Diskussionspapier 

 

 

 

E-Learning in der Ingenieurausbildung

 

Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Wien

HTL Pinkafeld, Klagenfurt I, Wien-16, TGM, Wien-20

 

In einer Wissensgesellschaft (Wilke, 1996 und 1997) oder wissensbasierten Gesellschaft sind Strukturen und Prozesse der materiellen und symbolischen Reproduktion einer Gesellschaft von wissensabhängigen Operationen (Informationsverarbeitung, symbolische Analyse und Expertensysteme) „vorrangig“ abhängig: Formen eingebauter Expertise („embedded intelligence“) und wissensintensive Dienstleistungen nehmen rasant zu. „Wissensarbeit“ dominiert klassische Arbeitsformen im Primär- bis Tertiärerwerb und der Aufbau von intelligenten Infrastrukturen wie Hochleistungs-Kommunikationsnetze, intelligente Verkehrsleitsysteme (beispielsweise GALILEO) oder intelligente Systeme der Gewinnung und Verteilung von Energie (als Antwort auf die europäische Marktorientierung der Energieverteilung) schaffen zunehmend mehr Wertschöpfung als Produktion und (klassische) Dienstleistung.

 

Dabei wird die Intelligenz von Organisationen (Aufbau von Betriebsstrukturen mit einer impliziten und expliziten Strategie zur Förderung des systemischen Wissens der Mitarbeiter) ein wesentliches Bewertungskriterium und erhält mehr Bedeutung als (augenblickliche) Kapitalstärke oder klassische ökonomische Kenngrößen. Typische, nicht unumstrittene Konsequenz dieser Sicht, ist die Darstellung von globalen Finanzdienstleistungen und Finanzmärkten als Wissensarbeit im Rahmen einer „virtuellen Ökonomie“.

 

Dies hat auch gravierende Auswirkungen auf die Ingenieurtätigkeit und Ingenieuraus-bildung: Ingenieurarbeit findet stärker als jede andere Form in und mit Hilfe von Informationsnetzen statt, E-Learning-Modelle zur Nachrichtengewinnung und –verteilung, raffinierte Konstruktionssysteme, wo die Verfolgung und Dokumentation über Datenbanksysteme in den Vordergrund tritt oder Simulationsumgebungen als Ersatz für aufwendige und teure reale Versuchsstellungen gehören zum Umfeld des Ingenieurs. „Virtuelle Labors“ und Laborsimulationen sind im Kommen; die Schnittestelle zu den Internettechnologien allein schafft neues Know-how, dass der Ingenieur neben seinem Verständnis für klassisch-technische Funktionsabläufe beherrschen muss.

 

Informationstechnologien führen daher in technischen Berufen zu einer Umbildung oder Reduzierung von ”klassischen” Berufsbildern und Berufsgruppen, ein Prozeß, der zu geringeren Umfängen dieser Arbeitsformen führt, aber von den veränderten Qualifikationen her innerbetrieblich meist ”nicht mehr abgefangen werden kann. Die Folge ist ein Verlangen nach mehr Qualifikationen im Informationstechnologiebereich, der in Wellen für Diskussionen über Ausbildungsprofile und den „Mangel an IT-Fachkräften“ führt. Eine derartige, etwa 3 Jahre dauernde Welle hat die europäische Wirtschaftsgemeinschaft wieder hinter sich – nach den Einbrüchen des „Hypes“ der Internetökonomie ab 1998 ist es wieder deutlich ruhiger geworden. Ein Bildungssystem mit etwa 5 -jähriger „Latenzzeit“ im sekundären und tertiären Bereich ist gut beraten, nur die langfristigen Trends von derartigen kurzen Zyklen zur Kenntnis zu nehmen, und für die kurzfristige Forderungen Zusatzangebote vorzusehen.

 

Natürlich sind in den vergangenen Jahren auch in der technischen Ausbildung in Österreich eine Fülle neuer Ausbildungsprofile entstanden, die der Diversifizierung der IT-Berufe Rechnung getragen haben (System-, Netzwerk-, Datenbank- oder Internetexpertise, um nur einige zu nennen; zusammengefasst im Begriff „HTL für Informationstechnologie“). Außerdem wurde die Quantität der Ausbildungsangebote erweitert, sodass ungefähr 15-10% mehr Absolventen als im jeweiligen Vorjahr zu erwarten sind. Auch die klassischen Ingenieurdisziplinen wurden um „IT-Zweige“ erweitert (Elektrotechnik- Informationstechnologie, Chemie-Informatik, Elektronik-Informatik, Bautechnik-Netzwerke, Mechatronik, u.a.)

 

Die ”Virtualisierung” der Arbeitsrealitäten kann für Sachbearbeiter einen Verlust an Anschaulichkeit und Entsinnlichung bedeuten. Die berufliche Bildung muss darauf reagieren. Oberflächlich betrachtet, sind immer mehr Berufstätige mit Arbeiten an der Schnittstelle zu einem informationsverarbeitenden Gerät (derzeit meist Tastatur und Bildschirm) beschäftigt, die sich bald in Richtung auf virtuelle Wirkungs- und Datenwelten ausdehnen werden. Prognostiker schätzen, daß ca. 75% der Berufstätigen ihre Arbeit in virtuellen Arbeitswelten verbringen werden (Haefner, 1985). Für die Jungen ist Simulation eine zweite Art von Realität – für die inhaltliche Arbeit sind derartige Abstraktionsleistungen meist von Vorteil, für die Einschätzung der Beziehung zur Umwelt können dann Scheinwelten entstehen. Es ist auch Aufgabe einer Ingenieurpädagogik, immer den Realitätsbezug von Modellen herzustellen. Dies ist eines der Argumente, warum Werkstätten und Praktika in er Ingenieurausbildung erhalten werden müssen.

 

Standardisiertes, informationsgestütztes Wissen gerät in starkem Gegensatz zu problem- und projektorientiertem Lernen. Europäische Bestrebungen zum Vergleich von Bildungsleistungen oder zur Vermittlung von Grundkenntnissen für die Nutzung der Informationstechnologien führen trotz ihres ”Performance” - Charakters allzu schnell auf einfach auswertbare Multiple-Choice-Testverfahren oder Standardfragen, die automatisiert auswertbar sind. Ein Beispiel ist der aus den nordeuropäischen Ländern kommende Computerführerschein (European Computer Driving Licence), die international standardisierten IT-Industriezertifikate oder andere genormte europäische Qualifizierungspro-gramme (Sprachzertifikate, Ausbildung in Qualitätsmanagement, Schweißaufsicht). Anderer-seits gehen europäische (hoch)schulische Entwicklungen immer mehr zur Forcierung von problem-, und projektgestütztem bzw. kontextbezogenem Lernen (z.B. Ansätze der pädagogischen Handlungsforschung). So haben die Höheren Technischen Lehranstalten in Österreich in den letzten 4 Jahren auf einen Abschluß mit Diplomarbeiten, wobei die Fragestellungen direkt aus der Industrie kommen, konzeptive und Teamkompetenz erfordern und professionell präsentiert werden müssen, umgestellt. Mit diesen Zwiespalt muss die Ingenieurausbildung zurechtkommen – durch eine ausgewogene Balance aller dieser Lern- und Arbeitsformen.

 

Zusammengefasst: Ingenieurausbildung ist die Analyse längerfristiger Trends, die curricular verarbeitet werden, das Erkennen der pädagogischen Dimension von „virtuellen Arbeitsumgebungen“ und die Herstellung einer Balance zwischen standardisiertem und problemorientierten Wissensüberprüfungen.

 

E-LEARNING ALS STANDARD

 

Am Beginn einer Analyse sollte man sich auf einen Begriff des E-Learnings einigen: Unter E-Learning wird hier ein mittels elektronischer Hilfsmittel gesteuerter Prozess verstanden, um ein bestimmtes Wissen zu erwerben und Lernprozesse zu steuern. Die dabei verwendeten Technologien sind Computer als universelle informationsverarbeitende Maschinen, weitere Geräte für die Informationsaufnahme und –weitergabe ("Medien") und elektronische Netze, die Computer und medial basierte Geräte verbinden.

Die inhaltliche Führung der Lernenden wird durch "Lernplattformen" gewährleistet, also Softwareprodukten, die über ein PCNetz oder das Web eine strukturierte Lernumgebung schaffen, wo Lektionen erstellt, strukturiert angeordenet und abgerufen, interaktive Aufgaben im Web erarbeitet und Online-Testaufgaben gelöst werden.

Durch die Interaktivität dieser Plattformen ist ein ständiger Dialog unter den Lernenden und mit dem Lehrer möglich; Botschaften können in Zweiweg-, Mehrweg- oder in für alle Teilnehmer zugänglicher Form dargestellt werden. Dabei bildet die Zusammenarbeit auf Online-Basis unter den Lernenden und Schülern ein wesentliches Element, das für den Lernerfolg eine zentrale Bedeutung bekommt (kooperatives E-Learning). Wissen wird nicht nur aufgenommen, sondern in der Gruppe auch gemeinsam aktiv kreiert. Unterstützt werden die Lernenden dabei von professionellen TutorInnen, die für diese spezielle Lernmethode ausgebildet sind und als eModeratorInnen agieren.

 

Auf einen kurzen Nenner gebracht: Die Herausforderung in der Ingenieurausbildung heißt „Lernplattform + Simulation oder „virtuelle Labors“ (einschließlich Konstruktion und „Produktion“) + kollaborative Arbeitsstruktur.

 

Die E-Learning-Konzepte an Österreichs Schulen (meist für Berufstätige) kommen von einer ca. 10-jährigen Beschäftigung mit Fernunterrichtmodellen. Um die obige Kurzform etwas deutlicher zu machen, ist die Beschäftigung mit Standards für E-Learning-Umgebungen nützlich.

Technische Mindeststandards: Die Verwendung von Mails alleine genügt nicht, um einen Lernprozess elektronisch zu unterstützen. Mindestvoraussetzung dafür ist eine elektronische Plattform  oder ein „Portal“, wo die Mitwirkenden Botschaften an alle, eine selektierte Anzahl oder auch nur einen Mitbenutzer „versenden“ oder „anbringen“ können. Erst der elektronisch unterstützte Dialog im „Chat-room“ oder im elektronischen Forum gestattet die Art der gedanklichen Austauschprozesse, die einen vielfältigen Lernprozess ermöglicht. Spezialsoftware für die Fachbereiche muss in die Lernplattformen eingebunden werden können.

 

Lernorganisatorische Mindeststandards: Ein interaktiver Lernprozess lebt vom Austausch, also einer (virtuellen) Begegnung zwischen Lernenden (mit gestellten Aufgaben) oder von Lehrenden und Lernenden. Materialien „ins Netz zu stellen“, ist ein notwendiges, aber nicht hinreichendes Kriterium für den Lernerfolg. Nur wenige Menschen schauen aus eigenem Antrieb regelmäßig auf Webseiten, um Neuigkeiten zu sehen (und durchzuarbeiten; die Quote der „Aktiven“ wird auf 15-20% der Informierten geschätzt). Sie müssen dazu aufgefordert werden.

 

Didaktische Mindeststandards: Eine wichtige Komponente beim E-Learning betrifft die Abdeckung des Lernstoffes mit elektronisch be- und verarbeitbarem Material in vielen Fachgegenständen. Eine möglichst flächendeckende Gestaltung von Gegenständen mit guter Lernsoftware oder guten Lernmaterialien bedeutet sehr viel Arbeit und ist in der fachdidaktischen Diskussion oft nicht einfach zu lösen.

Trotzdem sollte ein E-Learning-Modell Kurssequenzen mit Lehrmaterialien für etwas 50% des Lehrplans auf folgenden Ebenen abdecken können:

Eine zumindest teilweise Überdeckung des gesamten Lehrstoffes mit derartigen Materialien sollte man ebenfalls als Standard für E-Learning ansehen. Wenn diese wesentlichen Bedingungen erfüllt sind, sollte ein virtueller Unterrichtsprozess als „E-Learning“ anerkannt werden.

 

 

ARBEITSUMGEBUNGEN

 

In der zukünftigen Arbeitswelt werden „Kommunikationsmaschinen“ (Verbindung von weltweit agierenden „Breitband-Handys“ und tragbaren Computern) eine zentrale Rolle spielen und wie der Computer als „Schlüsseltechnologie“ in alle Berufsbereiche Einzug halten. In der Ingenieurausbildung werden sie ab einem gewissen Zeitpunkt unumgänglich notwendig sein.

 

Es gibt mehrere Möglichkeiten, diesen elektronisch unterstützten Arbeits- und Kommunikationsprozess in die Ausbildungsinstitutionen zu holen: Durch viele, frei zugängliche PC-Arbeitsplätze im Schulbereich (hohe Finanzerfordernisse), durch Auslagerung und Delegierung dieser Schlüsseltechnologie an private Institutionen (widerspricht egalitären Ansätzen) oder durch Unterstützung individueller Initiativen, mit einer persönlichen, portablen „Kommunikationsmaschine“ im Eigentum des Lerners auch an der Schule agieren und arbeiten zu können (Akzeptanzprobleme). Nicht nur in Hinblick auf die Entwicklungen in den Berufssparten und den Einfluss der Schlüsseltechnologie in alle Lebensbereiche sowie der „zweiten Kommunikationsrevolution“ (Verbindung von Sprach-, Bild- und Datenübermittlung mit einer automatischen Informationsstrukturierung und Datenverarbeitung, also von Computer und „Breitband-Handy“), ist das letztgenannte das zukunftsträchtigste Konzept.

 

1. Aus den angeführten Beweggründen wurde versucht, ein Modellprojekt im allgemein- und berufsbildenden Oberstufenschulwesen in Österreich anzuregen, mit Hilfe dessen an ca. 30 Standorten mit technischen Ausbildungen (und anderen beruflichen Bildungsbereichen) ein dezentral verwaltetes Schulentwicklungsprogramm zum E-Learning und e-Teaching etabliert werden soll.

Die studentenverwaltete Kommunikationsmaschine (derzeit ein einfacher Consumer-Note-book-PC) kann folgende Funktionen übernehmen:

·        Funktion als universelles Schreibgerät für normale Texte und Texte mit einfachen Formeln. Die Funktion als „E-Book“ (elektronisches Schreibheft) begünstigt eher nondirektive Unterrichtsformen und Phasen - Unterrichtskonzepte.

·        Funktion als universelles Rechenwerkzeug für Anwendungen, wo einfache Rechenhilfen und Taschenrechner deutlich zu kurz greifen. Besondere Qualitätsmerkmale sind alle Formen der Tabellenkalkulation, die sofort im Unterricht umgesetzt werden können und die Nutzung von Softwareprodukten für symbolisches Rechnen (Computeralgebra-Software). Die Schüler können direkt im Unterricht Softwarewerkzeuge für jegliche Form der Berechnung, Darstellung und Auswertung einsetzen und realitätsbezogene Arbeitsvorgänge nachbilden.

·        Funktion als zeitgemäßes Präsentationswerkzeug der schriftlichen und mündlichen Präsentation. Die Erstellung von abwechslungsreichen Folien und animierten Darstellungen ist ein Standard für eine moderne Präsentation von Lehrinhalten und stofflichen Darstellungen geworden. Die mit dieser Funktion zusammenhängenden Softwareprodukte sind auch das Eingangstor zur multimedialen Präsentation, wo mit hoch stehenden Werkzeugen Effekte mit Bildern, Tönen und bewegten Bildern erzeugt werden können.

·        Funktion als Gliederungs- und Ordnungsinstrument. Das Ordnungssystem am NotebookPC integriert Inhalte aller Mitschriften und zunehmend auch von technischer Literatur. Wenn die Struktur der Dateiablage einmal verbindlich geklärt ist, lassen sich unterschiedliche Fachbereiche in gleicher oder ähnlicher Form anordnen und bearbeiten. Erst in Zusammenarbeit mit einer zentralen Serverstruktur können allerdings bemerkenswerte Inhalte über Generationen hinweg gesichert bleiben.

·        Funktion zum Darstellung komplexer technischer Vorgänge, die der Unterstützung des individuellen Lernprozesses dienen kann (individuelle Vor- und Nachbereitung des Studienbetriebs) und auch den Studierenden in die Lage versetzen kann, Versäumtes nachzuholen. Gerade im technischen Unterricht ist der NotebookPC als vielfältiges Meß- und Testinstrument besonders gefragt.

·        Durch die Vernetzung der Notebook-PCs mit einer leistungsfähigen elektronischen Arbeitsumgebung am Standort und damit dem Zugriff zu globalen elektronischen Netzen und Diensten erschließen sich neue Dimensionen der Stoffrecherche und „Content“- Gewinnung. Die realen Möglichkeiten beim Einstieg in globale Netze sollen dabei nicht überschätzt werden.

·        Viel wesentlicher erscheint, eine umfangreiche elektronische Arbeitsplattform des jeweiligen Standortes (Intranet der Bildungsinstitution) zu nutzen, die ein Materialarchiv, Groupeware für kooperatives Arbeiten und Elemente eines „Learningsspace“ in entsprechend konfigurierter Form enthalten. Damit können einerseits Lehrinhalte und Prüfungsaufgaben zielsicher transportiert werden, spezifische Formen der Zusammenarbeit der Nutzer etabliert werden und ein umfassendes elektronisches Ablagesystem von Arbeiten und Leistungen aufgebaut werden.

 

2. Konstruktionsbereich: Auch im Konstruktionsbereich werden Elemente des E-Learning durch die hohe Komplexität der eingesetzten Softwaresysteme notwendig. An den technischen Lehranstalten Österreichs werden seit 4 Jahren High-End Systeme des dreidimensionalen computergestützten Konstruierens eingesetzt. Entsprechende Lernprogramme helfen, die Eigenschaften der Update-Versionen der Produkte und neue Konstruktionsverfahren anzuwenden.

Die Ausbildung zum „3D-CAD-Design-Assistant“ wird nun auch standardisiert und enthält die folgenden Ausbildungselemente (Trauner, 2001):

Grundstufe (Umfang mind. 72 Unterrichtsstunden): Benutzeroberfläche, Skizzierer , 3D Modellerzeugungsmöglichkeiten, Zeichnungsableitung und Einzelteile, Parameter und Beziehungen am Einzelteil, einfache Baugruppen

 

Aufbaustufe (Umfang mind.72 Unterrichsstunden): Entwickeln komplexerer Modelle, Blechteilmodellierung, Guß- und Schweißkonstruktionen, Konstruieren in der Baugruppe; Top-Down Strategie und Skelett/Gerüstteile, Familientabellen/Normteile/Beziehungen (in der Baugruppe).

 

Praxismodul (projektartige Aufgabenstellung, mind. 120h): Qualitativ hochwertige „Inge-nieurpraxis“ in einem  3D Konstruktionsbetrieb als anrechenbare Ferialpraxis, Ingenieur-projekt oder einschlägige Diplomarbeit;

 

Spezialmodule (Sonderbereiche in Verbindung mit 3D-CAD,  als Erweiterung und Vertiefung der Grund und Aufbaustufe , mind. 36 Unterrichtsstunden je Bereich); Finite Elemente, NC-Fertigung, Bewegungsanalyse

 

In Österreich werden diese Ausbildungen im dreidimensionalen Konstruieren an ca. 25 HTL-Standorten erprobt. 6 dieser Standorte bieten die oben beschriebene Qualifikation im Rahmen eines durch ein ESF-Projekt der EU unterstützten Zusatzunterrichtes und mit Beteiligung von facheinschlägigen Firmen ein.

 

3. Laborbereich: Begriffe wie „Tele-Engineering“ und „virtuelle Labors“ sind stark im Vormarsch begriffen. Dabei geht es um eine Verbindung von Laborübungen und Steuerungs- und Regelungseinrichtungen, die unter didaktischen Gesichtspunkten für die Nutzung mit dem Internet konzipiert wird. Reale Versuchsaufbauten können dabei im „virtuellen Labor“ ferngesteuert und fernbeobachtet werden; Ergebnisse von Experimenten können ferngesteuert ausgewertet werden. Über das Internet werden Kenntnisse und Erfahrungen im Umgang mit realen Versuchseinrichtungen durch Rückführung realer Szenarien über Videoaufnahmen und Dateien vermittelt.

 

Ein gelungenes Beispiel für ein derartige Verbundkonstruktion, die auch den Standorten fachübergreifende Ressourcen erschließt, ist der „Verbund virtuelles Labor“ der Fachhochschulen in Baden-Württemberg (FH Aalen, FH Reutlingen, FH Ravensburg-Weingarten, FH Konstanz, FH Heilbronn, Universität Tübingen; Schmid, 1999); zu besuchen ist der Verbund unter der Webseite www.vvl.de. Ein ähnliches, wenn auch mit einer anderen Philosophie aufgebautes Projekt führen die Fachhochschulen Düsseldorf und Köln mit einem „Tele-Engineering-Ansatz mit multimedialer Lernumgebung“ durch: Dabei werden Teamarbeitsformen über das Internet, Arbeiten an verteilten Anlagen und Formen technischer „Ferndiagnose“ in Laborübungen mit Studenten praktiziert (Webseite www.klasen.de; Klasen, 1998).

 

Im Rahmen erfolgreich eingesetzter Programmbausteine von international anerkannten IT-Industriezertifikaten spielen E-Learning-Lektionen eine wesentliche Rolle. So läuft praktisch das gesamte 1. Semester und ein Teil des 2. Semesters der insgesamt 4-semestrigen Ausbildung „CISCO-Netzwerk-Akademie (CCNA-Ausbildung)“, die an Österreichs technischen Schulen mit viel Erfolg eingesetzt wird, über webbrowserorientierte Lernprogramme. Die Akzeptanz bei Schülern und Lehrern ist hoch – die Ausbildung hat sich, mit der Attraktivität entsprechender zertifizierter Abschlüsse versehen, in ca. 2 Jahren auf 40 Standorte in ganz Österreich verbreitet. Die ersten beiden Semester lasen sich übrigens auch gut für nichttechnische Ausbildungen zur Vermittlung von Netzwerk-Grundkenntnissen einsetzen.

 

Gerade diese Ansätze sind charakteristisch für die Entwicklungsmöglichkeiten der letzten drei, höchstens fünf Jahre. Sie haben die Konstruktionsbüros radikal verändert und werden die Laborausbildung in der Ingenieurausbildung völlig verändern. Das Potential dieser Entwicklung muss sehr hoch eingeschätzt werden.

 

 

HERAUSFORDERUNG EIGENE „CONTENT“-ENTWICKLUNG

 

Abschließend soll noch eine Frage, an der sich manche Geister scheiden, diskutiert werden: Wie weit soll Lernsoftware für technische Ausbildung, also „Content“ für klassische Lehrinhalte der Ingenieur(grund)ausbildung von professionellen Lehrmittelherstellern oder den Ausbildungsinstitutionen selbst entwickelt werden. Gemeint sind Kurse in Mechanik, Grundlagen Elektrotechnik und Elektronik, Baustatik oder welche curricularen Bezüge auch immer mit einer Grundausbildung in vielen Fachrichtungen hergestellt wird.

 

Faktum ist, dass keine andere Ausbildungsform auf eine Vielzahl von operativen Softwareprodukten zur Auswahl hat wie die Ingenieurausbildung, dass kaum eine Ausbildung inhaltlich derart spezifiziert ist, sodass mit Produkten kaum hohe Auflagen erreichbar sind. Gerade im Informatikbereich sind eine Vielzahl von Kursen auf Webservern in englischer Sprache verfügbar (Bartos, 1999).

 

Tatsache ist aber auch, dass es beispielsweise verglichen mit kaufmännischen und betriebswirtschaftlichen Grundcurricula, wenige angebotene oder verwertbare Produkte in typischen technischen Grundausbildungen gibt. Ein Physikkurs für ein allgemeinbildendes Curriculum ist bedeutend leichter zu finden als eine konzise Darstellung elektrotechnischer Grundlagen. Die Frage, ob in der theoretischen Grundbildung ein weißes Feld mit allein klassischen Lehrmethoden im Kontrast zu den „virtuell hochtechnisierten“ Konstruktions-, Informatik- und Laborausbildungen verbleiben soll, ist rasch zu beantworten. Wegen der geringen Ausbildungsplätze könnte nur eine übernationale Initiative zu sinnvollen Ergebnissen führen. Koordinierung unter den Ingenieurpädagogen wäre gefragt.

 

Referenzen:

Helmut Wilke (1996) Dimensionen des Wissensmanagements, in: Jahrbuch für Managementforschung, G.Schreyögg, P. Conrad, de Gryter-Verlag , Berlin.

Helmut Wilke (1997) Wie wird Wissen wirksam? R.Großmann, IFF-Texte; Springer-Verlag, Wien, New York.

Klaus Haefner (1985), Die neue Bildungskrise, Rowohlt –Verlag, Hamburg.

Wolfgang Trauner (2001) Hsg, Beschreibung des Projektes „3D-CAD-Designer-Assistant“, Wien.

Dietmar Schmid (1999), Verbund virtuelles Labor, Folderserie, Aalen.

Frithjof Klasen (1998), Teleengineering in einer multimedialen Lernumgebung, Folder, Köln.

P.Bergamin, F.Palank (1997) Telematik und Fernstudium,. ZSfHD 2/1997 (117S.), Titel: Virtuelle Universität im Überblick, Wien.

Norbert Bartos (1999) Lernsoftwarekatalog, Kurse im Internet zu Elektronik und Informatik; Wien.