Symphonie fantastique — Die Werkanalyse

United Soft Media; ISBN 3‑8032‑9030‑9; 2 CD‑ROMs (gesamt ca. 1.25 MB); ca. Euro 45,28 (öS 623,‑‑)


Musik ist, wie alles in der Kunst, Ge­schmackssache. Wessen Geschmack aber in Richtung der Symphonie fan­tastique von Hector Berlioz weist, der wird von dieser Doppel-CD vermut­lich begeistert sein. Einfach und ele­gant direkt von CD zu starten (auch wenn die Installation auf Festplatte im Prinzip möglich ist), bietet das Programm eine fast schon verwirrend umfassende Ana­ly­se dieses bekannten Werkes, auf de­ren Basis man wohl durchaus eine musikwis­sen­schaftliche Arbeit schrei­ben könn­te. Leider ist die Benutzer­oberfläche nicht absolut intuitiv ge­raten, aber man gewöhnt sich rasch daran.

Zunächst ist natürlich das gesamte Werk in einer speziellen Neueinspie­lung enthalten. Satz 1 und 2 sind auf der ersten CD, die Sätze 3, 4 und 5 auf der zweiten CD zu finden. Man hat dabei die Wahl, in der Partitur mitzulesen oder sich ein „Bilderbuch“ zu betrachten, das aus Gemälden von Denys Chomel besteht und auto­ma­tisch abläuft. Aber der wirkliche Reiz liegt natürlich in den Details der Analyse. Diese sind allesamt aus ei­ner Ablaufleiste er­reichbar, die takt­synchron diverse In­formationen prä­sentiert.

Zu sehen sind folgende Punkte:

·         Bilderbuch

·         Partitur und Analyse

·         Auszüge aus dem Manu­skript

·         Videos der Proben am Mos­kauer Konservatorium

·         Erläuterungen am Klavier

·         Orchestrierung nach Instru­mentengruppen

Während die Auszüge aus dem Ori­ginal-Manuskript normalerweise nur mäßig interessant sind (wenn man nicht gerade brennend daran inter­es­siert ist, wie schlimm die „Klaue“ des Komponisten war), ist der Ein­blick in die Proben stellenweise durchaus auf­schlussreich. Die Erläu­terungen am Klavier sind zwar nicht für die ge­samte Symphonie, sondern nur für Schlüsselstellen verfügbar, dort aber dafür äußerst detailliert. Je­de Har­monie wird erklärt, Vorhalte deutlich ausgespielt, die Auflösung von Sept­akkor­den er­läutert, und vieles mehr.

Nur an man­chen Stellen irritiert die deutsche Synchronisation des noch leise zu hörenden französischen Ori­ginal­kom­mentars, etwa wenn die im Deut­schen normalerweise als Do­mi­nant­septakkord bezeichnete Harmo­nie plötzlich Sept-Dominant­ak­kord ge­nannt wird. Aber die insgesamt ho­he Qua­lität der Analyse tröstet über diese nicht wirk­lich sinnstörenden Kleinig­keiten hin­weg.

Die Orchestrierung nach Instru­men­tengruppen sei noch herausgestrichen, weil sie ziemlich ungewöhnlich ist: man hat dabei vier „Regler“ vor sich und kann die im jeweiligen Teil der Partitur besonders wichtigen Instru­mentengruppen einzeln lauter und lei­ser stellen.

Insgesamt stellt sich bei aller Begeis­terung die Frage, ob man den relativ hohen Preis investieren will, um „nur“ ein Werk zu erhalten. Anderer­seits ist die Analyse so reichhaltig und abwechslungsreich, dass man sich stunden‑, tage‑ oder auch wo­chenlang damit beschäftigen kann. Auch für die musikalische Biblio­thek einer Schule wäre das Produkt durch­aus zu empfehlen.

(Martin Schönhacker)