sollte die Gesprächsübergabe auch sehr direkt erfolgen. Der Folgeredner/Die
Folgerednerin wird vom Vorredner/von der Vorrednerin direkt angesprochen. Reine
Gesten oder Blickkontakte wie bei konventionellen Konferenzen sind nicht
ausreichend und werden auf der Remoteseite oft nicht als solche erkannt.
Bei der Anschaffung von
Videokonferenzsystemen wird meist für die Adaptierung des Raumes nichts mehr
vorgesehen. Der Raum, seine Ausstattung, seine Beleuchtung und seine Akustik
sind aber genauso wichtig wie die Hardware
selbst.
Farbvielfalt und unruhige Musterung
führen beim Empfänger/bei der Empfängerin zu schlechter Bildqualität. Ein
weißer Hintergrund ist unverfänglich. Dunkle Hintergrundfarben schlucken das
Licht.
Beweglicher Hintergrund sollte vermieden
werden, da er ablenkt.
Man sollte darauf achten, dass keine
Kanten und Linien durch den Kopf gehen.
Abbildung 10. Hintergrund 1
Unruhiger
Hintergrund wie Garderoben sollten vermieden werden, da er ablenkt.
Abbildung 10. Hintergrund 2
Personen, die im Hintergrund durch das Bild
gehen verunsichern KommunikationspartnerInnen. Er/Sie will wissen, was da noch
alles im Raum los ist und kann es nicht sehen.
Karierte Polsterungen von Möbeln und
Vorhängen sollten vermieden werden. Chromteile in der Einrichtung wirken sich
ebenfalls negativ aus, weil sie glänzen.
Pastelltöne eignen sich sehr gut.
Keine vom Sprecher/von der
Sprecherin ablenkende Einrichtungsgegenstände.
Der Tisch soll die Bewegungsfreiheit
des Sprechers/der Sprecherin eingrenzen, damit sitzt er/sie ruhiger und bringt
bessere Bildqualität in der Übertragung (geringere Übertragunsgleistung).
Glatte und glänzende
Tischoberflächen sind ungeeignet. Sie führen zu starken Reflexionen.
Die ideale Tischgröße für einen
Sprecher/eine Sprecherin ist 60 mal 70 Zentimeter.
Der Sessel des Sprechers/der
Sprecherin sollte keine Rollen besitzen. Er soll fix installiert sein, um bei
steigender Nervosität ein Hin- und Herrollen zu vermeiden.
Der Sessel sollte in der Höhe
verstellbar sein, um unterschiedliche Personengrößen ausgleichen zu können.
Bei kleinen Gruppen ist die
Verwendung von einem oder mehreren Monitoren ausreichend. Bei einer größeren
Teilnehmergruppe muss das Bild des Kommunikationspartners/der
Kommunikationspartnerin für alle TeilnehmerInnen sichtbar an die Wand
projiziert werden.
Darin liegt ein Beleuchtungsproblem.
Verwendet man keine leuchtstarken
Beamer, so muss man den Raum abdunkeln, um eine gute Projektionsqualität zu
erreichen. Dunkelt man den Raum ab, dann ist das Licht für die Kamera zu wenig
und der Kommunikationspartner erhält schlechte Bildqualität.
Es sind also unbedingt
Tageslichtprojektoren zu verwenden, die ein Abdunkeln oder eine reduzierte
Beleuchtung erübrigen.
Bei multimedialen Anwendungen sind mehrere Projektionswände notwendig.
Gegenlichtaufnahmen vermeiden, da
der Sprecher/die Sprecherin kleine Augen bekommt (kneift) und dadurch seinen
PartnerInnen nicht mehr offen gegenübertritt.
Abbildung 11. Beleuchtung 1
Gegenlicht, das von der Seite kommt, produziert
einen Hintergrundschatten, der wie ein Scherenschnitt des Sprechers/der
Sprecherin wirkt. Sein Körper wird vergrößert und verzerrt.
Bei direkter Ausleuchtung von vorne sind die
Gesichtskonturen nicht mehr erkennbar.
Das klassische Raumlicht mit Lampen,
die an der Decke montiert sind, ist ungeeignet. Die zu filmenden Personen haben
lange Schatten im Gesicht. Die kleinsten Falten bekommen Schatten und die
Personen wirken älter.
Reflexionen des Monitorlichts können
zu unangenehmer Beleuchtung des Gesichts führen.
Abbildung 12. Beleuchtung 2
Natürliches Licht wie Sonnenstrahlen und deren
Schatten können die Bildqualität – hell dunkel – beeinträchtigen.
Abbildung 13. Beleuchtung 3
Eine blendfreie, gleichmäßige
Ausleuchtung, die keine Schatten produziert, ist notwendig. Auch die Rückwand
soll schattenfrei ausgeleuchtet werden. Ideal sind etwa 700 Lux Leuchtstärke.
Gebläsegekühlte Scheinwerfer sind
störend.
Unklimatisierte kleine Räume können
durch die Scheinwerfer hohe Raumtemperaturen bekommen. Klimaanlagen im Raum
sind ungeeignet, weil sie für die Tonaufnahmen störend sind.
Über Zusatzkameras zu übertragende
Gegenstände oder Vorlagen brauchen die zweifache Raumhelligkeit!
Bei Besprechungen – und im
speziellen bei Videokonferenzen – ist die Sprache einer der wichtigsten Kommunikationsfaktoren.
Daher ist auf diese Form besonders zu achten. Schlechte Raumakustik kann den
Erfolg einer Videokonferenz stark beeinträchtigen.
Ein Tontechniker antwortete auf die
Frage nach dem besten Mikrophon so: “Das beste Mikrophon ist zu teuer, wenn
nicht akustische Vorkehrungen im Raum getroffen werden.“
Schalldämmung ist in normalen
Klassenzimmern oft nicht gegeben.
Auch werden bei Anschaffungsbudgets
meist nur die reinen Hardwarekosten
der Videokonferenz berücksichtigt und keine Investitionen für den Raum.
Oft genügen einfache Vorkehrungen
wie etwa Vorhänge oder auf die Wand geklebte schalldämmende Tapeten.
Videoconferencing kann eine multimediale Kommunikation
q zwischen zwei PartnerInnen,
q zwischen einem mit mehreren PartnerInnen
oder
q zwischen zwei oder mehreren Gruppen
sein.
Kollegin Flicker (2001: 11) kommt in
einer Studie zu einer ähnlichen Einteilung, wobei sie noch auf die heute noch
nicht wahrgenommene Form ‘Many to One’ verweist:
Dies ist
auch vom jeweiligen Einsatzgebiet oder der betreffenden Branche abhängig.
Personen
* Präsentationen *
Teleteaching
* Business TV *
Videokonferenz
viele * Teleteaching zwischen
* Pressekonferenz Vorlesungssälen
* Vorträge
* Gruppen- * Gruppen-
Videokonferenz Videokonferenz
wenige * dezentrale * dezentrale
Experten Teams
beiziehen verbinden
*
Gruppen- * Präsentationen
* PC- Videokonferenz * Business TV
eine Videokonferenz * dezentrale * Teleteaching
Experten * Pressekonferenz
beiziehen * Vorträge
eine wenige viele Personen
Im Bereich der Lehre können alle
Spielarten vorkommen.
Das ist die einfachste Form einer
Videokonferenz. Eine Person bespricht sich mit einer anderen. Man kann sich
leichter auf einen PartnerIn einstellen und ein individuelles Gespräch führen.
Eine(r) spricht zu einer Gruppe. Das
ist die klassische Remotevorlesung. Der Lehrer/Die Lehrerin kann in seinem/ihrem
Büro oder einem Studio sitzen und die SchülerInnen müssen nicht nachreisen.
Untersuchungen eines Kollegen in
Heidelberg haben ergeben, dass Studierende einen Remote-Vortragenden physisch
anwesenden LehrerInnen vorziehen.
Zwei Gruppen diskutieren
miteinander. Das ist schon in der realen Welt schwierig. Bei einer
Videokonferenz kann das ohne lokale und übergeordnete Moderation nicht gemanagt werden. Eine(r) muss die
Diskussion in Fluss halten und Wortmeldungen reihen beziehungsweise das Wort die
einzelnen Redner zuteilen.
Eine spezielle Form, zwei Gruppen
via Videokonferenz zusammenzuführen, ist ‘Teledinning’:
Eine nordamerikanische
Restaurantkette ermöglicht es mit Videokonferenz Entfernungen zu überbrücken
und trotzdem gemeinsam zu essen. Die Tische im Restaurant bestehen aus runden
Tischen, die in der Mitte abgeschnitten sind. Die zweite Hälfte jeden Tisches
ist in einem anderen Restaurant und jeder Tisch schließt an dieser –
abgeschnittenen Seite – mit einer Leinwand ab, auf die die Partner des Remote-Restaurants eingeblendet werden.
Die zweite Tischhälfte wird über Videokonferenz zugespielt. Die Partner können
gemeinsam essen. Sie können sich unterhalten, als säßen sie am selben Tisch,
nur kosten können sie voneinander nicht.
Eine Kommunikationsform, bei der
mehrere Standorte mit jeweils mehreren TeilnehmerInnen miteinander verbunden
werden.
Um diese Verbindung physisch
aufbauen zu können, muss eine Stelle als ‘Master’
dienen. Diese muss mit einer MCU – Multipoint
Control Unit – ausgestattet sein, die die Steuerung und Schaltung zu den
einzelnen Videokonferenzstandorten vornimmt. Ein automatischer
Selbstwählverkehr der einzelnen TeilnehmerInnen ist nicht mehr möglich.
Zur Sprachsteuerung und
RednerInzuteilung wird eine Sprachsteuerung eingesetzt. Derjenige/Diejenige,
der/die am lautesten ‘schreit’, kommt ins Bild. Der Partner/Die Partnerin,
der/die am Wort ist, wird auch allen Remotestellen am Bildschirm zugespielt.
Jede(r) TeilnehmerIn kann so das Wort ergreifen. Das bedarf aber auch einer
strengen Sprachdisziplin. Darüber hinaus ist ein Moderator/eine Moderatorin
sicherlich sinnvoll. Er kann im Notfall ‘VielrednerInnen’ auch den
Mikrophonzugang das Wort und damit entziehen.
Auszug aus dem Buch
„Videokonferenz in der Lehre“
Johann GÜNTHER
Braumüller Verlag
Wien 2001