SuSE Linux 7.0 (‑7.3)

Version 7.0 Professional: S.u.S.E. GmbH; ISBN 3‑934678‑25‑4; 6 CD‑ROMs, 1 DVD‑ROM, 4 Handbücher; öS 949,— / Euro 68,97
Version 7.3 (laut Pressemeldung des Herstellers): Personal ca. Euro 50,— (ca. öS 688,—); Professional ca. Euro 79,— (ca. öS 1087,—)


Wer eine ernst zu nehmende Alterna­tive zum allgegenwärtigen (und meist vorinstallierten) Marktführer in Sa­chen PC-Betriebssysteme sucht, lan­det in letzter Zeit immer öfter bei ei­ner Variante des frei verfügbaren Be­triebssystems Linux. Der einzige Ha­ken daran: Versucht man sich zum ersten Mal durch die Vielfalt mehre­rer tausend Programme zu wühlen, kann einen leicht die Verzweiflung (bzw. die Verwirrung) packen. Daher empfiehlt sich der Griff zu einer vor­konfektionierten Lösung. Besonders im deutschen Sprachraum heißt diese Lösung für viele „SuSE Linux“.

Die Versionsnummern folgen einan­der so rasch, dass man kaum eine Version ausführlich testen kann, ohne inzwischen schon das Erscheinen ei­ner anderen verpasst zu haben. Daher geht dieser Artikel von Version 7.0 aus, enthält aber auch einen Ausblick auf Version 7.3.

Eine der großen Neuerungen der Ver­sion 7.0 stellt die Einführung des au­tomatischen Setup-Tools „YaST2“ dar. Wer noch den (nach wie vor im Lie­ferumfang enthaltenen) Vorläufer „YaST“ (das Akronym steht übrigens schlicht für „Yet another Setup Tool“) kennt, wird auch den Unter­schied zu schätzen wissen: eine über­sichtliche graphische Benutzerober­fläche von Anfang an, Hilfetexte auf jeder Seite des Konfigurationsdialogs, und sogar der freundliche Linux-Pin­guinTux“ als Anzeige des Fort­schritts bei den Einstellungen.

Der wirklich gewaltige Fortschritt ge­genüber früheren Linux-Versionen ist aber die automatische Erkennung der Hardware. Was früher ein Schwach­punkt von Linux war, weil man an der Auswahl der korrekten Treiber bisweilen etwas länger zu knobeln hatte (oder wissen Sie wirklich aus­wendig, welche Nummer der Chip­satz Ihrer Soundkarte hat?), funktio­niert mittlerweile wirklich gut. Zwar kann es in Einzelfällen noch immer Probleme geben, aber davor ist man wohl bei keinem System geschützt.

Nach der ersten Konfiguration kommt die Geduldsprobe: die ausgewählten Pakete müssen durch das Setup-Pro­gramm installiert wer­den. (Tipp: beim ersten Mal sollte man sich ruhig mit dem Standard­paket und eventuell den Office-Kom­ponenten begnügen, statt sich in der Detailansicht durch Listen von tau­senden Einzelprogrammen zu wüh­len!) Und hier sondert sich die Spreu vom Weizen, oder besser gesagt: die „Personal“-Version von der etwas teu­reren „Professional“-Version — zu­mindest für stolze Be­sitzer eines DVD-ROM-Laufwerks.

Von den CD-ROMs lassen sich die Programme zwar genau gleich in­stal­lieren, aber man kann sich während des doch eher langwierigen Prozesses (eine halbe Stunde oder länger kann es schon dauern) kaum einer anderen Beschäftigung zuwenden, weil man als „Disc-Jockey“ arbeiten muss. Es wird zwar jede CD nur einmal benö­tigt, aber auch das ist schon reichlich. Andererseits: hoffentlich muss man ja die Installation nur einmal durchfüh­ren, und es kann ja ganz lustig (und manchmal durchaus informativ oder gar erstaunlich) sein, zu beobachten, was denn hier eigentlich im Detail al­les installiert wird.

Es ist dringend zu empfehlen, vor al­lem bei ersten Gehversuchen nicht mit der Linux-Kommandozeile anzu­fangen. Aber das ist mit SuSE Linux auch nicht nötig, weil gleich mehrere graphische Benutzeroberflächen mit­geliefert werden. Als Standard wird „KDE“ empfohlen, und dieser Emp­feh­lung kann man getrost folgen.

Unter KDE sind zahlreiche Applika­tionen verfügbar, die man in beinahe verblüffender Ähnlichkeit auch unter Windows kennt. Sogar ein komplettes Office-Paket gibt es: „StarOffice“ ist ein durchaus vollwertiges Produkt, das netterweise auch mit Dateien um­gehen kann, die unter Microsoft Of­fi­ce erstellt wur­den. Aber auch der üb­liche Taschenrechner, das bekannte Spiel „Minesweeper“, ein Programm zum Berechnen von Fraktalen und vieles mehr ist enthalten.

Die „bekannte“ Oberfläche sollte al­lerdings auch nicht darüber hinweg­täuschen, dass es sich um ein voll­wer­tiges, netzwerkfähiges Linux-System handelt. Daher ist auch ein bisschen Vorsicht geboten, bevor man sich in die Weiten des Internet begibt, denn hier passieren leicht kleine Schnitzer, die sich zu großem Ärger auswachsen können.

Eines der häufigsten Probleme ist ein „offener“ sendmail-Dämon. Was da so satanisch klingt, ist schlicht einer der vielen Prozesse, die mehr oder we­niger unbemerkt im Hintergrund ablaufen. Allerdings ist „sendmail“ ein kritischer Fall. Erlaubt man ihm näm­lich das Weiterleiten von extern ein­­treffenden E-Mails an externe Emp­fän­ger („Relaying“), dann kann es passieren, dass der eigene Com­pu­ter von Anderen zum Versand von unerwünschten „Spam-Mails“ ein­ge­setzt wird. Das sorgt ziemlich rasch für Ärger mit den Empfängern, aber auch mit dem eigenen Provider.

Die gute Nachricht ist, dass sich die­ses Problem relativ leicht abstellen lässt. Bezieht man nämlich seine E-Mails ohnehin von einem anderen Server (z.B. aus einer POP-Mailbox) und sendet Mails auch über einen an­deren Server (in der Regel über den SMTP-Server des Providers), so wird lokal gar kein sendmail-Dämon be­nötigt. Daher kann dieser abgestellt werden — wenn man es schafft, die entsprechende Option in den vielen Konfigurationsdateien zu finden.

Um die Prozedur zu erleichtern, hier die Anleitung zum Deaktivieren des sendmail-Dämons:

§         Als Systemverwalter „root“ an­melden bzw. in einem Terminal­fenster „su root“ eingeben.

§         Das textorientierte Konfigura­tions­programm „YaST“ starten (auf der Kommandozeile einfach das Kommando „yast“ eingeben). Achten Sie darauf, nicht die neue Version „YaST2“ zu starten, mit der die folgenden Aktionen nicht ausführbar sind.

§         Den Menüpunkt „Administration des Systems“, dann den Punkt „Konfigurationsdatei verändern“ auswählen.

§         Nun wird es etwas schwieriger, denn die Suche nach System­va­ri­ablen mit dem String „SEND­MAIL“ ergibt zwar mehrere Fundstellen, aber keine ist für das Abstellen der Funktion verant­wortlich. Statt dessen muss man nach der Variablen „SMTP“ (das steht übrigens für „Simple Mail Transfer Protocol“) su­chen.

§         Durch Ändern des Wertes von „SMTP“ auf „no“ (als Text) wird beim nächsten Bootvorgang der sendmail-Dämon nicht mehr ge­startet, und das Problem ist aus der Welt geschafft.

Im Prinzip erlauben die Setup-Tools ein automatisches Update des Sys­tems, bis hin zum Upgrade auf eine neue Distribution. In der Praxis ist al­lerdings eine einigermaßen schnelle Netzverbindung nö­tig, wenn man sich nicht auf kleine Updates und Patches beschränkt. Und auch dann kann es, vor allem in der Zeit nach dem Er­scheinen einer neuen Distribution, zu einem „Datenstau“ am anderen Ende der Verbindung kommen: dass der SuSE-Server und zumindest seine po­pulärsten Mirrors über­lastet sind und in die Knie gehen, kommt schon einmal vor (wobei es natürlich nur die Netzan­bindung der Server sein mag, aber der Effekt ist der gleiche).

Ein Hinweis in diesem Zusammen­hang: ein Update ist natürlich auch von den CDs oder DVDs aktuellerer Versionen möglich. Hier erweist es sich als angenehm, dass Linux ein un­ter der GNU-Lizenz frei verfügbares System ist. Es darf näm­lich von ei­nem einzigen Satz Daten­träger nicht etwa nur ein einziges Mal, sondern beliebig oft und auf be­liebigen Com­putern installiert wer­den. Das erklärt auch die heutzutage eher ungewöhnli­che Tatsache, dass weder die Daten­träger noch deren Hüllen irgend­wel­che dra­matische Drohgebärden gegen Kopieren und Weitergabe ent­halten.

Kurz nach Redaktionsschluss, am 13. Okto­ber 2001, bringt SuSE die neue Ver­sion 7.3 ihrer Linux-Distribution auf den Markt. Basis für die neue Version ist der Linux-Kernel 2.4.10. „YaST2“ wurde wieder überarbeitet, und auch „KDE“ ist in der neuen Version 2.2.1 enthalten. Der Ent­wick­lung des Hard­waremarktes entspre­chend werden nun (nach Auskunft des Herstellers) auch die meisten CD-Brenner, Scanner und TV-Karten durch das Setup-Programm automa­tisch er­kannt.

Weitere Informationen über die aktu­ellen Produktversionen und Preise finden sich auf der SuSE-Homepage: http://www.suse.de/

Fazit: SuSE Linux ist ohne Zweifel eine der komplettesten Distributionen auf dem Markt, und möglicherweise jene, die dem deutschen Sprachraum am besten angepasst wurde. Durch die komfortable menügeführte Konfi­guration und Installation kann diese Linux-Version auch von Anfängern ohne große Probleme installiert wer­den. Dass es danach noch viel zu ler­nen gibt, gilt wohl für jedes System dieses Umfangs. Bleibt nur noch, al­len gegenwärtigen und zukünftigen Anwender/inne/n viel Vergnügen mit diesem Paket zu wünschen!

(Martin Schönhacker)